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Kolumne
04.09.2020

Achterbahnfahrt auf der Aktienbörse

Christopher Chandiramani: «Die Wirtschaftsaussichten sind weiterhin durchzogen. Eine kräftige Rezession wird bestätigt, Erholung frühestens 2021.»
Christopher Chandiramani: «Die Wirtschaftsaussichten sind weiterhin durchzogen. Eine kräftige Rezession wird bestätigt, Erholung frühestens 2021.» Bild: Linth24
Nach einer schwächeren Vorwoche startete der September mit Gewinnen. Diese Tendenz endete schon am Donnerstag abrupt. Die Woche schloss nach starken Schwankungen auf Vorwochenniveau.

Ein russischer Regierungskritiker, Alexej Nawalny, wurde vergiftet. Er überlebte und wird in einem Berliner Krankenhaus gepflegt. Die EU plant Sanktionen gegen Russland zu ergreifen. Spannungen belasten nun zusätzlich auch Import-, Exporthandel, Ölpipelines und generell den Frieden in Europa. Die USA schweigen, in knapp zwei Monaten sind Präsidentschaftswahlen.

Zurzeit wird das Alltagsleben immer noch durch die Corona-Krankheit bestimmt. Die Fallzahlen nehmen weiter zu, aber bei uns nehmen die Hospitalisationen und Todesfälle ab.

Die Strategie der Gesundheitsbehörden wird nicht mehr ganz verstanden, speziell Verschärfungen und gleichzeitige Lockerungen (Sportveranstaltungen werden ab Oktober wieder bewilligt, aber neue Maskenpflichten in einigen Kantonen).

Auch neuer Widerstand weitet sich aus. In Zürich und Berlin fanden Grossdemonstrationen statt, Proteste für die Rückkehr zur Normalität.

Zudem werden auch die Medien kritischer («K-Tipp» und «Kassensturz» wenden sich gegen die Maskentragpflicht). Man berichtet über den Import des Bundes von minderwertigen Bauschutz-Masken auch China ohne Zertifizierung.

Unternehmensnachrichten

Roche erhält eine FDA-Eilzulassung für den kombinierten Sars-Cov-19 und Grippe-Test. Diese Bewilligung dürfte auch in Europa gültig sein. Grippe und Corona-Krankheit werden in Zukunft unterscheidbar sein.

Nestlé baut die Nespresso Kapselproduktion in Romont (FR) aus. Investiert werden somit 160 Mio. CHF in ein neues Werk mit Produktionsstandort Schweiz. Über 300 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.

BKW hat im H1/2020 zwölf Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet. Das Berner Energieunternehmen hat trotz Corona die Erwartungen übertroffen. Der Reingewinn ging aber zurück wegen Zahlungen in der AKW-Rückbaufonds. Das älteste Schweizer Atomkraftwerk Mühleberg (BE) wurde im Frühjahr stillgelegt.

Der Flughafendienstleister Swissport erhält neue Besitzer. Sieben neue Investoren werden nach der Restrukturierung 75 Prozent an der früheren Swissair-Tochter halten. Es handelt sich um sechs Private-Equity Fonds und die Bank Barclays. Die frühere chinesische Besitzerin HNA beteiligt sich nicht an der Kapitalaufstockung.

Die Jungfraubahnen haben in den ersten sechs Monaten 2020 einen Verlust erlitten. Der Betriebsertrag sank um 46 Prozent, die Gästezahlen um fast 80 Prozent im H2/2020. In der Lockdown-Perioden standen die Bahnen still. Dank finanzieller Stärke besteht keine Existenzgefährdung. Die Zukunft aller Bergbahnen bleibt aber anspruchsvoll ohne Asiaten.

Schweizer Grossbanken wollen in Zukunft aufs «Du» umsteigen. Der Umgang mit der Kundschaft soll lockerer werden. Auch Anzug und Krawatte könnten bald der Vergangenheit angehören. Dies hat jedenfalls die CS so kommuniziert.

Aussichten

Unter speziellen Schutzvorkehrungen und mit dem Motto «Corona» fand diese Woche das Swiss Economic Forum in Montreux statt.

Nach dem Lockdown sind die Wirtschaftsaussichten weiterhin durchzogen. Eine kräftige Rezession wird bestätigt, Erholung frühestens ab 2021. Aber mit einem weiteren Lockdown in den Industriestaaten wird nicht gerechnet.

Zurzeit «spielt die Musik» in den Pharmawerten. In den Bereichen Industrie, Tourismus, Gastgewerbe und Events dürfe die Erholung viel länger dauern. Gut gehalten haben sich die Banken, vor allem die kleineren, die durchaus ihre Gewinne für das Gesamtjahr steigern dürften. Ob die Finanzmarktaufsicht FINMA Auszahlung von Dividenden bewilligt, ist noch unsicher.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24