Auch wenn die Kernregion Ostschweiz im schweizweiten Vergleich weniger betroffen ist, ist das Ausmass der Beanspruchung von Kurzarbeit enorm.
Das zeigt auch ein Blick auf die abgerechneten Beträge. Seit dem Zeitpunkt der Verfügbarkeit der Zahlen im Jahr 2004 wurden in der Kernregion Ostschweiz insgesamt 982 Mio. CHF über die Kurzarbeitsentschädigung ausbezahlt. 656,6 Mio. CHF wurden dabei allein während der Corona-Pandemie von März 2020 bis Januar 2021 abgerechnet. Das entspricht einem Anteil von rund 67% aller ausbezahlten Beträge seit 2004 und dies nicht einmal innerhalb eines gesamten Jahres.
Kommt die grosse Kündigungswelle?
Bis heute hat der Druck auf den Personalbestand nicht auf die Arbeitslosigkeit durchgeschlagen. Die Arbeitslosenquote liegt in der Kernregion Ostschweiz im historischen Vergleich mit aktuell 2.7% nur leicht über dem langfristigen Durchschnitt von 2.5%. Während der Finanzkrise stieg sie zwischenzeitlich deutlich höher auf 3.8%. Folgt nun die grosse Kündigungswelle?
«Diese Frage hängt von verschiedenen Faktoren ab. Insbesondere von den weiteren gesundheitspolizeilichen Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie, dem Impffortschritt, der weiteren Erholung der globalen Wirtschaft, aber auch von den aktuell angepassten Regelungen bei der Kurzarbeit», sagt Alessandro Sgro. Die Einschätzung der Unternehmen zur aktuellen Geschäftsentwicklung sei nicht euphorisch, aber stabil und verhalten optimistisch.
Zudem zeige die aktuelle Corona-Unternehmensumfrage der IHK St.Gallen-Appenzell und der IHK Thurgau, dass einige Unternehmen zwar über einen zu hohen Personalbestand verfügen, die Mehrheit der befragten Unternehmen rechnet unmittelbar aber nicht mit einem grösseren Personalabbau. «Entscheidend wird aber sein, wann wieder ein spürbarer wirtschaftlicher Aufschwung folgt», ergänzt Sgro. Mit diesem rechnen die befragten Unternehmen der IHK-Spezialumfrage frühestens ab dem zweiten Halbjahr 2021.
Eine leichte gesamtwirtschaftliche Erholung dürfte laut Sgro bereits im zweiten Quartal einsetzen. Wachstumsimpulse kommen insbesondere aus der Industrie, die von positiven Impulsen aus Asien sowie aus den USA profitiert. Damit dürfte sich die angespannte Lage am Arbeitsmarkt teilweise entschärfen.
Blick nach vorne, Arbeitsplätze langfristig sichern
«Das Instrument der Kurzarbeit hat während der Coronakrise seine volle Wirkung am richtigen Ort und zur richtigen Zeit entfaltet», sagt Markus Bänziger, Direktor der Industrie- und Handelskammer St.Gallen-Appenzell. Wichtig sei aber der Blick nach vorne. Es gehe darum, die Auftragslage und damit die Auslastung in den Unternehmen zu sichern: So können Arbeitsplätze erhalten und wieder geschaffen werden und eine höhere Arbeitslosigkeit vermieden werden.
Die Pandemie wird Gesellschaft und Wirtschaft noch länger beschäftigen, es muss daher gelingen, in dieser Situation leben und arbeiten zu ermöglichen. «Es ist wichtig, dass die Unternehmen mehr Planungssicherheit erhalten und gleichzeitig auch einen aktiven Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie leisten können», ergänzt Bänziger und verweist auf die von der IHK geforderte vorwärtsgerichtete Ermöglichungsstrategie: rasch ein leistungsfähiges Testregime hochfahren und eine effektive Impfkampagne vorzubereiten, begleitet von einer klaren Kommunikation und betriebsspezifischen Schutzkonzepten.