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Kanton
04.01.2023
04.01.2023 07:36 Uhr

Parteien zum Kantons-Defizit

Düstere Aussichten für die Finanzen des Kantons St.Gallen.
Düstere Aussichten für die Finanzen des Kantons St.Gallen. Bild: pixabay.com
Über 200 Millionen Franken Defizit pro Jahr. Zu dieser Prognose und ihren Folgen äussern sich die Parteien.

Grünliberale Kanton St.Gallen


Im veröffentlichten Aufgaben- und Finanzplan (AFP) zeigt die St.Galler Regierung auf, mit welchen Ausgaben und Einnahmen sie rechnet und welche finanziellen Auswirkungen die geplanten Gesetze und Grossprojekte haben werden. Im AFP 2024-2026 geht die Regierung davon aus, dass die Betriebsdefizite weiter auf rund 200 Millionen Franken jährlich ansteigen werden. Aufgrund der wohl ausbleibenden SNB-Gelder kommt dieses Szenario nicht unerwartet.

Leider basiert die Berechnung der Erträge aus der Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) auf der von den Grünliberalen wiederholt kritisierten Schattenrechnung. Die Grünliberalen setzen ein grosses Fragezeichen hinter die durchschnittlich ermittelten Erträge von 136 Millionen Franken, nachdem sich bereits im Zwischenbericht Ende September 2022 ein hoher Verlust der SNB abzeichnete. Da die Ratsmehrheit an dieser Art der Budgetierung festhält, musste im November ein geschöntes Budget verabschiedet werden.

Die Grünliberalen, als Partei der Digitalisierung, befürworten die Investitionen in die Digitalisierung. Digitalisierung ist aber kein Selbstzweck, mittelfristig müssen sich diese Investitionen im Sinne von «weniger Personal» und «schlankere Prozesse» auszahlen. Die Grünliberalen werden die Investitionen in die Digitalisierung weiterhin genau beobachten und erwarten mittelfristig auch in der Rechnung erkennbare positive Effekte.

Reserven sollen grundsätzlich Steuersenkungen ermöglichen. Aufgrund der in den Vorjahren gebildeten Rücklagen von 1.4 Milliarden Franken ist die im November beschlossene Steuersenkung aus Grünliberaler Sicht vertretbar. Der angenommene Antrag von SVP und Die Mitte, dass mit der Steuerfusssenkung die kalte Progression nicht ausgeglichen wird, erachten die Grünliberalen jedoch als verantwortungslos. Ebenso unverständlich ist die Tatsache, dass die Ratsmehrheit im Rahmen einer Sparmassnahme eine Session gestrichen hat, gleichzeitig aber die Parteikassen mit zusätzlich vergüteten Fraktionstagen wieder auffüllte. Aus Grünliberaler Sicht ist dies keine konsistente Finanzpolitik.

Auf die anstehende Februarsession werden die Grünliberalen den vorliegenden AFP 2024-2026 im Detail studieren und unsere Vorschläge für eine nachhaltige Finanzpolitik einbringen.

SP Kanton fordert Nachbesserungen beim Personal

Für 2024-2026 rechnet der Kanton St.Gallen mit tiefroten Zahlen in der Staatsrechnung. Aus Sicht der SP ist dies das Ergebnis einer unverantwortlichen Steuersenkungspolitik der letzten Jahre. Die SP verlangt daher deutliche Nachbesserungen, insbesondere bei den Löhnen, bei der Umsetzung der Pflegeinitiative und der interkantonalen Koordination in der Gesundheitsversorgung.
 
In der Aufgaben- und Finanzplanung (AFP) für die Jahre 2024 bis 2026 rechnet die Regierung mit deutlichen Defiziten. Dies erstaunt wenig, nachdem die Mehrheit von SVP, FDP und die Mitte/EVP im Kantonsrat eine Steuerfusssenkung von 5 Prozent für das Budget 2023 durchgedrückt hat und damit jegliche Weitsicht missen liess. Dass der Kanton vor grossen finanziellen Herausforderungen steht, war im Rahmen der Budgetberatung bekannt. Die Absicht der bürgerlichen Parteien offenbart sich damit deutlich: Aufgrund der sich abzeichnenden Defizite können sie bald wieder die Notwendigkeit von Sparpakten und damit einen Staatsabbau propagieren. «Einmal mehr wird dieser Staatsabbau Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen besonders treffen. Die SP wird sich gegen solche Ansinnen vehement wehren: gerade in ungewissen und schwierigen Zeiten braucht es einen starken Staat», meint Bettina Surber, Fraktionspräsidentin der SP im Kantonsrat. Dies hat die Corona-Pandemie gezeigt, die ohne das Eingreifen von Bund und Kantonen das Gesundheitssystem zum Kollabieren gebracht und einen massiven wirtschaftlichen Schaden verursacht hätte.

SP verlangt vollen Teuerungsausgleich für 2024
Dass die Regierung bereits einen Teuerungsausgleich für das Jahr 2024 für das Personal vorsieht, wird von der SP begrüsst. Jedoch muss – im Gegensatz zum Jahr 2023 – der volle Teuerungsausgleich mindestens für die tieferen und mittleren Einkommen erfolgen. «Das neue Lohnsystem NeLo hat sich in den vergangenen Jahren als Sparsystem erwiesen. Dies muss sich für die Zukunft zwingend ändern und es müssen genügend Mittel für die individuelle Lohnentwicklung eingestellt werden.
Der Kanton muss als Arbeitgeber attraktiv bleiben», erklärt Monika Simmler, Vertreterin der SP in der Finanzkommission. Der AFP muss diesbezüglich nachgebessert werden. Die SP wird entsprechende Anträge stellen.

Verschlechterungen für Pflegende und Polizist:innen
St.Gallen kämpft mit dem Fachkräftemangel. Akut ist die Situation da, wo es die Gesellschaft besonders trifft: Im Gesundheitswesen und bei der Sicherheit. Die SP fordert, dass mit dem AFP die sofortige Umsetzung der Pflegeinitiative endlich beherzt angegangen wird. Das Gesundheitssystem und das Gesundheitspersonal kommen angesichts des akuten Personalmangels an ihre Grenzen. Die Verantwortung für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen kann nicht den Spitälern zugeschoben werden, die gerade über eine Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital gerettet werden mussten: Der Kanton ist in der Pflicht, damit die öffentliche Gesundheitsversorgung auch für die Zukunft garantiert ist. Ebenfalls braucht es eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Polizistinnen und Polizisten. Im AFP sind bezüglich dieser Bereiche keine Absichten der Regierung ersichtlich. Das enttäuscht. Hier müssen angemessene Mittel bereitgestellt werden.

Mehr Bewegung in der Gesundheitsversorgung
Mit einiger Überraschung nimmt die SP zur Kenntnis, dass die Kosten für die inner- und ausserkantonalen Hospitalisationen weiterhin deutlich ansteigen. Dies trotz der politisch vorangetriebenen Ambulantisierung. Offensichtlich kommt diese rasch an ihre Grenzen, was wenig verwundert, angesichts des Umstandes, dass viele v.a. ältere Patientinnen und Patienten an mehreren Krankheiten leiden und die Behandlungen komplex sind. «Das, was theoretisch auf dem politischen Reissbrett entstanden ist, erweist sich in der Praxis offensichtlich als untauglich. Für die SP ist klar, dass es Bewegung in der Gesundheitsversorgung braucht, insbesondere in der interkantonalen Zusammenarbeit», sagt Guido Etterlin, Vertreter der SP in der Finanzkommission. Und ebenso braucht es Lösungen für die mittlerweile unhaltbaren Wartezeiten auf den Notfallstationen der verbleibenden Spitäler.

Grüne kritisiert Steuersenkung

Die Regierung prognostiziert im Aufgaben- und Finanzplan 2024–2026 jährliche Defizite in der Grössenordnung von 200 Millionen Franken. Die rechtsbürgerliche Steuersenkungspolitik bringt den Staatshaushalt massiv in Schieflage. Die Grünen halten dies angesichts grosser Unsicherheiten für nicht vertretbar und fordern Korrekturen.

Der Aufgaben- und Finanzplan (AFP) ist ein politisches Instrument, um die Aufwendungen und Erträge der kommenden Jahre abzuschätzen. Was sich im Budget jedes Jahr wiederholt, trifft auch auf den AFP zu. Die Darstellung ist jeweils pessimistisch und die tatsächliche Rechnung erweist sich dann als weit positiver. Gegenwärtig bestehen allerdings grosse Unsicherheiten, insbesondere hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung. Die Zahlen des AFP 2024–2026 geben deshalb durchaus Anlass zur Sorge.

Dass die Regierung mit einem jährlichen operativen Defizit von rund 200 Millionen Franken rechnet, ist wenig erstaunlich. Dieses Defizit ist unter anderem eine Folge der Steuerfussreduktion, welche die rechtsbürgerliche Mehrheit des Kantonsrates im November beschlossen hat. Angesichts der unsicheren Lage war dies aus der Sicht der GRÜNEN ein Fehlentscheid. Diesen baldmöglichst zu korrigieren, ist ein Gebot der finanzpolitischen Vernunft. Dies umso mehr, als die möglichen Folgen der Prämienentlastungs-Initiative im AFP 2024–2026 nicht berücksichtigt sind und die veranschlagte Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank höchst fraglich ist.

Die Grünen begrüssen, dass für das Staatspersonal ein weiterer Teuerungsausgleich vorgesehen ist, halten aber einen partiellen Ausgleich für ungenügend. Ein voller Teuerungsausgleich wäre umso wichtiger, als der Kanton St.Gallen stark vom Fachkräftemangel betroffen ist. Letztes zeigt sich in aller Deutlichkeit im Gesundheitswesen. Die Grüne-Fraktion fordert, dass im AFP die nötigen Mittel für eine konsequente Umsetzung der Pflegeinitiative eingestellt werden.

Die Grünen nehmen zur Kenntnis, dass die Staatsbeträge moderat ansteigen. Das ist folgerichtig, weil damit neuen Aufgaben und wachsenden Bedürfnissen Rechnung getragen wird – insbesondere dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie der Anhebung der individuellen Prämienverbilligung.

FDP will Ausgabenwachstum bremsen

Der präsentierte Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2024-2026 der St.Galler Regierung bestätigt die Wichtigkeit der finanzpolitischen Anliegen der FDP-Fraktion. Dem prognostizierten Defizit soll insbesondere mit der Stärkung der Ressourcenkraft des Kantons St.Gallen und einer Reduktion des üppig budgetierten Ausgabenwachstums entgegengetreten werden. Für die Freisinnigen ist klar, dass der Verwaltungsapparat nicht schneller als die Volkswirtschaft wachsen darf.

Die St.Galler Regierung prognostiziert im AFP 2024-2026 hohe Defizite. Diese sind insbesondere auf überdurchschnittlich wachsende Staatsbeiträge und eine weitere Aufstockung der Verwaltung zurückzuführen. Für die FDP-Fraktion ist klar, dass der Staatshaushalt im Gleichgewicht behalten werden muss, ohne die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich zu belasten.

Ausgabenwachstum bremsen
Während die Bevölkerung und die Wirtschaft mit der Teuerung generell kämpfen, sollen gemäss dem AFP die Staatsausgaben auch in den kommenden Jahren ungebremst ansteigen. Der geplante Personalausbau, höhere Beiträge für den öffentlichen Verkehr, inner- und ausserkantonale Hospitalisationen, steigende Energie- und Personalkosten sowie höhere individuelle Prämienverbilligungen (IPV) führen dazu. Die FDP-Fraktion arbeitet intensiv daran, dieses Ausgabenwachstum einzubremsen: Einerseits wird mit der Interpellation «51.22.59 St.Galler Spitäler jetzt entpolitisieren!» eine langfristige Finanzierbarkeit der St.Galler Spitallandschaft angestrebt, bei der die Qualität der Leistungserbringung im Fokus steht. Andererseits werden mit der Ablehnung des Tempo-30-Regimes der Stadt St.Gallen zusätzliche Kosten für den öffentlichen Verkehr vermieden. Im Rahmen der Debatte zum Budget 2023 hat sich die FDP zudem als einzige Fraktion gegen die Partylaune des Kantonsrates mit Zusatzausgaben gestellt und die überhöhte Steigerung des IPV-Volumens abgelehnt.

Ressourcenkraft stärken
Dem Ausgabenwachstum gegenüber stehen nach wie vor ungenügend hohe Steuererträge. Der Kanton St.Gallen gilt gemäss dem nationalen Ressourcenindex als ressourcenschwach. Mit dem Postulat «Vision SG 2030» setzte sich die FDP-Fraktion bereits 2019 für eine langfristige Stärkung der Ressourcenkraft ein. Der darauffolgende Bericht der Regierung zeigte konkrete Massnahmen zur Umsetzung auf. Um die Staatsfinanzen ertragsseitig im Gleichgewicht zu halten, gilt es diese nun beschleunigt umzusetzen. Wichtig sind dabei Innovation und Standortförderung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine fortschrittliche Bildung, raumplanerische Massnahmen und steuerliche Attraktivität. In diesem Zusammenhang gilt es positiv hervorzuheben, dass sich, mit der beschlossenen Steuerfusssenkung für das Jahr 2023 und den erweiterten Betreuungsangeboten in der Volksschule, zwei wichtige Anliegen in der Teilumsetzung befinden.

Nachhaltige Finanzpolitik
Die FDP-Fraktion setzt sich für eine nachhaltige Finanzpolitik ein, welche sowohl der Aufwand- als auch Ertragsseite Beachtung schenkt. Mit der Stärkung der Ressourcenkraft und einer verhältnismässigen Ausgabenpolitik kann der Kanton St.Gallen gestärkt und das wirtschaftliche Auskommen jeder Einwohnerin und jedes Einwohners verbessert werden.

Mitte will Mittelstand stärken

Die Mitte nimmt zur Kenntnis, dass die Defizite dank robustem Eigenkapitalbestand von heute 1,4 Milliarden und mutmasslich 735 Millionen im Jahr 2026 aufgefangen werden können. Um den Staatshaushalt weiter zu stabilisieren, gilt es – wie von Die Mitte in den letzten Jahren immer wieder gefordert – die strukturellen Defizite zu beseitigen und das Wachstum der Staatsausgaben zu bremsen.

Staatsbeiträge senken

Grosse Sorgen bereitet der Mitte das weiterhin überdurchschnittliche Wachstum der Staatsbeiträge in der Höhe von jährlich 1.4 Prozent. Die von Die Mitte längst geforderte Senkung des Anstiegs ist deshalb mit griffigen Massnahmen dringend umzusetzen. Die Mitte ist sich bewusst, dass in vielen Fällen dem Kanton die Hände gebunden sind und die Bundespolitik in der Pflicht steht. Dabei geht es insbesondere darum, der Kostenbremse-Initiative der Mitte Schweiz im parlamentarischen Prozess in Bern zum Durchbruch zu verhelfen, damit rund sechs Milliarden Franken im Gesundheitswesen eingespart und dadurch die Kostensteigerungen in diesem Bereich nachhaltig gebremst werden können – und zwar zur Entlastung sämtlicher Haushalte.

Mittelstand stärken

Für Die Mitte ist die generelle Entlastung des Mittelstandes seit Jahren ein zentrales Anliegen. Gemäss der Ergebnisse des Steuermonitorings 2022 ist der Kanton St.Gallen im schweizweiten Vergleich bei den mittleren Einkommen weiterhin relativ schlecht positioniert, so dass diesbezüglich der Hebel anzusetzen ist. Bei der Unternehmenssteuerbelastung zeigt die Umsetzung der von der Mitte massgeblich mitgeprägten Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) Wirkung. Für Die Mitte bleiben die Erhöhung der Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Kantons St.Gallen für Unternehmen sowie für den Mittelstand weiterhin im Fokus, damit unser Kanton an Anziehungskraft gewinnt.  

MM/Linth24