Pflege bis ans Lebensende – das war einmal
Künzli schreibt, dass das Alters-Konzept im Jahr 2012 verabschiedet worden sei. Darin war vorgesehen: «Wohnen mit Service» von zusätzlichen fast 100 Wohnungen bis 2025. 50 bis 60 Wohnungen auf dem Areal Porthof und die restlichen im Schachen. Im Plan enthalten war auch eine Pflegeabteilung mit 19 Betten im Porthof.
Das Ziel war, möglichst vielen Menschen selbständiges Wohnen bis ans Lebsensende durch Services rund um die Uhr und an 365 Tagen zu ermöglichen. Dazu war die geplante Pflegeeinheit elementar – was schweizweit anerkannt und überall umgesetzt wird.
«Rund-um-die-Uhr-Pflege» wird ausgehebelt
Nun aber will die Stiftung RaJoVita die bestellte und fast fertig gebaute Pflegeeinheit «aus was für Gründen auch immer» nicht mehr mieten. Statt einer Pflegeeinheit soll dort nun ein Kindergarten entstehen. Künzli betitelt diese Umpolung als «Schildbürgerstreich». Mit diesem werde die «Rund-um-die-Uhr-Pflege» für die 150 älteren Bewohner einfach ausgehebelt.
Finanzierbarkeit der Langzeitpflege
Die Finanzierbarkeit der Langzeitpflege sei in erster Linie abhängig vom Betreiber. Offenbar drückte hier ein zu erwartendes Defizit von jährlich 250'000 Franken auf das Gemüt der Stadtpolitiker. Statt andere Betreiber zum Zuge kommen zu lassen und bessere Finanzierungsmodelle zu suchen – offenbar machte dazu auch Ex-RaJoVita-Leiter Künzli ein Angebot –, versenkte der Stadtrat das sinnvolle Altersprojekte in «einer Machtdemonstration», gepaart mit «Arroganz». «Und das nach acht Jahren Vorarbeit und kurz vor Bauvollendung», wie Künzli ausführt. Verlierer seien die älteren Menschen, denn keine mobile Dienstleistung ersetze die schon gebaute Pflegeeinheit im Haus.
Unsägliche Verstrickungen
Künzli macht für die dubiose «Nacht- und Nebelaktion» auch die vielen personellen Verstrickungen in der Stadt verantwortlich. Im Stiftungsrat von RaJoVita sitzen die auswärtigen Susanne Hofer und Andreas Paintner. Beide seien erfahrene Altersspezialisten und hätten das Porthof-Projekt gekannt und für sehr gut gehalten. Offenbar aber mussten sie das Spiel der Stadtoberen als zugezogene Spezialisten mitmachen.
Auch der für das Alter im Stadtrat zuständige Luca Eberle musste beim trüben Spiel offenbar mitspielen. Er habe «aus der Not eine Tugend gemacht» und realisiere im Alterszentrum (!) – als SP-Mann – lieber einen Kindergarten, als dass er sich für die Pflegeeinheit eingesetzt habe.
2.5-Millionen-Legat auf dem Spiel?
Auch Stiftungspräsident Daniel Lätsch habe das Projekt Pflegeeinheit bestens gekannt, versuche aber stets, «die Wünsche seines Parteikollegen Martin Stöckling umzusetzen». Er müsse bei jedem Thema beim Stadtpräsidenten antreten. Selbst als sich Ex-RaJoVita-Mann Künzli bei Lätsch über ein Legat von über 2,5 Millionen Franken erkundigt habe, hätte sich dieser bei Stöckling rückversichern müssen. Interessant sei nun, wie mit dem zweckgebundenen Erbe umgegangen werde, wenn die Pflegewohnungen nicht umgesetzt werde, schreibt Künzli zum brisanten Thema noch.
Weitere Stadträte verärgert
Im Stiftungsrat der Alterswohnungen Jona würden die beiden Stadträte Tanja Zschokke und Ueli Dobler einsitzen. Es sei bekannt, dass ihr Gremium über den Rückzug von RaJoVita verärgert sei. Insbesondere, da der Bau im Porthof weit fortgeschritten sei. Dabei sei klar: Jeder private Träger hätte für die Pflegeabteilung einen neuen Betreiber gesucht. Aber eben: Der (dubiose) Bau eines Kindergartens erhielt den Vorzug!
Pflegezentrum Schachen
Künzli bilanziert: «Mit der Finanzierung des Pflegezentrums Schachen muss eine öffentliche Diskussion zur Altersarbeit stattfinden. Es darf nicht sein, dass zukunftsweisende Lösungen kurz vor Bauvollendung gestrichen werden. Und keiner sich dafür einsetzt, dass Wort gehalten wird.»
Der «willkürliche und unglaubwürdige Zick-Zack-Politik» der Stadtführung, in dem «Möchte-gerne-Experten wie Pilze aus dem Boden schiessen» würden, sei deprimierend, so Alters-Spezialist Christoph Künzli gegenüber Linth24. Es sei «an der Zeit», dass sich «in dieser Stadt endlich eine überparteiliche Bewegung» formiere.