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26.02.2025
26.02.2025 07:34 Uhr

Prozessauftakt Tötung in Oetwil

Zwei Beschuldigte und ein Zeuge geben Einblicke in das Tötungsdelikt von Oetwil. (Symbolbild)
Zwei Beschuldigte und ein Zeuge geben Einblicke in das Tötungsdelikt von Oetwil. (Symbolbild) Bild: pexels.com / Ekaterina Bolovtsova
Im Oktober 2022 kam es in einer Wohnung in Oetwil am See zu einem eskalierenden Streit. Ein 17-Jähriger verlor dabei sein Leben. Nun hat der Prozess begonnen.

Kaum ein Stuhl im Saal 1 des Bezirksgerichts Meilen blieb am Montag leer. Über zwei Dutzend Zuschauer wollten erfahren, was hinter einem tragischen Gewaltdelikt am Zürichsee steckt.

Nach einem Streit unter vier Drogendealern starb im Oktober 2022 ein 17-Jähriger an Stichverletzungen. Die anderen drei Männer wurden teils schwer verletzt. Am Montag begann der zweitägige Prozess.

Bewaffnet zum Drogendeal

Die Staatsanwaltschaft schildert den Abend im Oktober 2022 wie folgt: Ein 19- und ein 24-jähriger Schweizer warteten in einer Wohnung in Oetwil mit einem halben Kilogramm Marihuana.

Kurz nach 23:00 Uhr erscheinen die Käufer: ein Serbe aus Horgen und der spätere Tote, ein Portugiese aus Thalwil. Sie hatten eine Schreckschusspistole und möglicherweise ein Klappmesser dabei.

In der Küche zücken sie ihre Waffen, um das Marihuana ohne Bezahlung zu erhalten. Die beiden Schweizer versuchen, sie zu entwaffnen. Bei der Auseinandersetzung werden alle verletzt. Der Portugiese stirbt kurz darauf.

Zwei Beschuldigte 

Zweieinhalb Jahre später stehen der jüngere Schweizer und der Serbe vor Gericht. Die Anklage lautet auf vorsätzliche Tötung beziehungsweise versuchten Raub.

Ein Drogendeal wird von niemandem bestritten. Auch, dass der Serbe die Pistole gezückt hat. «Wir wollten sie ausnehmen», gestand er vor Gericht. Er habe damals nicht weit gedacht und sei jung und dumm gewesen.

Unklare Abläufe 

Wer wen mit welcher Waffe verletzt hat, bleibt umstritten. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der 19-jährige Schweizer ein Messer nutzte – ob aus der Wohnung oder von den Kontrahenten, ist unklar. Damit soll er die Gegner lebensgefährlich verletzt haben.

Der Portugiese und der Serbe konnten mit tiefen Schnittwunden aus der Wohnung fliehen. Der Serbe rief noch einen Busfahrer um Hilfe, bevor er zusammenbrach. Für den 17-jährigen Portugiesen kommt jede Hilfe zu spät. Er versteckte sich unter einem parkierten Lastwagen und verblutete um Mitternacht.

«Hatte Angst um mein Leben»

Vor Gericht erinnerte sich der Schweizer, wie er in den Lauf der Pistole blickte. «Ich hatte Angst um mein Leben.» Der Portugiese habe zudem mit einem Messer herumgefuchtelt. Welches genau, ist unklar. Sicher ist, dass der Schweizer es ihm entriss.

Der Serbe sagte, er habe nicht mit solcher Gegenwehr gerechnet. Er habe den verletzten Portugiesen aus der Wohnung gestossen, dabei sei dieser vom Schweizer zweimal in den Rücken gestochen worden.

Viele offene Fragen

Wer wen verletzt hat, bleibt trotz Befragungen unklar. Die Beschuldigten haben Erinnerungslücken. Sie wollen das Erlebte verdrängen.

Ein älterer Schweizer, der als Zeuge geladen war, schilderte unter tränen, dass er ohne Medikamente nicht mehr schlafen könne.

Auch er versuche das Erlebte zu vergessen. An seine früheren Aussagen, dass der beschuldigte Schweizer ihm nach dem Vorfall erzählte, dass er «die beiden abgestochen habe», konnte er sich vor Gericht nicht mehr erinnern.

Gegen den damals 24-Jährigen sind ebenfalls Ermittlungen gelaufen. Er kam jedoch mit einem Strafbefehl wegen eines Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz davon. Gegen diesen wehrt er sich in einem separaten Verfahren.

Gewalt, Drogen und keine Ausbildung

Die Befragungen gaben auch Einblick in die Biografien der Angeklagten. Keiner hat einen Lehrabschluss, beide haben eine Drogenvergangenheit. Der Schweizer konsumierte täglich acht Joints.

Der Serbe wuchs in der Schweiz auf und erlebte früh Gewalt durch seinen Vater. Schon mit 13 nahm er harte Drogen. Heute sitzen beide im vorzeitigen Strafvollzug und haben Zukunftspläne.

Lange Freiheitsstrafen drohen

Die Staatsanwaltschaft fordert für den 22-jährigen Schweizer eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren in einer Einrichtung für junge Erwachsene.

Dem Serben drohen vier Jahre Haft sowie eine Landesverweisung. Zudem soll er Jugendliche am Bahnhof Enge ausgeraubt haben.

Für beide gilt die Unschuldsvermutung. Ihre Verteidiger werden ihre Anträge am zweiten Verhandlungstag stellen.

Zuerich24