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14.07.2021
14.07.2021 11:30 Uhr

Jahrzehnt-Hochwasser breitet sich um Zürichsee aus

Der Zürichsee verschlingt das Schilf beim Seedamm.
Der Zürichsee verschlingt das Schilf beim Seedamm. Bild: Lars Morger
Der Zürichsee-Pegel wird über das Wehr beim Letten in Zürich gesteuert. Es ist momentan voll geöffnet, doch der Wasserstand steigt langsam und kontinuierlich an. An exponierten Stellen kann es zu Überflutungen kommen.

Es ist augenfällig: Der Zürich- und der Obersee weisen hohe Pegelstände auf. Erinnerungen an den Mai 1999 werden wach, als die Schmelze von sehr viel Schnee in den Bergen und Regenfälle einen Hochstand von 407,01 Meter über Meer im Zürichsee verursachten. Überschwemmungen waren die Folge. Noch höher war der Pegel 1910, als er auf 407,23 Meter kletterte.

Gefahrenstufe 3

So hoch ist der Wasserstand im Zürichsee momentan (noch) nicht, aber immerhin einen Meter über Niedrigwasser und einen halben Meter über Normalstand befindet sich sein Pegel: auf genau 406,47 Meter über Meer am Dienstagnachmittag. Dies entspricht der Gefahrenstufe 3 oder orange von fünf Gefahrenstufen für Hochwasser.

Auch der Sihlsee hat mit 889,26 Meter bereits eine Marke erreicht, die im orangen Bereich liegt. Somit ist nicht mehr viel Speicherkapazität für Wasser vorhanden. Über den Linthkanal flossen gestern pro Sekunde 158 Kubikmeter Wasser in den Obersee. Er war bei der Grynau randvoll.

In Hurden ist der Wasserpegel ziemlich hoch. Bild: Lars Morger

Regulier-Wehr beim Letten

Für die Region March und Höfe am Relevantesten dürfte der Stand des Zürichsees sein. Der Pegel wird seit 1951 über das Limmat-Wehr beim Letten, etwa zwei Kilometer nach Verlassen des Zürichsees gesteuert. Das Regulierwehr ermöglicht es, die Abflusskapazität der Limmat zu erhöhen und die Schwankungen des Zürichsee-Spiegels im Normalfall auf circa einen halben Meter zu begrenzen.

Unmittelbar unterhalb des Lettenwehrs, nach dem Platzspitz mündet die Sihl in die Limmat. Sie ist ihr grösster Nebenfluss. Bei Gewittern oder Starkregen in ihrem Einzugsgebiet schwillt sie manchmal wie ein Wildbach an. Um den Abfluss in Richtung Aargau in solchen Fällen nicht zu gross zu machen, wird am Lettenwehr der Limmat zeitweise Wasser zurückgehalten und der Zürichsee als natürliches Staubecken gebraucht. «Momentan ist das Wehr voll offen», berichtet Wolfgang Bollack, Mediensprecher der Baudirektion des Kantons Zürich. «Die Flüsse führen momentan viel Wasser – insbesondere die Limmat», so Bollack.

«Wir haben zwar Hochwasser an den Seen, aber die Auswirkungen sind noch nicht gravierend.»
Wolfgang Bollack, Mediensprecher der Zürcher Baudirektion

Das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich beurteile die Lage laufend neu, denn die Wetterlage sei instabil. «Wir haben zwar Hochwasser an den Seen, aber die Auswirkungen sind noch nicht gravierend», beurteilt Bollack die Situation. An exponierten Stellen könne es aber zu lokalen Überflutungen kommen.

Der Schiffsteg in Lachen steht teilweise unter Wasser. Bild: Hans-Ruedi Rüegsegger

Auch Florian Frei vom Mediendienst der Kantonspolizei Zürich will nicht dramatisieren. «Noch sind keine Überschwemmungen von polizeilicher Relevanz am Zürichsee bekannt», sagt er. Es gebe zwar Stege und Uferpartien, die geringfügig unter Wasser stünden, aber bis jetzt ohne grössere Schäden. «Wir beobachten die Entwicklung intensiv», so Frei weiter. «Es besteht keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung», lässt er wissen.

Die amtlichen Stellen raten jedoch allgemein davon ab, sich in der Nähe von Fliessgewässern aufzuhalten, weil diese plötzlich anschwellen können. Das Baden und Bootfahren auf Fliessgewässern sei tabu.

Hochstand von 1999

Für Donnerstag und Freitag sind für unsere Region nochmals Regenfälle angesagt. Danach könnte es mit einer ruhigeren Wetterlage Entspannung geben. Der Hochstand von 1999 dürfte nicht mehr erreicht werden. Vor acht Jahren war der Pegel schon mal so hoch wie jetzt. Die Häufigkeit von Hochwassern ist in den letzten Jahrzehnten relativ hoch. Deshalb hat man gut daran getan, den Hochwasserschutz an der Linth zu verbessern. Am Zürichsee könnte es gerade nochmals gut gehen.

Urs Attinger, Linth24/Höfe24