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Rapperswil-Jona
12.06.2021

Engelhölzli: Rappi-Bauchef nimmt Stellung

Grosse Projekte im Engelhölzli; Stadtrat Christian Leutenegger: «Es ist normal, dass zu einer Vernehmlassung Einwände eingehen.»
Grosse Projekte im Engelhölzli; Stadtrat Christian Leutenegger: «Es ist normal, dass zu einer Vernehmlassung Einwände eingehen.» Bild: Linth24
Das Entsorgungs- und Energiezentrum Engelhölzli Jona wird erweitert und kam deshalb in die Kritik. Stadtbauchef Leutenegger nimmt in einem Interview Stellung.

Bruno Hug: Herr Leutenegger, die Stadt möchte im Engelhölzli bei der Autobahnausfahrt Rüti/Jona die gemeindeeigene «Zone für öffentliche Bauten» sowie 5‘400 Quadratmeter Landwirtschaftsland in Industrieland um- und einzonen. Die JMS-Gruppe möchte darauf eine Betonanlage, eine Bodenwäscheanlage und eine Aushubverwertungsanlage bauen. Und die Axpo ihre Biomasse-Anlage erweitern. Die Projekte wurden in der städtischen Mitteilung in hohen Tönen gelobt.

Christian Leutenegger: In der Medienmitteilung erläutert der Stadtrat sachlich, weshalb er im Engelhölzli Rahmenbedingungen für ein modernes Zentrum für das Recycling von Bauabfällen und die Produktion von umweltfreundlicher Energie schaffen will. Der Rat steht hinter den von privaten Unternehmen geplanten Projekten und erachtet den Standort Engelhölzli in grosser Distanz zum Siedlungsgebiet und direkter Anbindung an die Autobahn als ideal. Die Informationen erfolgten bewusst im Vorfeld der kantonalen Vernehmlassung zur Richtplananpassung.

Trotzdem kommt von der SP und den Grünen Kritik auf. Sie kritisieren unter anderem, das Projekt sei zu wenig transparent.

Es ist normal, dass bei einer Vernehmlassung Einwände eingehen. Das nehmen wir ernst. In einem ersten Schritt ist es nun aber am Kanton, diese zu den Richtplanänderungen abzuschliessen. Auf kommunaler Ebene ist ebenfalls je eine Mitwirkung zum Teilzonenplan und zum Sondernutzungsplan vorgesehen. Wir werden uns mit den Einwänden sorgfältig auseinandersetzen.

«Durch das Mittwirkungsverfahren wird die Öffentlichkeit früh einbezogen»
Christian Leutenegger, Stadtrat & Bauchef RJ

Was heisst das?

Durch die Mitwirkungsverfahren wird die Öffentlichkeit früh in die Planung miteinbezogen. Dies ermöglicht die frühzeitige Einflussnahme, birgt jedoch auch die Schwierigkeit, dass nicht von Beginn an eine klare Linie aufgezeigt werden kann, da noch viele Änderungen und Anpassungen erfolgen können. Dies kann schnell als untransparent erscheinen.

Die Umzonung von Landwirtschaftsland in Industriezone stösst vielen sauer auf...

Ich kann das verstehen, auch die Fragen zur Rodung eines kleinen Waldstücks. Am Schluss müssen wir und die Bevölkerung eine Güterabwägung vornehmen. Wollen wir die Rahmenbedingungen schaffen für ein modernes Zentrum für das Recycling von Bauabfällen sowie die Produktion von umweltfreundlicher Energie oder verzichten wir darauf zugunsten des Erhalts von Kulturland?

Dass die Axpo zusammen mit Energie Zürichsee Linth die Biomasse-Anlage modernisiert und erweitert, ist unbestritten. Als übertrieben werden die Ausbauten der Betonanlagen empfunden.

Bauabfälle machen 20 % und Aushub 62 % der gesamten Abfallmenge in der Schweiz aus, in Zahlen: 15 beziehungsweise 50 Mio Tonnen pro Jahr. Dazu braucht es leistungsfähige Anlagen. Wenn diese dank besserer Technik einen weit grösseren Teil als bisher verwerten und zu neuen Baustoffen aufbereiten können, ist dies eine Errungenschaft. Durch die zentrumsnahe Lage werden unerwünschte LKW-Transporte vermieden. Die Betonanlage ermöglicht die Gewinnung neuer Rohstoffe aus der Aushub- und Bauabfallaufbereitung.

«Es gibt einen Pufferstreifen für die Naturschutzgebiete»
Christian Leutenegger, Stadtrat & Bauchef RJ

Die Beton- und Recyclinganlagen schliessen 15 Meter an Naturschutzzonen an. Kein Problem?

Nein, es gibt ja den Pufferstreifen und dessen Bewirtschaftung ist für die angrenzenden Naturschutzgebiete zentral. Ebenso wird von der Stadt und der Gemeinde Rüti gefordert, dass die Projektanten die Vernetzung der Lebensräume und die Revitalisierung der Naturschutzgebiete in die ökologische Ausgleichsplanung integrieren. So wird die Natur an Substanz gewinnen. Die Stadt und die Gemeinde Rüti fordern diese ökologische Begleitplanung auf Planungs- und Ausführungsstufe.

Kritiker führen aus, die JMS wolle den Standort Engelhölzli ausbauen, um die Bauabfall-Aufbereitung aus dem Züricher Oberland anzuziehen.

Das JMS-Projekt im Engelhölzli Süd wird nicht auf Land der Stadt Rapperswil-Jona sondern auf Privatland ausgeführt, das der JMS gehört oder das sie erwirbt. Zudem macht der Abfall nicht Halt an den Kantonsgrenzen und kurze Wege schonen die Umwelt. Das Projekt der Karl Rüegg AG findet zwar auf Land der Stadt statt; im Gegenzug ermöglicht die Karl Rüegg AG aber den Axpo-Neubau auf ihr gehörendem oder durch sie gesichertem Land. Der Landabtausch hat für die Stadt den Vorteil, dass sie auf der Engelhölzli-Westseite am Schluss ein zusammenhängendes Grundstück besitzt. Zu erwähnen ist noch, dass die Neueinzonung von rund 5‘000 m2 Land der Verdoppelung der Betriebsfläche der Axpo zugutekommen. Damit kann deren Verwertungskapazität gegenüber heute verdreifacht werden.

Warum muss die Biomasse-Anlage erweitertet werden?

Die biogenen Abfälle nehmen stetig zu. Die Axpo sichert damit für das ganze Linthgebiet die Verwertung biogener Abfälle ab. Und die Energie Zürichsee Linth garantiert die Verwendung der Produkte in Form einer Biogas- und Wasserstofftankstelle.

Im Engelhölzli werden 23‘000 Quadratmeter städtisches Land von der Zone für Öffentliche Bauten und Anlagen in Industriezone umgezont. Warum ist das nötig?

Die neuen Anlagen wären ohne diese Umzonung zum Teil nicht möglich. Die Umzonung verhindert Nutzungskonflikte. Dies hätte die Stadt anlässlich der nächsten Ortsplanungsrevision sowieso beantragt. Ein Beispiel zur nötigen Umzonung: Die sinnvolle Wiederverwertung von Beton- und Mischabbruch erfordert die Aufbereitung in einem RC-Betonwerk. Weder eine Bauabfallaufbereitung noch eine RC-Betonanlage oder eine Tankstelle für Biogas / Wasserstoff entsprechen der heutigen Zone.

«Die Landverträge werden öffentlich gemacht»
Christian Leutenegger, Stadtrat & Bauchef RJ

2017 gab es Diskussionen um die günstigen Mietkonditionen der Karl Rüegg AG für das der Stadt gehörende Land im Engelhölzli.

Der Land-Mietzins richtet sich nach der Nutzung. Bei einer kommerziellen Nutzung in der Zone für Öffentliche Bauten und Anlagen basiert dieser auf Gewerbeland. Bei einer Nutzung im öffentlichen Interesse basiert er auf einem zonenentsprechenden Landwert. Daraus ergibt sich eine Mischrechnung.

Nun soll es Industriezone werden. Werden die Mieten angepasst?

Im Rahmen des Landtausches werden die Vertragsverhältnisse bereinigt. Die Verträge unterstehen den politischen Entscheidungswegen und werden öffentlich gemacht.

Warum wird die Landnutzung im Engelhölzli eingentlich nicht öffentlich ausgeschrieben?

Die Frage basiert auf falschen Annahmen. JMS und Karl Rüegg AG besitzen im Engelhölzli Land. Sie sind mit der Projektidee auf uns zugkommen. Die Stadt «vergibt» in diesem Sinne kein Land, sondern schafft die Rahmenbedingungen für aus ihrer Sicht gute Projekte. Auch das Projekt der Axpo ist nur so realisierbar. Aufgrund der Land-Eigentumsverhältnisse im Engelhölzli kommt eine Realisierung durch einen anderen Anbieter nicht in Frage.

Bruno Hug, Linth24