Vorneweg: Ortsgemeinde und Stadt haben die Betagten und die Mitarbeitenden immer noch nicht klar darüber informiert, dass das Bürgerspital gemäss Bürgerauftrag offenbleibt. Das ist, um Ängste abzubauen, nun endlich vorzunehmen. Bruno Hug.
Nachfolgend lesen sie von Silvia Rusterholz-Struhs, wie die vormals von der Ortsgemeinde geplante und vom Stadtrat bewilligte Heimschliessung auf die Betroffenen einwirkt.
Bürgerspital: «Schlaflose Nächte»

«Nach der Nachricht über die Schliessung des Bürgerspitals Rapperswil plagten mich schlaflose Nächte. Meine demente Mutter, für die jeder Tag eine neue Welt ist, und die ihre Mitbewohner jeden Tag neu kennenlernt, lebt seit 2017 in diesem liebevoll geführten Altersheim. Wir vier Kinder besuchen sie abwechslungsweise. Wir sind die ihr noch verbliebenen vertrauten Gesichter. Sie freut sich immer sehr, wenn sie uns sieht und begrüsst uns mit Namen. Ihr Zimmer ist liebevoll mit den ihr verbliebenen letzten Habseligkeiten eingerichtet.
Beschämende Schreiben
Beschämend empfand ich die Schreiben von der Ortsgemeinde, in denen über Bettenplätze informiert wird, die wir Kinder nun für unsere Mutter in der Umgebung anfragen dürfen.
Auf das Schreiben vom 7. November habe ich dann Herrn Christoph Sigrist (Anmerkung: Geschäftsführer der Ortsgemeinde) schriftlich gebeten, mir zu erklären, ob dem erwähnten Personalmangel entgegengesteuert werde.
Immer dasselbe von der OG
In seiner Antwort wiederholte er nur die Aussagen aller vorgehenden Schreiben. Per E-Mail fragte ich dann nach, ob Betagte, die Ende Mai kein Heim gefunden hätten, auf der Strasse stünden. Umgehend rief mich Sigrist an und wir besprachen die leidige Angelegenheit. Dem Gespräch entnahm ich, dass es ihm weder wohl noch recht war. Er tat mir leid.
Am 14. November erhielten wir erneut ein Schreiben der Ortsgemeinde. Mit denselben Argumenten. Nur diesmal von Ortsbürger-Präsident Matthias Mächler.
«Isch das mis Zimmer?»
Von Pflegerinnen im Bürgerspital wusste ich, dass viele über die Heim-Schliessung empört waren. Und von den Heimbewohnern erfuhr ich, wie traurig sie sind.
Meine Mutter vergisst alles gleich wieder. Trotzdem aber bekam sie mit, dass es in ein neues Heim, in ein neues Zimmer geben soll. Das hat sie mittlerweile so verinnerlicht, dass sie seither nach jedem Spaziergang und der Rückkehr aufs Zimmer fragt: «Isch das jetzt mis Zimmer?»
Ich verweise dann jeweils auf das Hochzeitsfoto von ihr und meinem Vater von 1950, das an der Wand hängt. Dann ist die Welt wieder in Ordnung.
Traurige Stimmung
Die Stimmung im Altersheim erlebe ich als traurig. Die Pfleger teilen mir mit, wie sehr sie meine ewig fröhliche, singende und pfeifende Mutter schätzen. Sie hebe die sonst so gedrückte Stimmung.
Und trotzdem erschrecke ich dann beim Hinausgehen aus dem Bürgerspital über meinen Gedanken, meiner Mutter den Tod zu wünschen, bevor sie ihr so herzig eingerichtetes Zimmer mit einem Bettenplatz irgendwo tauschen muss. Wie grausam!
Dank an Mutige
Dann erfuhr ich vom Entscheid der Ortsbürgerversammlung, dass das Bürgerspital bestehen bleibt. Das verdanken wir mutigen Menschen, die sich dafür eingesetzt haben. Und ich bedanke mich hiermit auch von ganzem Herzen für das Engagement von Linth24.
Die Sonne scheint und ich freue mich, heute mit meiner Mutter wieder an der Seepromenade in meinem geliebten Rapperswil spazieren zu gehen. Und am meisten freut mich, dass sie vielleicht die musikalischen Darbietungen am Jazzfestival vom nächsten Sommer doch noch im Bürgerspital miterleben und geniessen kann.»