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Rapperswil-Jona
13.11.2023
14.11.2023 14:48 Uhr

Bürgerspital: «Sterben bevor das Heim geschlossen wird.»

Verlorene Seelen vor dem Bürgerspital nach dem Gespräch mit Linth24. Manchen wird von Ortsgemeinde-nahen Betreuern empfohlen, sich nicht aus der Nähe fotografieren zu lassen. Warum?
Verlorene Seelen vor dem Bürgerspital nach dem Gespräch mit Linth24. Manchen wird von Ortsgemeinde-nahen Betreuern empfohlen, sich nicht aus der Nähe fotografieren zu lassen. Warum? Bild: Linth24
Frau Helbling (88) will sterben. Schlafen könne im Altersheim kaum mehr jemand richtig. Ein Senior wird am «Rauswurftag» 98. Die Ortsgemeinde handelt barbarisch und ist auszuschalten. Von Bruno Hug

Letzten Samstagmorgen habe ich mit vier Bewohnern des Bürgerspitals von Rapperswil gesprochen, welches die Ortsgemeinde unter Billigung des Stadtrates von Rapperswil-Jona Ende Mai 24 ohne Hilfestellung für die Betagten schliesst.
In der Nacht vor dem Treffen starb im Heim eine Frau. Margerita Helbling (88) sagt, es sei ihr gut gegangen, sie sei krank gewesen. Und ergänzt: «Ich möchte auch sterben».

«Ich möchte noch hier sterben»

Warum, frage ich, sie sei doch gesund. «Ja», erwiderte sie, aber sie wisse nicht wie weiter und wolle nicht irgendwohin. Freie Betten mit Einzelzimmer gebe es sowieso nirgends. Sie habe geglaubt, 2026 im Neubau im Schachen sterben zu können. Jetzt aber wolle sie noch hier sterben. Vor Ende Mai, wenn das Heim geschlossen werde.

Auch die Theres Blöchlinger (94), früher Wirtin im Gasthaus Eden, Rapperswil, ist ratlos. Sie sagt, die plötzliche Schliessung des Bürgerspitals sei schlimm. Sie wisse nicht, was mit ihr geschehe. Dasselbe sagt Josy Helbling (80) im Rollstuhl. Auch sie weiss nicht wie weiter. Die Schliessung sei das Dauerthema im Haus und niemand könne mehr richtig schlafen.

Am Rauswurftag 98

Ernst Mühlheim sagt betroffen: Am «Rauswurftag», am 31. Mai, werde er 98 Jahre alt. Wohin es gehe, weiss auch er nicht.
Ich erhielt zu dieser Rapperswil-Joner Schandtat auch viele Mails. Niemand kann verstehen, dass sowas möglich ist. Von barbarisch, gefühlslos oder herzlos ist die Rede. Und das von einer Ortsgemeinde, die Millionen besitze und grad jetzt Millionen in ihr Schloss stecke.

Selbsttötung als Ausweg

Ein Angehöriger eines Heimbewohners schreibt mir: «Ich weiss von Bewohnern des Altenheims, die sich ernsthaft überlegen, ihre Medikamente abzusetzen. Nur um den Wechsel nicht mehr erleben zu müssen. Wenn der Lebensmut so erlischt, dann ist dies wirklich Barbarei.» 

Was alle betroffenen Betagten eint, ist die hohe Meinung von Heimleiter Beat Ehrensperger und der Pflegeleiterin Elisabeth Maurer. Sie und auch andere Helfer würden unheimlich viel leisten.

Kaum Zeit für Lösung

Zwischenzeitlich weiss Linth24, dass die Ortsgemeinde (OGRJ) der Altersorganisation RaJoVita nur nur minimal Zeit gab, um eine Aufrechterhaltung des Bürgerspitals zu prüfen. Linth24 weiss auch, dass die OGRJ schon alle Verträge im Heim auf Ende Mai gekündigt hat.
Zudem sagte Ortsgemeinde-Geschäftsleiter Sigrist wenige Tage nach der Schliessungsankündigung, es stünden für das ab nächsten Mai leere Bürgerspital schon drei Mieter bereit. Wie kam das so schnell? 
Linth24 hat Ortsgemeinde-Präsident Matthias Mächler Fragen gestellt. 

Barbarische Tat, leise Hoffnung

Es ist kaum vorstellbar, aber von der Hand zu weisen ist es auch nicht: Hat die barbarische Tat; die alle überrumpelnde Heimschliessung; gefühllose, geschäftliche Hintergründe?
Linth24 bleibt dran und hat heute Morgen hoffnungsvolle Gespräche führen können. Sicher ist: Bei einer möglichen Rettung der Institution und einer fachlichen Begleitung der betagten Menschen müssen die Ortsgemeinde-Verantwortlichen ausgeschaltet werden. Sie würden nur stören und ihr Gesicht zu wahren versuchen. Dazu ist es zu spät.

Bruno Hug