Unlängst besuchte der Kunstverein Oberer Zürichsee das Stiftungsarchiv Willy Fries in Wattwil. Im Fokus stand das Leben und Wirken des Wattwiler Künstlers Willy Fries (1907-1980). Auf einem Rundgang durch Wattwil und mittels Bildschirmpräsentation im Archiv berichtete Stiftungspräsident Silvan Altermatt viel Interessantes über den Künstler und Autoren.
Mit dabei war Samuel Gossweiler aus Wattwil. Er schrieb unlängst eine Maturaarbeit über den Wattwiler Künstler und veröffentlichte ein Buch dazu. Seine Arbeit befasste sich hauptsächlich mit dem achtzehn Bilder umfassenden Zyklus, «die Passion», dessen Inhalte in den 40/50er Jahren politisch hoch brisant waren und in der damaligen Schweiz die Gemüter erhitzten.
Ungewisse Zukunft der Stiftung
In weiser Voraussicht hatte Willy Fries noch zu Lebzeiten zusammen mit seiner Familie und einigen seiner engsten Freunde eine Stiftung (1980) errichtet und im Kanton St.Gallen beurkundet.
Willy Fries vermachte der Stiftung das gesamte künstlerische Werk in seinem Besitz sowie Anteile seines Vermögens mit der Auflage, sein Lebenswerk der Öffentlichkeit zu erhalten und dauernd zugänglich zu machen. In Wattwil verbrachte er den grössten Teil seines Lebens und fühlte sich mit dem Ort stark verbunden.
Das Stiftungsarchiv befindet sich hier derzeit in einer kleinen Kellerwohnung. Die Sammlung ist umfangreich und stetig wachsend. Es hat kaum Platz für alles. Teils hängen die Bilder an provisorischen Wänden oder stehen am Boden. Viele Bücher, Fotografien, Briefdokumente sowie Skulpturen und Gegenstände haben sich angesammelt und stehen in Gestellen oder liegen aufgeschichtet am Boden zur weiteren Bearbeitung.
Willy Fries war nebst seiner Malerei auch Autor. Er publizierte etliche Schriften, hielt viele Vorträge, pflegte einen regen Schriftverkehr und engagierte sich in verschiedenen kirchlichen wie gesellschaftlichen Organisationen. Laut Stiftungspräsident Altermatt aus dem Emmental, der das Archiv auch als Büro nutzt und Ausstellungen organisiert, besteht eine Werkliste. Sie wird laufend nachgeführt und die Sammlung ergänzt.
Doch ist dem Archiv ein jähes Ende gesetzt. In drei Monaten soll dieses ausziehen. Das Haus wird abgerissen. Eine weitere Bleibe ist noch nicht in Sicht. Dem Stiftungspräsident ist es jedoch ein grosses Anliegen, dass der Künstler Willy Fries nicht in Vergessenheit gerät, insbesondere in Wattwil. Verhandlungen mit der Gemeinde und dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK) sind im Gange.
Künstler Willy Fries polarisierte
Der Bilderzyklus «die Passion» von Willy Fries stellt den Leidensweg von Christus dar. Schauplatz ist jedoch nicht Jerusalem, sondern teils das zerbombte Deutschland und Frankreich während dem zweiten Weltkrieg oder wie im Bild «der Prozess» sichtbar – gar Wattwil. Damit holte Fries die biblische Passionsgeschichte in die Gegenwart.
Willy Fries war durch seinen Studienaufenthalt in Berlin geprägt von den damaligen geschichtlichen Ereignissen. Viele seiner Bilder zeigen die Wirren des Zweiten Weltkrieges. In der «Dornenkrönung» wird Christus durch Hitler als Judas verraten und durch Schweizer Soldaten gekreuzigt. Damit wollte Willy Fries laut Tagblatt Region Toggenburg seine schweizerischen Mitbürger aufrütteln und gleichzeitig ein zeitloses Bekenntnis schaffen. Dieses Werk sorgte für einige Aufregung, sogar im Bundesrat.
Nicht alle sahen das gleich. Inspiriert von den Passions-Bildern vertonte der bekannte Toggenburger Komponist, Musiker und Chorleiter Peter Roth später den Bilderzyklus «Christ ist geboren» (1944–1949) von Willy Fries.
Vom Expressionismus zum altmeisterlichen Stil
Willy Fries wuchs in Wattwil auf, absolvierte ein Semester Kunst- und Literaturgeschichte an der Uni Zürich. Dann brach er das Studium ab und begab sich auf Bildungsaufenthalte nach Paris und Berlin. In Berlin erlebte er den Beginn des 2. Weltkrieges. Seine Bilder sprechen von dieser Kriegszeit und ihrer Not. Später heiratet er die Pfarrerstochter Dorothea Wieser und gründete mit ihr eine Familie mit drei Kindern in Wattwil. Hier verblieb er bis zu seinem Tod 1980.
Er schuf über zwanzig Auftragswerke für den öffentlichen Raum in der Schweiz und Deutschland. Unter anderem ein grosses Wandbild für die Landi 1939. Es zeigt riesig den Christophorus mit einem Kind auf dem Rücken und laut Altermatt mit Gesichtszügen von Willy Fries. Unten im Bild sichtbar ist die Landi am Zürichsee mit Seilbahn, Jodlerkränzli und Festwirtschaft. Es war sein erstes öffentliches Auftragswerk.
Seine früheren Arbeiten aus den Jahren 1929 – 1935 sind laut Stiftungspräsident geprägt vom Expressionismus und unterscheiden sich wesentlich von späteren Werken in altmeisterlichem Stil.
1970 wurde ihm der Rembrandtpreises für seine sakralen wie weltlichen Werke durch die Johann Wolfgang Goethe Stiftung in Salzburg verliehen. 1972 erfolgte die Verleihung des Ehrendoktors der theologischen Fakultät der Universität Bern.