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Schweiz
19.04.2025
20.04.2025 06:23 Uhr

Die Zensur des Bundesratssprechers

Schaut genau hin: Bundesratsaufpasser Oliver Washington.
Schaut genau hin: Bundesratsaufpasser Oliver Washington. Bild: EJPD
An der Schule Rämibühl sorgt eine Maturaarbeit für helle Aufregung. Sie geht soweit, dass ein Dok-Film einer Schülerin vorübergehend verboten wird.

Die Vorgänge in Bundesbern, die diese Woche von diversen Medien publik gemacht wurden, zeigen einen der grössten Missstände in der politischen Kommunikationskultur – die Irrgänge ehemaliger Journalisten nach dem Frontenwechsel.

Vom Investigativjournalisten zum Schulmeister

Oliver Washington, früher gefeierter Interviewer und Investigativjournalist bei Radio SRF, avancierte zum schulmeisterlichen Zensor. Der vermeintliche Kommunikationsprofi, seit Anfang 2024 im Dienst von SP-Bundesrat  Beat Jans, intervenierte bei einer Maturaarbeit einer Schülerin am Zürcher Gymnasium Rämibühl und untersagte es der jungen Frau, einen Dok-Film über den Kommunikationsstil seines Chefs öffentlich zu machen.

Der Titel des Films gehört mittlerweile schon fast zum öffentlichen Allgemeingut:  «Beat Jans – authentischer Kommunikator oder kalkulierender Schweiger?».

Geschwärzt und zensuriert

Auch der grösste Teil der schriftlichen Arbeit war plötzlich geschwärzt, wie unter anderen die «Neue Zürcher Zeitung» berichtete.

Die Geschichte warf hohe Wogen. Im Internetportal «Inside Paradeplatz» wurden Washington «Sowjet-Methoden» unterstellt. Auch viele andere Medien zogen nach. Nun krebst der Gescholtene zurück – und gibt den Film zur Veröffentlichung frei.

Washington krebst zurück

In einer Stellungnahme sagt Washington: «Aufgrund des grossen medialen Interesses habe ich entschieden, dass die Schule den Film im normalen Rahmen in der Schule zugänglich machen kann.»

Keine Transparenz

Wer nun aber auf die grosse Transparenz hofft, sieht sich getäuscht. Die Schule denkt nicht daran, den Film herauszugeben. Auf Anfrage der NZZ schreibt sie in einem Statement: «Der Matura-Arbeitsprozess inklusive Ausstellung ist mit den Frühlingsferien beendet, und weder Film noch Maturaarbeit sind für die Öffentlichkeit einsehbar.» Nur: Gemäss den Angaben auf der Homepage der Schule läuft die Ausstellung der Maturaarbeiten noch bis zum 9. Mai.

Eine grosse Siegerin gibt es in dieser speziellen Ostergeschichte aber definitiv – die drehbuchschreibende Schülerin. Wohl noch nie stiess eine Maturaarbeit auf derartiges Interesse.

Würde der Film vom Schweizer Fernsehen (SRF) ausgestrahlt, Top-Quoten wären garantiert.

Thomas Renggli