Kommentar von Bruno Hug
Ein Lehrstück für Stadtregierung
Das Jona-Center hat eine interessante Geschichte, die für Rapperswil-Jona’s Stadtführung auch ein Lehrstück sein könnte. Falls man dort für Lehrstücke langsam empfänglich wird.
Wie nachfolgend ersichtlich wird, ist der Ablauf des nun abgesetzten Projektes Jona Center mit Pleiten und Pannen aus dem Stadthaus gepflastert.
Im März 2014 wurde es vom später verstorbenen Bauherrn Hans Näf und der Stadt vorgestellt. Es sah einen achtstöckigen Gebäudekomplex mit 180 Wohnungen und 7500 Quadratmeter Gewerbe vor. Dazu legte der Stadtrat dem Stimmvolk im März 2017 den Ausbau der Kreuzung Feldlistrasse / St. Gallerstrasse vor. Nachdem eine Gruppe von Einsprechern das Projekt angriff, wurde die Vorlage zu 60 Prozent abgelehnt. Die «Südostschweiz» schrieb dazu, der Stadtrat habe «Schiffbruch» erlitten.
Verfehlte Freude vom Stadtrat
Im Herbst 2018 reagierte der Stadtrat auf den «Absturz» mit einer Abstimmung zu einer Teilzonenplanänderung mit Gestaltungsplan. Stadtpräsident Stöckling und Ex-Bauchef Furrer legten sich für dafür in die Riemen. Stöckling sagte, das Bauvorhaben sei «architektonisch richtig», eine «städtebaulich hochwertige Lösung» und «ein Gewinn für die Stadt» (Woher wusste er das?)
Männiglich fragte sich, ob es die Aufgabe der Stadtväter sei, sich für private Projekte derart einzusetzen. Jedenfalls liess sich das Stimmvolk bezirzen und sagte am 19. Februar 2018 Ja zum Vorhaben. Der Stadtrat war darüber «hoch erfreut».
Die Einsprecher waren es nicht und blieben bei ihrem Widerstand.
Saftige Ohrfeige für den Stadtrat
Am 23. Juni 2020 erteilte das St. Galler Baudepartement dem Stadtrat dann eine saftige Ohrfeige. Es beurteilte die Einsprachen und stellte dem Stadtrat und der kantonalen Bewilligungsbehörde und ein vernichtendes Zeugnis aus.
Der Gestaltungsplan sei mit «erheblichen Mängeln» behaftet und habe den «Anforderungen nicht genügt». Die Teilzonenplanänderung habe gegen die Rechtspraxis verstossen, weshalb das Ja der Bürgerschaft dazu aufgehoben werde! Auch die Verkehrslösung und Parkplatzregelung war ungenügend – ebenso die Gebäudeabstände, die Lärmgrenzwerte und der Bericht zur Unmweltverträglichkeit («unreif»).
Fazit: Das Baudepartement hielt alle Einsprachen gegen das Jona Center für «begründet» und setzte das vom Stadtpräsidenten und vom Bauchef geförderte Projekt ab.
Erben Nef ziehen Einsprachen zurück
Im ersten Schock erhoben die Erben Nef gegen den Kantonsentscheid Einsprache. Nun ziehen sie diese zurück. Sie wollen mit dem Erlenpark (ein schöner Name übrigens!) – klug und zeitgemäss – ein «wichtiges Quartierzentrum mit Charme» bauen. Bravo!
Einsprechern ist manchmal zu danken.
Was könnte die Stadt daraus lernen? Es ist nicht ihre Aufgabe, Projekte durchzuzwängen – schon gar nicht, wenn die eigene Arbeit schlecht war. Ihre Aufgabe ist es, das Volk zu spüren und die Stadt umsichtig weiterzuentwickeln. Und: Einsprecher liegen nicht immer falsch! Manchmal ist ihnen auch zu danken.