Die Schweiz wird oft als die Wiege der Ziegenzucht bezeichnet. Zu Recht. Denn bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert wurden hierzulande erste Zuchtgenossenschaften gegründet, deren erklärte Zielsetzung es war, leistungsfähige Tiere hervorzubringen. Heute werden elf Ziegenrassen schweizerischen Ursprungs unterschieden, die — offiziell anerkannt — in einem Herdebuch registriert sind. Einige von ihnen wurden und werden wegen ihres hohen Milchertrags (die Saanenziege ist nur ein Beispiel) in alle Welt exportiert.
«Ziegenland» im Kinderzoo ermöglicht direkte Begegnungen
Der Begriff «Ziegenland» bedeutet in Knies Kinderzoo ein kürzlich umgestalteter Lebensraum, der ausschliesslich den in der Einrichtung gehaltenen Westafrikanischen Zwergziegen zugedacht ist, an Ort und Stelle aber auch in einem klar abgegrenzten Teilstück direkte Begegnungen mit den kleinwüchsigen Hornträgern zulässt, was — wie sich täglich zeigt — Kinder und Erwachsene gleichermassen schätzen. Die gebotene Gelegenheit, Tierindividuen mit ungleichartigen Charaktereigenschaften im schrankenlosen Kontakt persönlich kennenzulernen, soll insbesondere den jungen Gästen unvergessliche Erlebnisse bescheren, und darüber hinaus in der Hinsicht eine prägende Wirkung haben, dass sämtliche Schützlinge vorbehaltlosen Respekt verdienen. Letzteres lässt sich in der besagten Zooanlage vortrefflich lernen.
Die Domestikation der Ziege (sie zählt zu den ältesten Nutztieren) erfolgte höchstwahrscheinlich um 8'000 v. Chr. im Vorderen Orient. Wie alle anderen Hausziegenformen stammt auch die Westafrikanische Zwergziege von der Bezoarziege (Capra aegagrus) ab, einer Wildtierart, die in den von der Ägäis bis nach Pakistan sich erstreckenden Gebirgslandschaften heimisch ist. Hervorgegangen aus Ziegenbeständen, die einst von Asien über Ägypten nach West- und Zentralafrika gelangten, wird die farblich und in der Fellmusterung äusserst mutable, kurzhaarige Zwergform in den afrikanischen Herkunftsländern vornehmlich extensiv gehalten. Die frühreife und fruchtbare Rasse dient dort der Fleischgewinnung. In Europa, wohin Westafrikanische Zwergziegen im 17. Jahrhundert, so die Annahme, erstmals eingeführt wurden, erfüllen die Wiederkäuer divergierende Zwecke: Als beliebte Haustiere erfreuen sie weitherum eine Vielzahl von HobbyhalterInnen mit ihrer gewinnenden Wesensart. Andererseits werden hier und in den Vereinigten Staaten «Pygmy goats» in Forschungseinrichtungen zu Versuchen herangezogen.
Neugierig, zutraulich und nachts manchmal im Gepardengehege
Neugier und Zutraulichkeit sind zwei deutlich hervortretende Merkmale, die das Naturell der Westafrikanischen Zwergziege auszeichnen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass in zahlreichen zoologischen Gärten die populären Paarhufer der ihnen übertragenen Aufgabe, Kindern jeglichen Alters eine sinnlich wahrnehmbare Nähe zum Tier— ein reales Miteinander — zu ermöglichen, mit Bravour nachkommen, genauso wie im «Ziegenland» der Rapperswiler Institution. Die grossräumige, unterteilbare Anlage verfügt über etwelche (erforderliche) Rückzugsmöglichkeiten für die vierbeinigen Bewohner, von denen einzelne zu festgelegten Zeiten unter Anleitung kleine Kunststücke vollführen.
Zudem wissen Tierpflegerinnen interessante Informationen zu vermitteln. Auch werden die Zooziegen zur Verhaltensanreicherung in einem unregelmässigen Turnus über Nacht in das (leere) Aussengehege der Südlichen Geparden geführt, wo sich die Herbivoren an der reichen Vegetation gütlich tun können. Spannend auch für die Wildfeliden, die anderntags damit beschäftigt sind, die hinterlassenen Gerüche zu orten. — Bewusst eingeleitete Aktivitäten gemäss der selbst auferlegten Verpflichtung «Tiere erfahren. Biodiversität bewahren.».