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26.10.2019
26.10.2019 08:37 Uhr

Lakers Spektakel vor halbleeren Rängen

Daniel Kristo, Fabian Maier, Casey Wellman und Cedric Haechler (SCRJ) jubeln nach dem 1:0, Romain Loeffel (Lugano) ist enttaeuscht im Spiel der National League zwischen den SC Rapperswil-Jona Lakers und dem HC Lugano. Foto: Tom Oswald
Daniel Kristo, Fabian Maier, Casey Wellman und Cedric Haechler (SCRJ) jubeln nach dem 1:0, Romain Loeffel (Lugano) ist enttaeuscht im Spiel der National League zwischen den SC Rapperswil-Jona Lakers und dem HC Lugano. Foto: Tom Oswald
Die SCRJ Lakers überzeugen mit tollen Willensleistungen und unerwarteten Siegen. Trotzdem füllt sich das heimische Stadion nicht. Eine Analyse und ein Aufruf von Dani Altorfer.

Verwundert reibt sich manch ein Hockeyfan die Augen: Die Rapperswil Jona Lakers überraschen diese Saison weiterhin und stehen nach knapp einem Drittel der Qualifikation auf Tabellenplatz 7.

Dies, obwohl lange nicht alles rund läuft. So plagen die Rapperswiler Verletzungssorgen: Mit Roman Cervenka fehlt derzeit der vermeintliche «Star» des Teams und mit Kay Schweri ist einer der talentiertesten Flügel für unbestimmte Zeit ausser Gefecht.

Spektakuläre Siege

Beeindruckend ist die Heimstärke der Rapperswiler. Gewann man doch bisher 6* von 8 Heimspielen. Dabei setzte es gegen den HC Lugano eine äusserts unglückliche Niederlage ab. Auch am letzten Dienstag bezwang man mit dem EHC Biel ein weiteres Spitzenteam der National League.

Die Siege der Lakers wurden mehrfach auf spektakuläre Art und Wiese eingefahren. So verwandelte man gegen die Berner wie auch gegen die Bieler jeweils einen Dreitore-Rückstand im letzten Drittel in einen Sieg.

Tiefster Zuschauerwert in der Liga

Spektakel Pur – die St. Galler Kantonalbankarena bebte förmlich. Moment – ich meinte die halbleere Kantonalbankarena bebte förmlich. Denn, nur gerade rund 3900 Fans besuchten im Schnitt die Heimspiele der Rapperswil Jona Lakers.

Das ist mit Abstand der tiefste Schnitt der Liga. Der zweitletzte HC Ambri Piotta hat mit 4840 Fans pro Spiel rund 1000 mehr Menschen im Stadion. Aufgrund des erfolgreichen Lakers-Saisonstartes ist dies eine herbe Enttäuschung.

Ich frage mich: Wo sind all die Fans, die beim Cupfinal einander die Tickets aus den Händen gerissen haben? Was sind die Gründe für die Zuschauerflaute?

Torhueter Melvin Nyffeler (SCRJ) gegen Marc-Antoine Pouliot (Biel).

Überhöhte Ticketpreise?

Im Vergleich zu anderen Teams in der National-League liegen die Preise für Sitz- und Stehplätze der Rapperswil Jona Lakers im unteren Drittel. Dies haben meine Recherchen ergeben.

Natürlich ist ein Stehplatzticket für CHF 25 und ein Sitzplatzticket zwischen CHF 40-68 nicht günstig. Aber wir sprechen hier von Eishockeyspielen in der höchsten Liga der Schweiz. Die Kosten für einen NLA-Club sind immens. Da braucht es ganz einfach solche Preise.

Fazit: An den Ticketpreise kann der spärliche Zuschaueraufmarsch wahrlich nicht liegen

Ist die demographische Lage schuld?

Kaum ein Gebiet der Schweiz ist dichter besiedelt als die Region rund um den Zürichsee. Eigentlich ideale Voraussetzungen, um ein gut gefülltes Stadion zu haben. Doch so einfach ist die Rechnung nicht.

Dicht besiedelt ja, aber eben auch mit Eishockeyclubs. In einem Umkreis von rund 50 km befinden sich mit den Lions aus Zürich und dem EVZ in Zug zwei weitere Clubs in der National League. Auch der HC Davos ist nicht fern und kämpft um die Gunst der Eishockeyfans in unserem Einzugsgebiet.

Zudem ist das Angebot an weiteren Freizeitmöglichkeiten in der Linthregion immens. Kinos, Bars, Clubs, Veranstaltungen, Restaurants. Für jede Altersklasse gibt es dutzende Auswahlmöglichkeiten.

Das kann nicht verglichen werden mit der Situation von Ambri oder Langnau, wo ausser Eishockey nicht mehr viel angeboten wird. Bei dieser Situation braucht es enorme Anstrengungen, um Gelegenheitsbesucher ins Stadion zu bringen.

Topscorer Roman Cervenka / Bild Thomas Oswald Bild: Linth24 / ZVG

Hat der Club Kultstatus?

Noch vor einigen Jahren galt Rappi als «graue Eminenz» in der Eishockeyszene Schweiz. Querelen zwischen Club und Fans trugen dazu bei, dass das Ansehen massiv litt. Mit gutem Gewissen darf man behaupten, dass sich dies in den letzten drei Jahren deutlich zugunsten des Clubs verbessert hat. Mit dem Cupsieg und dem Aufstieg in die NLA haben sich die Rapperswiler einiges an Goodwill zurückerobert.

Doch selbst durch die Fanbrille betrachtet, reicht es den Rapperswilern nicht, um als «Kultclub» zu gelten. Hier hat man gegenüber dem HCAP aus dem Tessin, den Tigers aus Langnau oder dem HCD klar das Nachsehen. Diese Clubs verfügen – im Gegensatz zu den Oberseern – in der ganzen Schweiz über Fanlager.

Wie bringt man mehr Fans ins Stadion?

Eines ist klar: Gute Leistungen der Mannschaft allein reichen nicht, um Massen in die Rapperswiler Kantonalbankarena zu bringen. Es braucht von Clubseite besondere Anstrengungen und vor allem greifbare Aktionen. Dies wurde aus meiner Sicht in den letzten Jahren vernachlässigt. Doch hat man das Manko erkannt und ist auf gutem Wege, dies zu korrigieren.

Es gilt, die Massen bis über die Stadt- und Kantonsgrenzen anzusprechen und zu mobilisieren! Das gilt für Schulklassen, Vereine, Unternehmen, Präsenz an Veranstaltungen, Messen, Tagungen. Solchen Massnahmen greifen nicht von heute auf Morgen. Es braucht Zeit, um sichtbare und nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.

Notwendig sind auch Aktionen beim Ticketing. Hier ist der Grat schmal: Die Balance muss gefunden werden zwischen mobilisierenden Aktionen und den Wünschen der Saisonkartenbesitzer, denn diese sind das Fundament und dürfen nicht verärgert werden.

Abrunden könnte man das Ganze mit speziellen Events und Veranstaltungen rund um die Hockeyspiele.

Casey Wellman und Nico Duenner (SCRJ) beim 2:0 gegen Jonathan Mercier, Tommy Wingels und Torhueter Robert Mayer (Genf). Foto: Thomas Oswald.

Eishockey Fans sind in der Pflicht

Es ist aber falsch, nur den Club in die Pflicht zu nehmen. Es braucht auch uns Supporter, um Zuschauer zu mobilisieren. Und zwar jeden! Auch wir können mithelfen; auch wir können den Club über die Stadtgrenzen hinaustragen. Sprecht Bekannte, Freunde, Arbeits- und Vereinskollegen an. Macht diesen das Eishockey schmackhaft und lockt sie ins Stadion.

Wenn wir alle weiterhin NLA-Hockey in Rapperswil sehen wollen, dann muss etwas geschehen! Verdient hätte es vor allem das Team. Denn dieses kämpft in jedem Spiel bis zum Umfallen und bereitet uns unerwartet viel Freude. Das tun im übrigen auch die Fans im Stadion: die Stimmung ist trotz «nur 3800» Fans jeweils grandios.

Kommt ins Stadion und überzeugt Euch!

Andrew Rowe jubelt nach einem Tor gegen den EV Zug.

(*) In der ersten publizierten Version hiess es fälschlicherweise 7 von 8 Spielen (Korrektur der Redaktion).

Dani «Shorthand» Altorfer, Linth24