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Kolumne
16.03.2024
16.03.2024 13:57 Uhr

Verschnaufpause an der Börse

Christopher Chandiramani: «Nach jüngsten Kursavancen von per Saldo 5 Prozent in diesem Jahr hielten sich die Bewegungen letzte Woche an den Börsen in Grenzen.»
Christopher Chandiramani: «Nach jüngsten Kursavancen von per Saldo 5 Prozent in diesem Jahr hielten sich die Bewegungen letzte Woche an den Börsen in Grenzen.» Bild: Linth24
Nach gutem Jahresstart 2024 mit Jahreshoch kam ab Donnerstag eine Konsolidierung. Aktien und Goldpreise korrigierten, Kryptowährungen fielen von Höchstkursen. SMI: 11'676 Punkte.

Leichter Inflationsanstieg: Im Vergleich zum Vorjahresmonat erhöhten sich die US-Produzentenpreise um 1.6 Prozent. Analysten hatten eine Jahresrate von nur 1.1 Prozent erwartet. Im Vormonat hatte die Rate 1.0 Prozent betragen. Das bedeutet, dass die Amerikaner inflationsbedingt noch Geduld haben müssen in Bezug auf eine Lockerung der Geldpolitik.

Europas Wirtschaft stottert weiterhin, vor allem Deutschland hat mit rezessiven Tendenzen (Firmenschliessungen) zu kämpfen. Aber die Inflation ist rückläufig. Die ersehnte Zinssenkung im Euroraum lässt aber ebenfalls auf sich warten. Vorerst bleibt der Leitzins unverändert bei 4.5 Prozent. Diskutiert werden auch wieder Anleihekäufe als Teil der Geldpolitik.

In der Schweiz ist die Teuerung noch geringer als im Rest Europas. Die Ökonomen der britischen HSBC erwarten deshalb bereits kurz vor oder nach Ostern eine erste Senkung der Zinsen durch die Nationalbank. 

Deutschland erlebt gerade den stärksten Preiszerfall bei Immobilien in diesem Jahrtausend. Hingegen boomen Häuser und Wohnungen in Italien und Spanien. In der Schweiz wird Wohnraum ebenfalls teurer, trotz höherer Hypothekarzinsen, jedoch infolge steigernder Nachfrage und Wachstum der Wohnbevölkerung.

Gemäss Umfragen reicht für über 50 Prozent der Schweizer Familien das Einkommen der Eltern nur noch knapp oder gar nicht mehr. Neue Zahlen enthüllen finanziellen Druck auf die Familien. Darauf wird mit mehr doppelt verdienenden Ehepaaren, weniger Kindern und vermehrten Nebenbeschäftigungen von Hausfrauen reagiert.

Der Nationalrat will lokale Geschäfte an Sonntagen öffnen lassen. Der Rat stimmt einer FDP-Motion zu. Es geht um die Existenz von Dorfläden und die weiten Fahrten für Einkäufe am Wochenende.

Die Schweizer Börse SIX macht Milliardenverluste. Die Schweizer Börsenbetreiberin hat Verluste in der Jahresbilanz und den Einnahmen. Vor allem die Worldline-Beteiligung (Zahlungsverkehr) erwies sich als Fass ohne Boden.

Unternehmensnachrichten

Swisscom unterschrieb den Kaufvertrag für Vodafone Italien – mit Segen des Bundesrats, aber unter Auflagen. Swisscom übernimmt den italienischen Konzern für EUR 8 Milliarden. Tochtergesellschaft Fastweb wird mit Vodafone zusammengehen und zweitgrösster Mobilfunkbetreiber Italiens entstehen lassen.

Der Lebensversicherer Swiss Life hat 2023 mehr verdient und erhöht die Dividende trotz Sorgen im Immobiliengeschäft. Das Geschäft des Versicherers hat 2023 wegen verhaltener Immobilienmärkte enttäuscht. Der Rest bleibt optimistisch und auf Kurs. Für Aktionäre winkt eine höhere Dividende von CHF 33. Die Prämieneinnahmen betrugen knapp CHF 20 Mrd., der Reingewinn 1.1 Mrd. Aber der Aktienkurs fiel um 5 Prozent nach Bekanntgabe der Zahlen.

Die Onlinebank Swissquote legt beim Reingewinn 2023 (CHF 218 Mio.) im Vergleich zum Vorjahr um 38 Prozent zu und wird die Dividende nahezu verdoppeln. Auch über den Markterwartungen liegt auch die vorgeschlagene Dividendenzahlung von CHF 4.30 pro Aktie.

Die TX Group (Herausgeberin Tages-Anzeiger, 20 Min. u.a.) schreibt einen Gewinn von CHF 60.4 Mio. Dank der Clear-Channel-Übernahme verdiente der Zürcher Medienkonzern im Geschäftsjahr 2023 besser. Doch der journalistische Bereich stottert weiterhin. Es drohen Entlassungen bei den Redaktionen.

Der Immobilienkonzern Swiss Prime Site übernimmt die Immobiliensparte von Fundamenta Group. Laut den beiden Gesellschaften entsteht nach der Transaktion der grösste unabhängige Schweizer Immobilienverwalter.

Der Stahlhersteller Swiss Steel schreibt EUR 295 Mio. Verlust und braucht erneut frisches Kapital. Grossaktionär Martin Haefner übernimmt den Hauptteil der Kapitalerhöhung und verstärkt seinen Einfluss.

Der Schuhhersteller On (in den USA kotiert) gab am Dienstag für das vierte Quartal 2023 überraschend einen Nettoverlust von CHF 26.8 Mio. bekannt. Analysten hatten mit einem Gewinn gerechnet. Dies führte zu einem Kursverlust von zeitweise 19 Prozent.

Aussichten

Nach den jüngsten Kursavancen von per Saldo 5 Prozent in diesem Jahr hielten sich die Bewegungen letzte Woche an den Börsen in Grenzen. Der weitere Verlauf hängt von den erwarteten Senkungen der Leitzinsen ab. Auch die Gesellschaftszahlen haben Einfluss, Enttäuschungen können grosse Kursschwankungen auslösen (Beispiel Nestlé, Roche, Swiss Life usw.). Kantonalbanken mit Rekordgewinnen: Dies wurde dank besseren Zinsmargen erreicht, doch in den Aktienkursen widerspiegelt sich das nur wenig. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit OECD gibt der Schweizer Wirtschaftspolitik insgesamt gute Noten und somit auch noch Kurspotential für Aktien, findet aber die Riesenbank – die fusionierte UBS mit der CS – für die Schweiz zu gross.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24