- Kolumne von Dr. Philipp Gut
Wo bleibt der gesunde Menschenverstand? Das mag sich manche Leserin und mancher Leser angesichts der Massnahmen des Bundesrats im Kampf gegen das Coronavirus des Öftern gefragt haben. Als der Bundesrat beispielsweise im Dezember verkündete, die Läden dürften nur noch bis 19 Uhr offenbleiben, war doch klar, dass er damit höchstens ein grösseres Gedränge hervorrufen würde. Also das Gegenteil von dem, was die Regierung eigentlich bezweckte.
Um das zu erkennen, brauchte man kein Virologe oder sonst ein hochdekorierter Wissenschaftler zu sein. Inzwischen zeigen aber auch wissenschaftliche Daten, dass diese Massnahme unsinnig war.
Lockdown bringt nichts
Noch weit folgenreicher sind die wiederholten Lockdowns, also die Zwangsschliessung weiter Teile des öffentlichen und des Wirtschaftslebens. Noch hat der Bundesrat nicht den Mut, die Geschäfte, Bars und Restaurants wieder zu öffnen, obwohl die Bevölkerung die Nase voll hat. Doch die Zahlen sprechen auch hier eine deutliche Sprache.
Das federführende Bundesamt für Gesundheit (BAG) selbst liess verlauten, dass nur 1,6 Prozent der Ansteckungen in Bars oder Restaurants erfolgten. Und das renommierte Wissenschaftsmagazin «European Journal of Clinical Investigation» hielt gar fest, dass in keinem einzigen untersuchten europäischen Land ein signifikanter positiver Effekt von strengen Lockdown-Massnahmen zu verzeichnen sei.
Im Klartext: Die beabsichtigte Wirkung auf die Eindämmung des Virus ist vernachlässigbar, dafür steigen die wirtschaftlichen und sozialen Kollateralschäden ins Unermessliche.
6 Punkte zur Bewältigung der Krise
Wie also sähe eine vernünftige und angemessene Krisenbewältigung jetzt aus?
Entscheidend sind folgende Punkte:
- Die Risikogruppen, also vor allem ältere Menschen, sind konsequent zu schützen;
- Die Impfkampagnen sind fortzuführen. Die Kantone leisten hier überwiegend gute Arbeit. Das Nadelöhr liegt beim Bund, da immer noch zu wenig Impfdosen zur Verfügung stehen;
- Läden, Bars und Restaurants sind ab sofort wieder zu öffnen, natürlich unter Beibehaltung der Hygienemassnahmen;
- Das zielgerichtete, regelmässige Testen («Screening») muss schleunigst hochgefahren werden. Es gibt heute intelligente und schnelle PCR-Tests, die Infizierte erkennen, noch bevor sie ansteckend sind. Damit können «U-Boote» herausgefiltert und pandemiefreie Inseln geschaffen werden, in denen wieder ein normales Leben möglich ist.
- Für ein grossflächiges Testen braucht es innovative und unbürokratische Lösungen: Mittels Pooling, also der gleichzeitigen Auswertung einer grossen Zahl von Entnahmen, kann das Testtempo exponentiell beschleunigt werden.
- Gleichzeitig müssen Bund und Kantone rasch Hand bieten, auch unkonventionelle Wege freizugeben. Denn die Laborkapazitäten werden an ihre Grenzen stossen, wenn täglich Hunderttausende von Tests durchgeführt werden. Einfache Alternativen bestehen in den Laboren etwa der seuchenerprobten Veterinärmedizin oder der Lebensmittelinspektorate. Es kann und darf nicht sein, dass schläfrige Behörden Lösungen blockieren, die Menschenleben retten und das Verpulvern von zig Milliarden Franken in no time verhindern
Fazit: Wenn wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und rasch die richtigen Massnahmen ergreifen, dann können wir das Virus an der Gurgel packen – und gleichzeitig als Individuen wie auch als Volkswirtschaft wieder durchatmen.