Rapperswil-Jona ist ein schöner Flecken Erde, eine Stadt mit hoher Lebensqualität (für die, die es sich leisten können).
Aber seien wir ehrlich: Das politische System von Rapperswil-Jona ist kein Erfolgsmodell. Die gute Lage am Zürichsee und die Postkartenidylle der Altstadt haben nichts damit zu tun. Die tiefen Steuern, die manchen so unglaublich wichtig sind, «verdanken» wir dem interkantonalen Steuerdumpingwettbewerb. Und die Machtballung innerhalb des Stadtrats, der grosse Einfluss einiger «Gewerbler» (es sind vor allem Männer) auf die Stadtentwicklung oder die selektive Mobilisierung (Stichwort: Sportvereine) an Bürgerversammlungen sind in erster Linie ein Problem.
Wenn Rapperswil-Jona heute funktioniert, dann trotz, nicht wegen seines politischen Systems.
Bei Parlaments-Gegnern «kommt einiges zusammen»
Wer die Parlamentsdiskussionen der letzten mehr als 10 Jahre etwas mitverfolgt hat, an der Bürgerversammlung vom November 2022 war und die Liste der Unterstützer*innen des Komitees «Nein zum Stadtparlament» liest, sieht, dass da einiges zusammenkommt. Nebst der aufrichtigen Sorge um den Verlust direktdemokratischer Rechte wären da etwa eine gute Prise verklärender Nostalgie (oft durch ein Zitat von Gerold Späth begleitet); ein tiefgreifendes, problematisches Misstrauen in politische Institutionen und Amtsträger*innen; selbstgerechte Wirtschaftsvertreter*innen, die «der Politik» nichts zutrauen; oder Menschen, die um ihre Bühne und ihren Einfluss fürchten.
Chancen auf eine erfolgreiche Politik erhöhen
Rapperswil-Jona steht vor grossen Herausforderungen: Der Autoverkehr verstopft und erstickt die Stadt; der soziale Wohnungsbau steckt noch immer in den Kinderschuhen; der klimagerechte Umbau muss vorangetrieben werden; die Stadt soll auch für die Jungen attraktiv(er) werden und das knappe Fünftel der Bevölkerung ohne Bürgerrecht besser einbinden; Grossprojekte wie die Sportstättenplanung müssen endlich vorwärtsgehen.
Ein Parlament ist keine Garantie dafür, dass wir diese Herausforderungen packen. Mit der neuen Gemeindeordnung erhalten wir aber eine zeitgemässe und an die Grösse der Stadt angepasste demokratische Infrastruktur, die unsere Chancen auf eine erfolgreiche Politik erhöht.
Ja zu Parlament ist kein Verzicht auf politische Rechte
Ein Ja zum Parlament bedeutet nicht, auf seine politischen Rechte zu verzichten. Es bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Aufmerksame, interessierte und engagierte Bürger*innen werden damit nicht überflüssig, im Gegenteil. Sie stimmen ab und wählen, sie müssen den Parlamentarier*innen auf die Finger schauen, sie können sich selbst in Parteien einbringen oder die direktdemokratischen Instrumente wie Initiative, Referendum oder Volksmotion nutzen.
Es gibt viel zu tun in Rapperswil-Jona. Mit einem Ja zur Gemeindeordnung, einem Ja zum Parlament, wenden wir uns der Zukunft zu.