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Rapperswil-Jona
06.12.2023
06.12.2023 06:57 Uhr

Versammlung siegt: Bürgerspital muss offenbleiben!

Rund dreiviertel der Anwesenden Bürgerinnen und Bürger folgten dem Ortsverwaltungsrat nicht.
Rund dreiviertel der Anwesenden Bürgerinnen und Bürger folgten dem Ortsverwaltungsrat nicht. Bild: Markus Arnitz, Linth24
Die Ortsbürgerversammlung bodigt den Ortsverwaltungsrat. Das Bürgerspital muss offenbleiben. Und ein abtretendes Mitglied kritisierte den eigenen Rat. Die OG muss sich neu aufstellen.

Noch nie nahmen so viele Personen an einer Ortsbürgerversammlung teil. Rund drei Viertel der 242 Anwesenden folgten dem Ortsverwaltungsrat erstmals seit Menschengedenken nicht. Soviel vorneweg: Sie lehnten die Umnutzung des Bürgerspitals in einen Renditebau ab und verlangten dessen Offenhaltung als Betagtenheim bis zur Eröffnung des Neubaus des Alters- Pflegezentrums im Schachen im Herbst 2026.

Antrag des Ortsverwaltungsrates

Der Ortsverwaltungsrat unter Präsident Matthias Mächler schlug der Versammlung vor, die Verpflichtung, das Alters- und Pflegeheim zu führen, müsse aus der Gemeindeordnung gestrichen werden. Zudem sei durch Finanzumschichtung zu ermöglichen, dass das Haus künftig wirtschaftlich genutzt werden könne.

Breitseite gegen Linth24

Dazu folgte eine eineinhalbstündige Diskussion, die Ortsgemeinde-GPK-Mitglied Markus Speck mit einer 10-minütigen Kritik gegen die Berichte von Linth24 eröffnete und damit die in seinem Amt erforderliche Unparteilichkeit opferte.
Verleger Bruno Hug legte daraufhin kurz sein Wissen über die ihm bekannten Hintergründe der Heimschliessung offen und führte aus, wie er mehrfach mit den wehrlosen Heimbewohnern gesprochen und deren Tränen gesehen habe – und hielt dem OG-Verwaltungsrat gleich den Spiegel vor: Auch nach einer halben Stunde Versammlung sei von dessen Seite noch nie von den verängstigen Heimbewohnern gesprochen worden.

Wigger’s Gegenanträge

Danach hielt Hans Wigger, Ex-Gemeindeschreiber von Rapperswil, eine berührende Rede. Auch er schilderte die Ängste der Betagten und einer von ihm betreuten Dame im Heim. Wigger schlug die Ablehnung der Ortsverwaltungs-Anträge vor, mit der gleichzeitigen Verpflichtung, das Heim weiterhin offenzuhalten. Dasselbe forderte Rolf Suter, dessen Schwiegervater mit 98 noch umziehen müsste. Auch Ex-Grundbuchverwalter Rudolf Häne kämpfe mit schlagenden Argumenten für das Bürgerspital. Raafat Morcos kritisierte die Schliessung aus Managementsicht. Sie alle und weitere Redner unterstützten Wiggers Ablehnungsanträge.

Rhyners tapfere Verteidigung

Ortsverwaltungsrätin Christa Rhyner wehrte sich für die OG tapfer, aber immer mehr auf verlorenem Posten. Der von ihr stets vorgebrachte Personalmangel als Schliessungsgrund mochte nicht zu überzeugen. Genauso wenig auch ihre Drohung, selbst wenn die Versammlung das Heim offenhalten wolle, müsse es geschlossen werden.
Schliesslich bodigten rund dreiviertel der Anwesenden die Anträge des Ortsverwaltungsrates. Das Bürgerspital muss offenbleiben. Die Versammlung applaudierte danach laut und erleichtert.

Bildung einer Kommission

In der Umfrage meldetet sich Bruno Hug nochmals zu Wort. Er dankte im Namen der Betagten für die Unterstützung und forderte den Ortsverwaltungsrat auf, die Heimbewohner persönlich über den Entscheid zur Weiterführung ihres Zuhauses zu informieren. Zudem brauche es eine Kommission von zum Beispiel je drei Vertretern aus Ortsgemeinde, RaJoVita und unabhängigen Personen für den Weiterbetrieb des Bürgerspitals. Dies, weil die OG selbst nicht an ein Durchstarten glaube. Hug nannte dazu einige Namen und sagte, auch er sei bereit, mitzuhelfen, falls dies erwünscht sei. Zum Schluss sagte der Linth24-Verleger noch, was passiert sei, sei jetzt «Schnee von gestern». Nun gelte es, «vorwärts zu schauen» und die Betagten wieder ins Zentrum zu rücken.

Kritik aus den eigenen Reihen

Danach folgte die Abnahme des Budgets und die Ehrungen von Matthias Mächler als abtretender Präsident sowie von Ortsverwaltungsrat Christian Helbling, der nach 11 Jahren inmitten einer Amtsperiode zurücktrat.
Was Helbling dann ins Mikrophon sagte, war mutig. Er trete zurück, weil er durch «das Führungsgremium der Ortsgemeinde zu wenig Unterstützung wahrgenommen habe».
Auch wenn dieser Satz im turbulenten Abend fast unterging, zeigt er, dass in der Ortsgemeinde zu viel nicht im Lot ist. Wohl muss endlich auch über deren Geschäftsführer geredet werden, der seit seinem Antritt in der Kritik steht.  

 

Markus Arnitz, Bruno Hug