Unter der Leitung der neu ans Haus geholten Kunst- und Kulturwissenschaftlerin, Dr. Ursula Helg, startet das Anna Göldi Museum im denkmalgeschützten Hänggiturm in Ennenda/Glarus am Freitag, 1. April, ins Jubiläumsjahr. Gefeiert wird nicht nur das 5-jährige Bestehen des Museums, sondern auch das 15-jährige Jubiläum seiner Betreiberin, der Anna Göldi Stiftung. Sie hat 2007 die Rehabilitierung von Anna Göldi durch den Glarner Landrat initiiert.
Neue Ausstellung mit Amnesty International
Zu sehen ist eine in Zusammenarbeit mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International entstandene Ausstellung. Sie schlägt den Bogen vom tragischen Schicksal Anna Göldis in die Gegenwart und lässt im Hinblick auf die bevorstehende Revision des Schweizer Sexualstrafrechtes sieben von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen zu Wort kommen. Unter dem Titel «Uns reichts» brechen sie ihr Schweigen und konfrontieren die BesucherInnen mit den Mythen, Tabus und Stigmata, mit denen sie als Vergewaltigungsopfer bis heute zu kämpfen haben.
Mit seinen Vorträgen, Podien, (KünstlerInnen-)Gesprächen, Lesungen, Filmvorführungen und Konzerten hat sich das Anna Göldi Museum seit seiner Gründung im September 2017 zu einem lebendigen Ort der Erinnerungskultur von schweizweiter Ausstrahlung entwickelt. Es sensibilisiert anhand von hochaktuellen Themen für Menschenrechte und Demokratie, Frauengeschichte, «Geschichte von unten» sowie Interkultur und gehört heute zu den kulturellen Leuchttürmen des Kantons Glarus.
Vielfältige Jubiläumsaktivitäten
Im Rahmen der diesjährigen Jubiläumsaktivitäten sind neben MenschenrechtsaktivistInnen und PolitikerInnen einmal mehr auch WissenschaftlerInnen, Kulturschaffende und MusikerInnen zu hören.
So zum Beispiel die Basler Historikerin und Autorin Prof. Dr. Caroline Arni, die anlässlich des Anna Göldi Gedenktages am 12. Juni aus ihrem neuen Buch Lauter Frauen lesen wird, oder der bekannte Musikforscher und Kulturpublizist Walter Labhart, der zusammen mit dem Glarner Jungpianisten Roman Staubli ein Klavierrezital unter dem Titel Hexenritt und Teufelstanz zusammengestellt hat, das am 23. September im Rahmen der Feierlichkeiten zum 15-jährigen Bestehen der Anna Göldi Stiftung zur Aufführung gelangen wird.
Schenkung der Nachkommen Heinrich Ludwig Lehmanns
Erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wird zudem am 23. und 24. September eine Schenkung der Nachkommen von Heinrich Ludwig Lehmann (1754-1828). Dieser hat 1783 mit seiner Veröffentlichung Freundschaftliche und vertrauliche Briefe, den so genannten sehr berüchtigten Hexenhandel zu Glarus betreffend gegen das in Glarus im 18. Jahrhundert geltende amtliche Publikationsverbot der Gerichtsakten zum Fall Göldi verstossen und damit die europaweite Entrüstung über den Glarner Hexenprozess erst richtig in Gang gebracht.
Mit der Schenkung ehrt die Familie Lehmann das langjährige wissenschaftliche Engagement der Anna Göldi Stiftung. Das Archivmaterial umfasst neben dem Stammbuch Lehmanns, das als einzige im Original erhaltene Quelle zum Fall Göldi von Bedeutung ist, rund 60 weitere Dokumente zu Lehmanns publizistischer Tätigkeit. Sie wurden von den Nachkommen Lehmanns aus dessen zerstreuten Nachlass zusammengetragen und 2021 dem Museum übergeben.
Mit der Übernahme dieser bedeutenden Schenkung hat sich die Anna Göldi Stiftung verpflichtet, die ihr anvertrauten Quellen im Rahmen zukünftiger Forschungs- und Ausstellungsprojekte des Anna Göldi Museums wissenschaftlich aufzuarbeiten und zugänglich zu machen.
Ausbau des Vermittlungsangebots
Ausgebaut wurde im Jubiläumsjahr auch das Vermittlungsangebot am Anna Göldi Museum. Neu findet an jedem ersten Sonntag im Monat, d.h. am 3. April, 1. Mai, 5. Juni, 3. Juli, 7. August, 4. September und 2. Oktober, um 14 Uhr zu ausgewählten Themen eine öffentliche Führung durch die Dauerausstellung mit Stiftungsratspräsident und Buchautor Walter Hauser statt.