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29.09.2023
29.09.2023 10:28 Uhr

Kritik an Stellenabbau in Spitälern

Der geplante Stellenabbau in den St.Galler Spitälern betrifft vor allem Supportfunktionen sowie die Verwaltung. Medizin und Pflege sind aber davon nicht ausgenommen. (Symbolbild)
Der geplante Stellenabbau in den St.Galler Spitälern betrifft vor allem Supportfunktionen sowie die Verwaltung. Medizin und Pflege sind aber davon nicht ausgenommen. (Symbolbild) Bild: KEYSTONE/GAETAN BALLY
Den geplanten Abbau von 440 Stellen in den St.Galler Spitalverbunden kritisieren fünf Parteien des Kantonsrats teils harsch. Der Pfleger-Berufsverband ist empört und sehr besorgt.

Für die SVP wirft die Ankündigung des Personalabbaus «grosse Fragezeichen auf». Die Partei frage sich, ob tatsächlich 440 Stellen abgebaut werden könnten, «ohne eine Veränderung der Qualität hinnehmen zu müssen».

Dies hiesse nämlich, dass die Spitalregionen in den letzten Jahren Personal beschäftigt hätten, das für die Qualitätssicherung gar nicht notwendig gewesen sei. In diesem Fall hätte der Verwaltungsrat Effizienzverbesserungen viel früher einleiten müssen, so die SVP.

Die Mitte: Stellenabbau «leider offenbar nötig»

«Besorgt und teilweise irritiert» nimmt die FDP den Stellenabbau zur Kenntnis. Dass auch in den Bereichen Medizin und Pflege Entlassungen vorgesehen seien, werfe vor dem Hintergrund des Fachkräfte- und Personalmangels Fragen auf. Denn in der Vergangenheit hätten gemäss der St.Galler Regierung bereits einmal mehrere Betten im Kantonsspital St.Gallen aufgrund von Personalmangel nicht betrieben werden können.

Für die Mitte ist der Stellenabbau «leider offenbar nötig». Diese drastische Massnahme zur Sanierung der Finanzen müsse akzeptiert werden. Wichtig sei, dass der Stellenabbau sozialverträglich erfolge und die finanziellen Auswirkungen für die Betroffenen abgefedert würden. Auf keinen Fall dürfe die Qualität medizinischer Leistungen geschwächt werden.

Grüne: «Grosses Mitverschulden» der Politik

Die SP fordert, dass auf einen Abbau im Bereich von Medizin und Pflege verzichtet wird. Die Situation in der Pflege dürfe sich auf keinen Fall verschärfen. Stattdessen sollten auch Massnahmen auf Leitungsebene geprüft werden: Kaderärztinnen und Kaderärzte erhielten Erfolgs- und Umsatzbeteiligungen und sie könnten am Kantonsspital bis zu 700'000 Franken verdienen.

Die Partei nehme die Folge «der fehlerhaften Finanzierung der Gesundheitsversorgung» zur Kenntnis. Es brauche kein System, das möglichst viel Gewinn für private Leistungsanbieter abwerfe.

Für die Grünen ist der Abbau ein «Hammerschlag», der überraschend und zum falschen Zeitpunkt komme. Die Politik trage ein «grosses Mitverschulden», denn der Kanton habe über Jahre kaum investiert und die Spitäler teils in einem desolaten Zustand an die Spitalverbunde übergeben.

Pflegefach-Berufsverband: Empörung und Besorgnis

Am vergangenen Freitag schien die Welt noch in Ordnung. Am Spital St.Gallen fand das grosse Personalfest statt. Ausgelassen wurde gefeiert, obwohl der Stellenabbau durch Verwaltungsrat und Geschäftsleitung längst beschlossene Sache war.

Es ist hinlänglich bekannt, dass der Spitalbetrieb landauf, landab ungenügend ausfinanziert ist. Sogar die Thurgauer Spitäler prognostizieren künftig rote Zahlen, weil in den Tarifen die Abschreibungen für Neubauten mitgetragen werden müssen. Dieses im 2012 eingeführte neue Spitalfinanzierungsmodell zeigt jetzt Nachwirkungen. Im Kanton St.Gallen umso mehr, da der Kantonsrat im 2005 ein zehnjähriges Baumoratorium erwirkt hatte, obwohl in diesen Jahren Vorbereitungen für das neue Finanzierungssystem angestanden wären. Die überfälligen Neubauten oder Sanierungen der St.Galler Spitäler kommen nun mit aller Wucht auf die Institutionen zu und reissen grosse Löcher in deren Rechnungen.

Das Management der St.Galler Spitäler hat im Frühjahr entschieden, die Reorganisation der Betriebe mit einer externen Beratungsfirma, der PWC, durchzuführen. Wie so oft in solchen Prozessen mit hochkarätigen Unternehmensberatern wird Personal entlassen. Die Zahlen stimmen vielleicht danach, aber die Moral der Geschichte ist, dass das Image, die Mitarbeiter:innenzufriedenheit und die Qualität meist abnimmt. Solch einschneidende Sparmassnahmen gehen nie spurlos an einer Unternehmung vorbei. Aus der Wirtschaft kennen wir allzu viele Beispiele, die durch Personalabbau und Sparmassnahmen nicht gelungen sind.

Die im März vorgestellten Sparmassnahmen und Stellenreduktionen konnten wir als Vertreterin der Pflegefachpersonen nachvollziehen. Bereits damals sorgten wir uns um die medizinische und pflegerische Versorgungsqualität und mahnten. Jetzt fordern wir von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung klare Bekenntnisse, dass die Pflegequalität hochgehalten wird und der Stellenschlüssel am Pflegebett, die sogenannte Nurse-to-Patient Ratio den gängigen Normen entspricht. Nur mit genügend Fachpersonal am Pflegebett kann ein guter Genesungsverlauf unterstützt werden.

Wir sind sehr besorgt! Aus den Ausführungen des Verwaltungsrates ist herauszulesen, dass in den Supportbereichen der Pflege Stellen abgebaut werden. Dies ist umso unverständlicher, da für die Zukunft mehr Pflegende ausgebildet werden müssten und die Pflege als Profession selbst sich seit der Bologna Reform entwickelt. Die Pflegeexpertise mit deren Spezialistinnen ist am Pflegebett unabdingbar. Die technologischen Entwicklungen im Gesundheitswesen fordern lebenslanges Lernen, auch in der Pflege. Wie soll dies möglich sein, wenn in diesem Bereich gespart wird!

Den betroffenen Pflegenden bieten wir als Personalvertreterin unsere grösstmögliche Unterstützung in diesem Prozess an und stehen für Fragen jederzeit zur Verfügung.

Keystone-SDA / SBK Sektion SG TG AR AI / Linth24