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Gast-Kommentar
Rapperswil-Jona
02.08.2025
03.08.2025 07:33 Uhr

Gedanken zur Bundesfeier

Der ukrainische Historiker und Schriftsteller Alexander Abarinov mit Gedanken zur Schweizer Bundesfeier.
Der ukrainische Historiker und Schriftsteller Alexander Abarinov mit Gedanken zur Schweizer Bundesfeier. Bild: Linth24
Der in Rapperswil lebende ukrainische Historiker und Schriftsteller Alexander Abarinov teilt seine Sicht zur Bundesfeier.

Alexander Abarinov schreibt:

Herzlichen Glückwunsch zum Feiertag!

«Die Schweiz feierte erneut ihren Nationalfeiertag – den Schweizer Bundesfeiertag. Es ist der einzige föderale Feiertag des Landes, denn hier gibt es weder ein Institut für nationale Erinnerung noch andere Einrichtungen, die das Volk verdummen könnten. Es gibt keinen Tag der Verteidiger oder Verteidigerinnen, keinen Tag der Buchhalter, keinen Tag der Einheit oder der Zusammengehörigkeit. Es gibt weder Pomp noch Pathos. Niemand zerreisst seine Tracht, wenn in Zürich die Musik von Rachmaninow erklingt, und niemand schreibt den Namen des Nachbarlandes kleingeschrieben. Die Schweiz lebt in Frieden und gutem Einvernehmen mit allen Kontinenten, sie hat keine erbitterten Feinde. Es gibt in der Schweiz keine staatlichen Auszeichnungen, keine Orden oder Medaillen, keine Staatspreise oder Titel wie «Volkskünstler» oder «Verdienter Ökonom» (vor allem, wenn es in der Wirtschaft nichts Positives zu vermelden gibt) – um, sagen wir, keine Begierden oder korrupten Machenschaften zu fördern.

Land des Lächelns

Dies ist ein Land idyllischer Landschaften, ein Land der Bergkurorte, smaragdgrüner Seen, dichter Wälder, satter Kühe und vor allem ein Land des Lächelns. Wenn jemand mürrisch an dir vorbeigeht und nicht freundlich lächelt, ist es ein Flüchtling oder ein anderer Zuwanderer, der von der Schweiz aufgenommen wurde. Bald werden auch sie, um sich anzupassen und zu integrieren, lernen zu lächeln. Denn sie, wie ich zum Beispiel, sind vor drei Jahren aus einem Land geflohen, in dem jahrelang Woche für Woche Trauer ausgerufen und im Fernsehen eine brennende Kerze gezeigt wird. 

Da bleibt keine Freude übrig!

Znüni

Oder ein kleines Detail… Am 1. August wurden die Bürger der Stadt um 9 Uhr morgens zum «Znüni» eingeladen. Das ist das traditionelle zweite Frühstück in der Schweiz. An der Promenade des Zürichsees waren Tische gedeckt und die beliebtesten, einfachen Schweizer Gerichte vorbereitet: Rösti, grob geriebene Kartoffeln, im Ofen gebacken; Scrambled Eggs mit Sahne, Käse, Muskatnuss und schwarzen Trüffeln; Speck, dazu Würstchen, Schinken, Salami und mehr. Es gab eine Fülle an köstlichem Brot – von feinen kleinen Brötchen mit Samen und Haferflocken bis zum duftenden «Holzofen», einem Brot mit schwarzer, knuspriger Kruste, das im Holzofen gebacken wird, wie der Name schon sagt. Und natürlich Käse – wie könnte es in der Schweiz ohne ihn gehen!

Beim Znüni traf ich Bekannte, gratulierte ihnen, und sie mir.»

Alexander Abarinov; In der UDSSR geboren und aufgewachsen, promovierte an der Universität Leningrad als Historiker. Er lebte und arbeitete anschliessend in Kiew, welche 1991nach dem Zerfall der UDSSR die Hauptstadt der Ukraine wurde. Als kritischer Journalist, Schriftsteller und Beobachter des politischen Geschehens musste er nach Ausbruch der Konflikte zwischen Russland und der Ukraine flüchten. Nach einer Odyssee landete er in Rapperswil, wo er das Buch «Mein Rapperswil - Stadt des Glücks» veröffentlichte.

Dies sind seine Gedanken zum Bundesfeiertag 2025 der Schweiz.

 

Alexander Abarinov, Rapperswil-Jona