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Rapperswil-Jona
13.03.2023
13.03.2023 18:01 Uhr

«Das Volk ist oft bockig»

David gewinnt gegen Goliath: Robert Hegner (r.) vom Nein-Komitee und Stadtpräsident Martin Stöckling nach der Abstimmung.
David gewinnt gegen Goliath: Robert Hegner (r.) vom Nein-Komitee und Stadtpräsident Martin Stöckling nach der Abstimmung. Bild: Linth24
Die Schweiz staunt über die Eigenständigkeit der Stimmbevölkerung von Rapperswil-Jona. Das «Nein» zum Stadtparlament im Pressespiegel.

Neue Zürcher Zeitung:

«Das Volk ist oft bockig. Den jüngsten Beweis erbrachte es in Rapperswil-Jona. Der Stadtrat und alle Parteien von der SVP bis zur SP sprachen sich für die Einführung des Stadtparlaments aus. Und so herrschten einige Überraschung und auch etwas Konsternation, als Stadtpräsident Martin Stöckling (FDP) am frühen Nachmittag des Sonntags im Stadthaus verkündete, die Vorlage sei abgelehnt worden.»

Südostschweiz:

«Ein grosser Verlierer ist auch der Stadtrat. Ironischerweise bewahrheitete sich Stadtpräsident Martin Stöcklings Argument für ein Parlament: Nämlich, dass es dem Stadtrat zunehmend schwerfalle, die Meinungsbildung in der Stadt zu beeinflussen. Positiv gedeutet könnte man zwar schliessen, dass das ‹Erfolgsmodell Rapperswil-Jona›, wie es das Nein-Komitee nannte, aus Sicht der Mehrheit keiner Reformen bedarf. Und sich Stadtrat und Parteien unnötig Gedanken über gescheiterte Vorlagen machten.»

Weltwoche:

«Lehrstunde der Demokratie: In Rapperswil-Jona, dem ‹letzten gallischen Dorf der Schweiz›, erhebt sich das Volk gegen das Polit-Establishment – mit Erfolg. Dabei war die Ausgangslage für die Befürworter dankbar: Alle sieben Ortsparteien – von ganz links (Grüne) bis rechts (SVP) votierten dafür. Und auch der Stadtrat legte sich mächtig für die Vorlage ins Zeug. Doch das Ja-Komitee machten die Rechnung ohne den Wirt – bzw. ohne die Opposition aus politischen Quereinsteigern: Software-Ingenieur Robert Hegner, Journalistin Franziska Kohler, Gastronom Joe Kunz und Unternehmer Martin Casal. Die vier besassen zwar die Unterstützung von einigen namhaften Unterstützern – darunter von Medienunternehmer Bruno Hug – doch faktisch stellten sie sich mit ihrem Anliegen alleine gegen das gesamte Polit-Establishment.»

Linth-Zeitung:

«Lediglich 290 Stimmen machten den Unterschied: Rapperswil‑Jona behält die Bürgerversammlung und erhält kein Parlament. Das beschloss das Volk am Sonntag an der Urne. Der Nein-Stimmen-Anteil von 51,7 Prozent ist das knappste Abstimmungsergebnis, an das sich Stadtpräsident Martin Stöckling erinnern kann. Die Stimmbeteiligung liegt mit 45,3 Prozent tief im Verhältnis zum intensiv geführten Abstimmungskampf. Das langjährige Mittel der letzten zehn Jahre beträgt bei kommunalen Urnengängen 40 Prozent. Wobei am Sonntag keine nationale Abstimmung stattfand, was die Beteiligung negativ beeinflusst haben dürfte. Die Ortsparteien müssen nun über die Bücher. ‹Wie können wir die schweigende Mehrheit in dieser Stadt erreichen?›, fragte am Sonntag ein ratloser Ralph Dudler von der SP und Sprecher der Befürworter. Die Frage stellt sich auch dem Stadtrat. Er überlegt sich nun, seine Organisationsform anzupassen.»

Zürichsee-Zeitung:

«Pläne für Parlament erneut bachab geschickt. Mit rund 28'000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist Rapperswil-Jona die grösste Schweizer Stadt ohne Parlament. Und das wird auch so bleiben. Die Stimmberechtigten lehnten die Einführung eines solchen gestern mit 51,7 Prozent der Stimmen ab. Die Stimmbeteiligung betrug 45,3 Prozent. In einer Mitteilung bedauert der Stadtrat von Rapperswil-Jona das knappe Ergebnis. Es erweise sich mit dem Versammlungsprinzip ‹zunehmend als herausfordernd, Generationenprojekte und Themen, die in der Bevölkerung kontrovers beurteilt werden, mehrheitsfähig zu gestalten›, schreibt er.»

St. Galler Tagblatt:

«Der Stadtrat und sämtliche Ortsparteien machten sich für das Stadtparlament stark. Trotzdem setzt sich das Nein-Lager durch, womit die Bürgerversammlung bleibt. 4'365 Nein-Zettel reichten, um die 4'055 Befürworter zu überflügeln. Dies bei einer Stimmbeteiligung von 45,33 Prozent. Es war das ‹knappe Resultat›, das Stadtpräsident Martin Stöckling im Vorfeld der Abstimmung prophezeite. Er und der Stadtrat waren genauso für das Parlament wie sämtliche Ortsparteien. Nun müssen sie eine Niederlage gegen das Nein-Lager einstecken, das sich erst Anfang Jahr formierte, dem Vernehmen nach aber über ein deutlich höheres Budget verfügte als die Ja-Seite.»

Thomas Renggli