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Kanton
22.07.2020
22.07.2020 12:07 Uhr

Ist das Eindämmen der Ansteckungen noch richtig?

Prof. Urs Scherrer: «Keine einzige öffentliche schweizerische Stelle hat sich je die Mühe genommen, alternative Strategien aufzulisten und Pros und Cons offen zu diskutieren.»
Prof. Urs Scherrer: «Keine einzige öffentliche schweizerische Stelle hat sich je die Mühe genommen, alternative Strategien aufzulisten und Pros und Cons offen zu diskutieren.»
Seit 2 Monaten sehr wenig Corona-Todesfälle in der Schweiz - welche Strategie wäre nun angebracht? Linth24 hat bei Prof. Dr. Urs Scherrer vom Inselspital Bern nachgefragt.

In der Schweiz sterben glücklicherweise nur noch sehr wenig Menschen mit oder an Corona. Seit Ende Mai sind es 14, also etwa jeden 4. Tag ein Todesfall. Zum Vergleich: Täglich sterben bei uns über das ganze Jahr gesehen

  • 13 Menschen an Erkrankung der Atemwege
  • 58 Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankung
  • 26 Menschen wegen dem Rauchen
  • 3 Menschen, weil sie Suizid begehen

Linth24 hat beim emeritierten Professor für Medizin und Forschungsgruppenleiter am Inselspital Urs Scherrer nachgefragt, welche Strategie jetzt für die Schweiz sinnvoll wäre. 

Könnte man die Schweiz nun mehr öffnen statt Massnahmen zu verschärfen?

Urs Scherrer: Es gilt die These, dass je erfolgreicher ein Land die Zahl der Ansteckungen eindämmt, umso grösser ist die Gefahr einer späteren Ansteckungswelle oder das Fortbestehen über Jahre hinweg von unterdrückenden Massnahmen wie Maskenpflicht, Quarantänemassnahmen für Rückkehrer, für Heime etc., Verbot von grösseren Menschenansammlungen, Einschränkungen für die Wirtschaft, der Reisefreiheit etc.

Wie soll es denn weitergehen?

Keine einzige öffentliche schweizerische Stelle hat sich je die Mühe genommen, alternative Strategien aufzulisten und Pros und Cons offen zu diskutieren. Dazu gehörten unter anderem ein rasches Anstreben einer Herdenimmunität und breites Testen der Bevölkerung nach durchgemachter Covid-Infektion.

Wie sind die aktuellen Infektionszahlen einzuordnen?

Wahrscheinlich liegen die tatsächlich durchgemachten Infektionen um einen Faktor 10 höher als die offiziell gemeldeten. Zudem sollte man die diesjährigen Sterbezahlen mit denjenigen der Vorjahre vergleichen, also mögliche Übersterblichkeit der Heimbevölkerung im März/April 2020 gefolgt von Untersterblichkeit im Mai/Juni/Juli 2020. 

Und wie steht es um die Immunität von Corona-Infizierten?

Das weiss man nicht mit Sicherheit. Was aber klar ist, keine Immunität nach durchgemachter Krankheit würde bedeuten keine Möglichkeit einer effizienten Impfung!

Sibylle Marti, Linth24