Lehrerverband kritisiert «Hauruckübung»
Diese Woche hat der Regierungsrat des Kantons St.Gallen die Anpassung der Lektionentafeln der Volksschule genehmigt und kommuniziert. Es sollen per Schuljahr 2025/26 je vier Lektionen auf der Primar- und auf der Oberstufe gestrichen werden. Dadurch sparen die Schulträger/Gemeinden rund sechs Millionen Franken jährlich auf Kosten der Schülerinnen und Schüler.
Fehlender Einbezug der Verbände
Für den Kantonalen Lehrerinnen- und Lehrerverband KLV St.Gallen ist diese Anpassung eine Hauruck-Übung. Aufgrund des Drucks des Verbands der St.Galler Volksschulträger suchte der Bildungsrat in kurzer Zeitspanne nach Möglichkeiten, wie durch Streichen von Lektionen der Schülerinnen und Schüler der finanzielle Aufwand für die Schule verkleinert werden kann. In seinem Beschluss stützt sich nun die Regierung auf Antrag des Bildungsrats, genau wie der SGV, lediglich auf das zu erreichende Sparvolumen ab. Der KLV St.Gallen vermisst im Entscheid die pädagogischen Überlegungen, welche zu den Kürzungen geführt haben.
Zudem kritisiert der KLV St.Gallen, dass dem Entscheid keine ordentliche Vernehmlassung bei den Akteurinnen und Akteuren der Bildungspolitik vorangegangen ist. Dies ist bei weitreichenden Entscheidungen üblich und ermöglicht besser verständliche sowie besser abgestützte Entscheide.
Interkantonale Richtwerte werden immer mehr unterschritten
Bereits heute bewegen sich die Lektionenzahlen der Primarschule im Bereich von Natur, Mensch und Gesellschaft (NMG) und Französisch unterhalb der Vorgaben des Deutschweizer Lehrplans 21. Mit den beschlossenen weiteren Kürzungen von NMG in der 4. Klasse und Französich in der 5. Klasse wird die Situation verschärft. Mit der Kürzung von Musik in der 6. Klasse fällt der Kanton St.Gallen ebenfalls unter den Richtwert. In der 3. Oberstufe (je bei Sek, Real und Kleinklasse) wird eine Lektion bei den individuellen Schwerpunkten gestrichen, welche die Schülerinnen und Schüler nach Interesse wählen können. Dies könnte zu Lasten des musisch-gestalterischen Fachbereichs gehen. Zusätzlich werden in der Beruflichen Orientierung der 3. Real eine Lektion gekürzt und die Vorgaben bei den Wahlfächern reduziert.
Auch der Lehrplan muss gekürzt werden
Für den KLV St.Gallen ist klar: Eine Kürzung in der Stundentafel erfordert auch eine Abspeckung der Lehrplaninhalte. Mit weniger Unterrichtsstunden in den gekürzten Fächern können nicht mehr dieselben Kompetenzen erreicht werden. Schliesslich darf die Kürzung der Lektionen nicht dazu führen, dass in weniger Zeit dasselbe gelehrt und gelernt werden muss und dadurch die Belastung von Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern erhöht wird. Es braucht daher zwingend Kürzungen im Lehrplan.
Heikler Sparentscheid
Die Arbeit in der Schule wird stetig aufwändiger. Dies merken vor allem die Klassenlehrpersonen, die in der Beratung der Schülerinnen und Schüler ausserhalb des Unterrichts sowie in der Zusammenarbeit mit Eltern und Fachpersonen immer mehr zu tun haben. Um den stetig wachsenden Arbeitsaufwand der Klassenlehrpersonen abzugelten, hat der Bildungsrat im Juni 2024 gut begründet beschlossen, ihnen ab Schuljahr 2025/26 eine zweite Entlastungslektion zu gewähren. Der Bildungsrat anerkennt dadurch ihre wichtige Aufgabe.
Der aktuelle Sparentscheid mit der Kürzung von Lektionen wird nun so begründet, dass ein Teil der Mehrkosten verursacht durch die Entlastung der Klassenlehrpersonen aufgefangen werden soll. Dass dies zu einem Teil auf dem Buckel der Kinder und Jugendlichen (weniger Bildungszeit) erfolgen soll, ist aus Sicht des KLV St.Gallen der falsche Ansatz. Der Aufwand in der Volksschule wächst vor allem aufgrund von äusseren Faktoren (wachsende Zahl von Schülerinnen und Schülern, steigender Förderbedarf, schlechtere sprachliche und soziale Ressourcen der Kinder etc.). Mit einem solchen Sparentscheid gefährdet die Regierung die Bildungsqualität im Kanton St.Gallen.
Kantonaler Lehrerinnen- und Lehrerverband St.Gallen (KLV)