Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Region
20.03.2024
20.03.2024 11:09 Uhr

Wieder Fussgängerin getötet

Oetwil am See: Hier starb eine 35-jährige Fussgängerin. Täter: Ein 19-jähriger Aufofahrer.
Oetwil am See: Hier starb eine 35-jährige Fussgängerin. Täter: Ein 19-jähriger Aufofahrer. Bild: Kantonspolizei Zürich
In Oetwil am See starb am Dienstag eine 35-jährige Frau. Sie wurde angefahren, als sie auf die Strasse trat. Dieser Tod ist kein Zufall und die Zahl der Toten ist viel zu hoch.

Im letzten Jahr wurden in der Schweiz 42 Fussgänger getötet und 476 schwer verletzt. Das berichtet das Bundesamt für Strassen (ASTRA). Würde diese Opferzahl bei einem Terrorangriff erreicht, wäre der Aufschrei gross und eine nationale Trauerwoche das Ergebnis. Nicht so bei Unfällen mit Fussgängern als Opfer.

(10 Meldungen über Fussgängerunfälle der letzten drei Monate am Ende des Artikels)

Eine von vielen Meldungen

Die Polizeimeldungen klingen oft banal und verbergen die Tragik. So auch diese aktuelle Meldung der Kantonspolizei Zürich:

«Bei einer Kollision zwischen einer Fussgängerin und einem Personenwagen am Montagmittag, 18.März 2024 in Oetwil am See hat die Passantin lebensbedrohliche Verletzungen erlitten. Sie ist in der Nacht auf Dienstag im Spital verstorben. Kurz vor Mittag ein 19-jähriger Automobilist auf der Esslingerstrasse Richtung Oetwil am See. Kurz nach dem Ortseingang betrat eine 35-jährige Fussgängerin unvermittelt die Fahrbahn. Sie wurde vom Personenwagen erfasst und erlitt schwerste Verletzungen. Die genaue Unfallursache ist zurzeit nicht geklärt und wird durch die Kantonspolizei Zürich und die zuständige Staatsanwaltschaft untersucht.»

Was bei dieser Meldung auffällt: Die Formulierung «Fussgängerin betrat unvermittelt die Fahrbahn» entspricht einer Vorverurteilung der Fussgängerin, bevor die Untersuchung abgeschlossen ist und beruht vermutlich auf der Aussage des 19-jährigen Fahrers.

Fussgänger sind kein Freiwild

Gegenüber den Jahren 2020 bis 2022 ist die Zahl der Unfälle gegen die schwächsten Teilnehmer am Verkehr stark angestiegen. Der Verein «Fussverkehr» nimmt diese alarmierenden Erkenntnisse auf und kommt zum Schluss, dass die Massnahmen gegen das Coronavirus, insbesondere das vermehrte Homeoffice, in den Jahren 2020–2022 einen positiven Einfluss auf die Unfallzahlen im Fussverkehr hatten.

Doch damit sei es nun vorbei und die Politik versage in weiten Teilen.

Mit Tempo 30 gegen Todesfälle

Der Verein schreibt: «In Anbetracht der Zunahme der getöteten und schwerverletzten Fussgänger nimmt Fussverkehr Schweiz mit Befremden zur Kenntnis, dass das Parlament den Einsatz von Tempo 30 beschneiden möchte. Damit werde eine effiziente und kostengünstige Massnahme eingeschränkt, mit der viel Leid verhindert werden könnte.»

Gemäss einer Studie der BFU (Beratungsstelle für Unfallverhütung) würde mit dem Einsatz von flächendeckendem Tempo 30 innerorts über ein Drittel aller schweren Unfälle verhindert.

Einseitige Berichterstattung

Die Mitteilung der Kantonspolizei Zürich zeigt, wie die Schuld an den Unfällen oft einseitig den Fussgängern zur Last gelegt wird. Dazu schreibt der Verein «Fussverkehr»: In der Berichterstattung über Unfälle würden oft Verhaltensregeln und Tipps vermittelt, die sich einseitig an die Fussgänger richten würden. Damit werde der Eindruck erweckt, dass die Fussgänger selber schuld seien, wenn sie verunfallen.

Die Zahlen zeigen jedoch eine andere Realität: Die Fussgänger werden nur in einem Fünftel aller Unfälle als hauptverursachende Verkehrsteilnehmergruppe bezeichnet.

Täter erziehen, nicht die Opfer

Präventionskampagnen sollen sich deshalb vermehrt an diejenigen richten, die für die Unfälle verantwortlich sind und nicht auf diejenigen, die darunter leiden.

Genau aus diesem Grund steht bei der Verkehrssicherheits-Kampagne «Stoppen für Schulkinder», welche Fussverkehr Schweiz zusammen mit dem VCS durchführt, das Verhalten der Fahrzeuglenkenden im Fokus.

Vortrittsregeln auf dem Fussgängerstreifen

Fussgängerinnen und Fussgänger haben nicht nur Vortritt, wenn sie sich bereits auf dem Fussgängerstreifen befinden, sondern schon, wenn sie auf dem Trottoir stehen und klar ersichtlich ihre Querungsabsicht zeigen. Lenkerinnen und Lenker müssen deshalb rechtzeitig die Geschwindigkeit reduzieren.

Fussgängerinnen und Fussgänger dürfen ihr Vortrittsrecht nicht erzwingen, wenn das Fahrzeug bereits so nahe ist, dass es nicht mehr anhalten kann. Der Abstand zum Fussgängerstreifen ist nicht definiert, aber das sich nähernde Fahrzeug muss rechtzeitig anhalten können, ohne brüskes Brems- oder Ausweichmanöver.

Wer zu Fuss unterwegs ist, muss beim Fussgängerstreifen unmissverständlich die Querungsabsicht anzeigen. Das geht am besten so: Vor dem Überqueren einen Halt einlegen und in die Richtung des Fahrzeuges schauen (das Handzeichen ist nicht obligatorisch, aber erlaubt). Um jedes Missverständnis auszuschliessen, sollten sich Fussgängerinnen und Fussgänger nur dann im Bereich des Fussgängerstreifens aufhalten, wenn sie tatsächlich überqueren wollen.

Wenn eine Verkehrsinsel oder eine Mittelinsel den Fussgängerstreifen in zwei Teile trennt, gilt jeder Teil des Übergangs als selbstständiger Streifen. Somit müssen Fussgängerinnen und Fussgänger, wenn sie die Mittelinsel erreichen, erneut sicherstellen, dass ihre Vortrittsbedingungen auch für den folgenden Teil des Übergangs erfüllt sind.

Quelle: BFU

Mario Aldrovandi, Linth24