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Leserbrief
Rapperswil-Jona
28.08.2023
28.08.2023 10:07 Uhr

Röllin’s Nein: Oben aufrüsten statt untendurch

Kunstwissenschaftler Peter Röllin: Jahrelang verpasste Planung in Rapperswil-Jona.
Kunstwissenschaftler Peter Röllin: Jahrelang verpasste Planung in Rapperswil-Jona. Bild: Linth24
Peter Röllin schreibt zum seinem Tunnel-Nein: Die zweitgrösste Stadt am Zürichsee und im Kanton wälzt in Wiederholung ein Milliardending ans Volk, ohne dass es in der Verwaltung eine «ausgewiesene» Stadtplanung gibt.

Nicht zu übersehen: die zweitgrösste Stadt am Zürichsee und die zweitgrösste Stadt im Kanton wälzt in Wiederholung ein Milliardending ans Volk, ohne dass diese Stadt eine ausgewiesene Stadtplanerin, einen Stadtplaner in der Verwaltung stellt. Das Fehlen eines Parlaments verschärft die Situation. Die Ausgangslage ist nicht erst heute kritisch: die nach jeder negativ ausgegangenen Abstimmung versprochenen Sofortmassnahmen wurden, statt aktiv anzugehen, immer wieder an einen späteren Tunneltraum geknüpft. Es wäre falsch, diese Haltung einfach nur der jetzigen Stadtregierung anzulasten. Was benachbarte Städte wie Uster in den vergangenen Jahrzehnten an Stadtplanung geleistet haben, ist dort erfahrbar und sichtbar.

Rapperswil-Jona hat Planung verpasst

Die Stadt Rapperswil-Jona, zentraler Ausbildungsort von Siedlungs- und Verkehrsplanung, hat diese Kompetenzroute leider über Jahrzehnte verpasst. Auch ein guter Bauchef, über den wir heute zweifellos verfügen, ersetzt fachlich geführte Stadtplanung nicht. Vom örtlichen Stadtbaumeister Marcel Gemperli, der bei einer Tunneldebatte jüngst als «Experte» auf dem Podium mitwirkte, wüsste man zu gerne, was die gigantische Ein- und Ausfahrtscheibe «Tüchi» für den Zusammenhalt Rapperswil-Jona («Zäme stärcher») bedeuten würde.

Endlich Gas in andere Richtung

Oben aufrüsten statt untendurch beginnt bei der Fachkompetenz im Stadthaus. Wir brauchen geeignete Köpfe, die dem zeitfremden Räderwerk der gegenwärtigen Mobilitätskultur endlich Gas in eine andere Richtung geben. Wir Ältere und Alten (75 plus) erleben die weiteren Phasen der lokal geführten Rapperswiler Tunnelposse wohl nur noch kurz- und mittelfristig. Aus Alterssicht stellt sich die Frage an jüngere Generationen: Wie wollt und wünscht ihr die Welt – nicht nur für Klein-Rapperswil-Jona – in zwanzig, dreissig, fünfzig Jahren? Teilt ihr bei den zunehmend negativ erfahrbaren Zuständen unseres Planeten noch immer die herkömmlich eingebrannten und endlosen Mobilitätsvorstellungen des 20. Jahrhunderts? Oben aufrüsten und reparieren statt untendurch: setzen wir finanzielle und geistige Mittel doch besser ein in die ramponierte Bildungs-, Pflege- und Klimapolitik, bei der die Stauzeiten noch viel folgenschwerer angewachsen sind als auf den Strassen. Dies wäre wohl der allergrösste Mobilitätsgewinn für morgen.

Peter Röllin, Kunstwissenschaftler, Rapperswil-Jona