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Kanton
06.06.2025
06.06.2025 20:51 Uhr

Fünf Rückblicke auf Junisession

Die Guggenmusik «Bazzaschütler» läutete an der Junisession Walter Freunds Präsidialjahr ein. Die Grünen fanden eines der Lieder fragwürdig.
Die Guggenmusik «Bazzaschütler» läutete an der Junisession Walter Freunds Präsidialjahr ein. Die Grünen fanden eines der Lieder fragwürdig. Bild: BC
Während der Junisession vom 2. bis 4. Juni 2025 fällte der St.Galler Kantonsrat teils brisante Entscheide. SP, Mitte-EVP, Grüne, TCS und Hauseigentümerverband ziehen Bilanz.

SP beklagt Angriff der rechtsbürgerlichen Ratsmehrheit

Auf Druck von SVP und Mitte hat die Regierung widerwillig einen Gesetzesnachtrag in die Vernehmlassung geschickt, wonach für anerkannte und vorläufig aufgenommene Geflüchtete im Fall des Bezugs von Sozialhilfeleistungen die freie Wohnortswahl eingeschränkt werden soll. Bereits bei der Beratung der Motion haben Regierung und SP-Fraktion darauf hingewiesen, dass diese Regelung völkerrechtswidrig wäre. Dies wurde durch ein Rechtsgutachten bestätigt, welches ebenfalls festhält, dass sie zudem gegen Bundesrecht verstösst. Eine Einschränkung der Wohnortwahl kann nicht gerechtfertigt werden.

Im rechtsbürgerlich dominierten Rat blieb der Antrag auf Nichteintreten der SP-GRÜNEN-GLP-Fraktion ebenso chancenlos wie der Antrag der Regierung, an ihrem eigenen Antrag auf Nichteintreten festzuhalten. Im Gegenteil, der Kantonsrat hat sogar noch Verschärfungen, die durch die vorberatende Kommission eingebracht wurden, gutgeheissen. Der Antrag der Regierung auf Streichung eines Artikels, der will, dass geflüchtete Personen mit Landesverweisung von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden und ausschliesslich Nothilfe bekommen, fand genauso wenig Gehör. Dies, obwohl das Bundesgesetz hierzu eine klare Regelung kennt. Diese besagt, dass sowohl für Personen mit Landesverweisung als auch für solche mit einer rechtskräftigen Ausweisung bezüglich Sozialhilfestandards die gleichen Bestimmungen gelten wie für geflüchtete Personen, denen Asyl gewährt wurde. SP-Kantonsrat Dario Sulzer ist überzeugt: «Dieses Gesetz wird vor Bundesgericht keinen Bestand haben.» Die SP setzt sich weiterhin ein für soziale Gerechtigkeit und die Gleichbehandlung aller Menschen.

Kinderbetreuung: FDP stellt plötzlich einkommensabhängige Tarife infrage

Das Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung, womit ein kantonal einheitliches Vergünstigungssystem eingeführt werden soll, geht nochmals zurück in die vorberatende Kommission. Dies, weil die FDP plötzlich und kurzfristig die einkommensabhängigen Tarife infrage stellt und das Mindestpensum erhöhen will. Das ist ein Angriff auf den Kern der Vorlage, in höchstem Masse unsozial und für die SP inakzeptabel. Deshalb hat die SP-GRÜNE-GLP-Fraktion den Rückweisungsantrag unterstützt, der dann im Rat eine Mehrheit gefunden hat. Die vorberatende Kommission hat nun den Auftrag zu klären, auf welcher Staatsebene und in welcher Form die einkommensabhängigen Tarife gewährt werden sollen.

Neubau des BWZ in Rapperswil-Jona beschleunigt

Die SP zeigt sich erfreut über die Zusicherung, dass die Umsetzung des neuen Berufs- und Weiterbildungszentrums im Südquartier von Rapperswil-Jona beschleunigt angegangen wird. Dass eine Tiefgarage auf Kosten des Kantons abgelehnt wurde, ist ebenfalls positiv zu werten.

SP Kanton St.Gallen

Mitte-EVP sehr zufrieden wegen WilWest und BWZ

Die Mitte-EVP-Fraktion nimmt mit grosser Befriedigung zur Kenntnis, dass der Kantonsrat zwei wichtige Projekte von regionaler und kantonaler Tragweite verabschiedet hat. Mit dem Entscheid, dem BWZ Rapperswil-Jona einen Neubau zur Verfügung zu stellen, wird die aktuell untragbare Situation für Lernende und Lehrpersonen angegangen. Weiter ist erfreulich, dass die Kantonspolizei sich im neuen Interventionszentrum des Bundes in St.Margrethen einmieten kann, wodurch die Sicherheit in unserem Kanton gestärkt wird.

Ein Ja zum Standort Ostschweiz

Nur mit WilWest wird der dringend benötigte Autobahnanschluss in Wil gebaut, welcher auch den Zubringer ins Toggenburg merklich entlasten wird. Die grosszügige und freiwillige Kompensation von Fruchtfolgeflächen mit rund 3.8 Mio. Franken nimmt die Anliegen der Landwirtschaft ernst. Das auch auf eidgenössischer Ebene wegweisende Projekt, wird den Standort Ostschweiz stärken, Arbeitsplätze schaffen und Mehrwert für die Gesellschaft und die Wirtschaft generieren. Aus diesen Gründen unterstützt die Mitte-EVP-Fraktion WilWest klar.

Ja zu fairen Steuern für alle

Das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung hat massive Auswirkungen auf die Kantone und die Gemeinden, auch im Kanton St.Gallen. Die Botschaft des Bundesrates zeigt auf, dass der Systemwechsel neue Ungerechtigkeiten erzeugen würde. Zahlreiche Familien, aber auch Alleinstehende, würden durch die Reform massive steuerliche Mehrbelastungen tragen müssen. Die Mitte setzt sich mit ihrer Fairness-Initiative für eine ausgewogene Lösung ein, die dem bewährten Steuersystem entspricht. Die Mitte ist bereit, dazu das Referendum zu unterstützten. Ein Referendum kann auch durch acht Kantone ergriffen werden, wozu die Mitte-EVP-Fraktion und der Kantonsrat die Regierung nun aufgefordert haben.

Solidarität mit dem Lötschental

Der massive Berg- und Gletscherabbruch im Lötschental stellt die Einwohnerinnen und Einwohner von Blatten vor riesige Herausforderungen. Viele Menschen haben alles verloren. Der Kantonsrat zeigt sich mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Lötschentals solidarisch und spricht für sie Soforthilfe aus dem Lotteriefonds. Direkt wird die Gemeinde Blatten mit 300'000 Franken Soforthilfe unterstützt. Weiter wird eine Million Franken aus dem Lotteriefonds zur Verfügung gestellt, um mittelfristig Aufräumarbeiten, den Wiederaufbau oder auch Folgeprojekte zu unterstützen.

Mitte-EVP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Grüne: «Viel Fragwürdiges und Ernüchterndes»

Aus der Sommersession des Kantonsrates gibt es aus Sicht der Grünen wiederum viel Fragwürdiges und Ernüchterndes zu berichten. Sogar das Ständchen für den neuen Kantonsratspräsidenten sorgte für Irritationen.

Grüne fordern Volksabstimmung über WilWest

Die Grünen Kanton St.Gallen haben sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Projekt WilWest auseinandergesetzt, auch kantonsübergreifend mit den Grünen Thurgau. In diesem Rahmen wurde ein ausführliches Positionspapier verfasst. Die Haltung der Grünen gegenüber dem Projekt war stets «konstruktiv-kritisch».

Im Hinblick auf den angestrebten Landverkauf vom Kanton St.Gallen an den Kanton Thurgau haben die Kantonsregierungen das Projekt überarbeitet, wobei einige Forderungen der Grünen zur nachhaltigen Gestaltung des Arbeitsplatzgebietes aufgenommen wurden. Das Gesamtvorhaben WilWest umfasst jedoch auch einen neuen Autobahnanschluss mit Zufahrtsstrassen. Der Ausbau von Infrastrukturen führt per se zu einer Verkehrszunahme, dem sogenannten induzierten Verkehr. Um zu gewährleisten, dass das Siedlungsgebiet von Wil mit der Realisierung von WilWest nicht durch zusätzlichen motorisierten Verkehr belastet wird, haben die Grünen im Kantonsrat einen Antrag gestellt, wonach zum Zeitpunkt der Realisierung des Anschlusses verkehrsberuhigende Massnahmen, insbesondere Temporeduktionen, umgesetzt sein müssten. Der Antrag wurde deutlich abgelehnt. Die rechtsbürgerliche Mehrheit gab klar zu verstehen, dass sie eine weitere Zunahme des motorisierten Verkehrs billigend in Kauf nimmt.

Unter diesen Umständen werden die Grünen die Vorlage in der zweiten Lesung voraussichtlich ablehnen. Auf jeden Fall werden sie für ein Ratsreferendum votieren. Der Umstand, dass die Politik das Projekt WilWest trotz negativer Volksabstimmung im September 2022 weiter vorantreibt, stösst teilweise auf Unverständnis. Eine erneute Volksbefragung erscheint deshalb zwingend.

PFAS 1: Dringliche Interpellation zum Fleischskandal

Die Grünen haben eine dringliche Interpellation zur PFAS-Fleischskandal eingereicht. Darin fordern die Leiterin der grünen Kantonsratsgruppe, Tanja Zschokke und Parteipräsident Daniel Bosshard einen konsequenten Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten vor hochbelastetem PFAS-Fleisch. Sie erwarten unter anderem, dass ein Verkaufsstopp von PFAS-Fleisch erfolgt, wenn die gesetzlichen Höchstwerte überschritten sind. Weiter wird gefordert, dass die Regierung sich für eine überkantonale Zusammenarbeit im Umgang mit PFAS einsetzt, solange kein nationaler Aktionsplan vorliegt. Zudem wird auf den Missstand hingewiesen, dass Fleisch von Tieren aus dem PFAS-Risikogebiet nur dann getestet wird, wenn die Tiere im Kanton St.Gallen geschlachtet werden.

Auch wenn die Interpellation vom Kantonsrat nicht als dringlich erklärt wurde, hat der zuständige Regierungsrat Bruno Dammann zugesichert, dass die Beantwortung noch vor den Sommerferien erfolgen wird. Um den Druck auf die Regierung zu erhöhen, haben die Grünen eine Petition lanciert.

PFAS 2: Ressourcenerhöhung für Gewässerschutz

In Folge der Gewässerverschmutzungen mit PFAS durch das multinationale Unternehmen Amcor in Goldach haben die Grünen verschiedene Vorstösse eingereicht, unter anderem zur Schaffung einer umweltspezialisierten Staatsanwaltschaft und zur Stärkung der Kontroll- und Vollzugsstrukturen. Diese Anliegen finden sich nun im Massnahmenpaket zum Bericht «Umweltchemikalien in Gewässer» der Regierung wieder. Die Massnahmen gehen in die richtige Richtung, jedoch müssten aus Sicht der Grünen für einen wirksamen Gewässerschutz die personellen Ressourcen stärker erhöht werden, als von der Regierung vorgeschlagen. Ein entsprechender Antrag der SP-Grünen-GLP-Fraktion wurde vom Kantonsrat abgelehnt. Ein Antrag von der rechtsbürgerlichen Gegenseite, die von der Regierung vorgeschlagene minimale Personalerhöhung um 300 Stellenprozente zu streichen, fand eine Mehrheit – ein weiterer bedenklicher Entscheid zu Lasten des Gewässerschutzes und der Gesundheit der Bevölkerung.

Rechtswidrige Anpassung im Sozialhilfegesetz

Der Kantonsrat hat in erster Lesung ein Gesetz verabschiedet, das klar rechtswidrig ist. Anerkannten Flüchtlingen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, soll es in Zukunft verunmöglicht werden, in jene Gemeinde zu ziehen, in der sie wohnen möchten. Dass mit grosser Wahrscheinlichkeit dereinst das Bundesgericht dem neuen Gesetz die Anwendung versagen wird, und für die Gemeinden eine rechtsunsichere Situation entsteht, interessiert die Mehrheit des Kantonsrates nicht.

Fragwürdiges musikalisches Intermezzo

Am Sessionsmontag wurde Walter Freund von der SVP für ein Jahr als Kantonsratspräsident gewählt. Es ist üblich, dass nach der Neubesetzung der obersten St.Gallerin resp. des obersten St.Gallers im Kantonsratsaal ein musikalisches Intermezzo stattfindet. In diesem Jahr waren dies die Guggenmusig «Bazzaschüttler» aus Eichberg, die Walter Freund mitgegründet hat und in der aktuell dessen Sohn und SVP-Kantonsrat Christian Freund mitspielt. Als erstes von drei Liedern wurde «l’amour toujours» Gigi d’Agostino performt. Die Grünen erachten die Songauswahl mehr als fragwürdig. Seit dem «Sylt-Vorfall» ist dieses Lied von den Rechtsextremen gekapert worden und politisch stark konnotiert. Auch wenn sich der Komponist davon distanziert hat und der Song auf keinen Fall zensiert werden soll, hatte die Aufführung anlässlich der Wahl eines Rechtskonservativen zum Kantonsratspräsidenten einen fahlen Beigeschmack. Die Frage drängt sich auf, ob es sich um eine bewusste Provokation handelt.

Grüne Kanton St.Gallen

TCS begrüsst Entscheide des Kantonsrats

Die TCS Sektion St.Gallen – Appenzell I.Rh. begrüsst die in der Sommersession des St.Galler Kantonsrats getroffenen Entscheide hinsichtlich einer zukunftsgerichteten, ausgewogenen und vernünftigen Verkehrspolitik. Die Überweisung eines Standesbegehren und die Gutheissung von zwei Motionen im Bereich der Verkehrspolitik erachtet die TCS Sektion als wichtiges Zeichen zu einem richtigen Zeitpunkt.

Wichtige Beschlüsse des St.Galler Kantonsrats

Das Standesbegehren der SVP-Fraktion / Die Mitte-EVP-Fraktion / FDP-Fraktion «Die Ostschweiz steht hinter der dritten Röhre Rosenbergtunnel und der zweiten Röhre Fäsenstaubtunnel» wurde mit 80 JA zu 25 Nein-Stimmen gutgeheissen. Die Ostschweiz und insbesondere der Kanton St.Gallen steht somit geschlossen hinter dem Erhalt und Ausbau der Nationalstrassen. Die Verhinderung eines Verkehrskollapses während der Sanierungsarbeiten des Rosenbergtunnels steht dabei im Zentrum. Die Gegnerschaft versuchte in den letzten Tagen, den Entscheid des Kantonsrates zu beeinflussen. Insbesondere wurde den Befürwortern des Standesbegehrens Demokratiefeindlichkeit und Missachtung des Volkswillens vorgeworfen. Die TCS Sektion SG-AI stellt sich mit Vehemenz gegen diese Vorwürfe. Von den Gegnern des Autobahnausbaus wird ausgeblendet, dass sämtliche Ostschweizer Kantone dem Ausbauschritt zugestimmt haben. Die Schweizer Stimmbevölkerung hat über sechs Projekte abgestimmt und diese in der Mehrheit abgelehnt. Sie konnte aber nur über alle sechs Teil-Vorlagen eine einzige Stimme einheitlich abgeben. Die Ostschweizer Kantone haben indes zugestimmt. Von einer Missachtung des Ostschweizer Volkswillens kann also kaum die Rede sein.

Die Motion der SVP-Fraktion / FDP-Fraktion / Die Mitte-EVP-Fraktion «Anpassung der Zuständigkeiten für Verkehrsanordnungen und Signalisationen» wurde mit 68 Ja zu 30 Nein und 5 Enthaltungen gutgeheissen. Dies ist ein weiteres wichtiges Zeichen des St.Galler Kantonsrats gegen die zahlreichen ideologisch geprägten Verkehrsanordnungen der Stadt St.Gallen. In den letzten Jahren wurden oft Verkehrsanordnungen durch die Exekutive der Stadt St.Gallen in Auftrag gegeben. Es hat sich an vielen Beispielen gezeigt, dass diese Anordnungen weder sicherheitstechnisch noch aus Gründen von Lärmemissionsbegrenzungen notwendig waren. Die Zuständigkeit für Verkehrsanordnungen soll nun beim Kanton liegen. Er ist verantwortlich für die Erschliessung und Erreichbarkeit des ganzen Kantons – und somit auch für die Stadt St. Gallen, zumal sie ein regionaler und nationaler Verkehrsknotenpunkt ist. Diese Anpassung ist kein Angriff auf die Gemeindeautonomie der Stadt St.Gallen, wie es oft von links-grünen Kreisen postuliert wird. Sämtliche anderen Gemeinden im Kanton St.Gallen haben keine vergleichbare Regelung, dass sie selbst Anordnungen erlassen können. Somit werden im Kanton bezüglich der Verkehrsanordnungen nun alle Gemeinden gleichgestellt.

Die Motion der Die Mitte-EVP-Fraktion / SVP-Fraktion «Keine künstlichen Leistungsreduktionen auf Kantonsstrassen» wurde mit 79 Ja zu 27 Nein und 3 Enthaltungen gutgeheissen. Diese Motion fordert die Regierung auf, endgültig den Einsatz von sogenannten «Pförtner-Anlagen» zu regeln. Die Kantonsstrassen müssen in ihrer Funktion, der Bewältigung des Verkehrsaufkommens aller Mobilitätsträger, gerecht werden. Es soll nicht mehr erlaubt sein, dass untergeordnete örtliche Strassennetze zur Entlastung von einzelnen Siedlungsgebieten höher gewichtet werden, als die Sicherstellung des Verkehrsflusses und die Einhaltung der Funktion der Hauptverkehrsachsen.

Wende in der städtischen Verkehrspolitik

Die Mehrheit des St.Galler Kantonsrats hat nun ein bedeutendes Signal gegen die ideologisch geprägte Verkehrspolitik der Stadt St.Gallen gegeben. Die städtische Mobilitätspolitik ist seit Jahren davon geprägt, dass wichtige Infrastrukturprojekte verzögert und teils bekämpft werden. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) und der Güter- und Gewerbeverkehr werden sukzessive aus der städtischen Verkehrsplanung ausgeschlossen. Verkehrsanordnungen für Tieftempozonen werden zur Tagesordnung. Die TCS Sektion St. Gallen - Appenzell I.Rh. fordert nun eine Neuausrichtung der städtischen Verkehrspolitik. Diese soll ausgewogen sein und alle Mobilitätsträger berücksichtigen. Verkehrsanordnungen für Tieftempozonen sollen sachlich und nicht ideologisch angewendet werden. Repräsentative Umfragen im Auftrag des TCS zeigen, dass die Mehrheit der Bewohnenden in der Stadt St.Gallen ein differenziertes Temporegime wünscht. Auf verkehrsorientierten Hauptstrassen muss generell 50 gelten, während auf siedlungsorientierten Strassen wie in Quartieren Tempo 30 eingeführt werden kann, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Begegnungszonen können in Ausnahmefällen erstellt werden, sofern alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

TCS Sektion St.Gallen – Appenzell Innerrhoden

Erfolgreiche Session für Hauseigentümerverband

In der am Mittwoch zu Ende gegangenen Sommersession des Kantonsrates konnten wieder mehrere Pflöcke im Sinne des Haus- und Grundeigentums eingeschlagen werden. Es zeigte sich einmal mehr, wie stark die vom Hauseigentümerverband geführte parlamentarische Gruppe Haus- und Grundeigentum ist. Mit 89 Mitgliedern ist sie die stärkste Interessengruppe im St.Galler Kantonsrat.

Erreichbarkeit verbessern

Bereits am ersten Sessionstag sprach sich der Kantonsrat deutlich für das Standesbegehren aus, das beim Bund eine rasche Realisierung zentraler Nationalstrassenprojekte in der Ostschweiz fordert. Unter anderem sollen die 3. Röhre des Rosenbergtunnels mit dem Zubringer Güterbahnhof in St.Gallen im nächsten Ausbauschritt des Nationalstrassennetzes wieder aufgenommen werden. Denn die Erreichbarkeit ist für die Attraktivität der Ostschweiz essenziell – ob für Eigentümerinnen und Eigentümer oder für Unternehmen.

Ruben Schuler, Geschäftsführer der Gruppe Haus- und Grundeigentum, führte in seinem Votum drei zentrale Gründe für das Standesbegehren an: «Erstens sagte die St.Galler und Ostschweizer Bevölkerung geschlossen Ja zu den Vorhaben. Zweitens bleiben die grössten Mobilitätsprobleme der Ostschweiz ungelöst.» Gerade in St.Gallen brauche es zeitnah eine Lösung, um die bestehenden Röhren ohne verkehrstechnischen Super-Gau sanieren zu können. Als dritten Grund ergänzte Schuler, dass bisher in der Ostschweiz deutlich weniger in den Nationalstrassenbau investiert wurde als in jeder anderen Schweizer Region.

Eine deutliche Mehrheit des Kantonsrates sah es gleich und überwies die Vorlage mit 80 zu 25 Stimmen.

Planungsstillstand verhindern

Angesichts eines drohenden jahrelangen Moratoriums bei Sondernutzungsplänen brachte die Gruppe Haus- und Grundeigentum eine dringliche Motion ein, die vom Kantonsrat kurz vor Sessionsende mit 97 Stimmen ohne Gegenstimme ebenfalls gutgeheissen wurde. Bis 2027 müssen alle St.Galler Gemeinden ihre Zonenpläne und Baureglemente überarbeiten. Für die Übergangszeit drohen nun bei Sondernutzungsplänen, die eine höhere Innenverdichtung ermöglichen, jahrelange Stillstände. Denn Sondernutzungspläne nach altem Recht werden nur noch bis zur Auflage der Nutzungsplanung nach neuem Recht genehmigt. Gleichzeitig können Sondernutzungspläne nach neuem Recht zwar genehmigt, aber erst nach Inkraftsetzen der neuen Nutzungsplanung umgesetzt werden. Je nach Verzögerungen durch Rechtsmittelverfahren droht damit ein jahrelanger Planungs- und Baustillstand.

Patrick Dürr, Vizepräsident des HEV Kanton St.Gallen und Präsident der Gruppe Haus- und Grundeigentum, vertrat im Rat die ebenfalls von allen drei bürgerlichen Fraktionen eingereichte dringliche Motion. «Das drohende Moratorium wäre mit einem enormen volkswirtschaftlichen Schaden verbunden und muss unbedingt verhindert werden», brachte Dürr die Dringlichkeit auf den Punkt. Mit der Gutheissung der Motion ist die Regierung nun beauftragt, innert Jahresfrist einen Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz auszuarbeiten. Angeregt wird im Vorstoss, die Geltung des alten Rechts trotz erfolgter Auflage des neuen Nutzungsplanes während einer Übergangsfrist auszudehnen.

Hauseigentümerverband (HEV) Kanton St.Gallen

Redaktion Linth24