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Rapperswil-Jona
28.10.2022
29.10.2022 08:22 Uhr

Lukas Schmucki zum Parlament: «Volk kauft Katze im Sack»

Staatswissenschaftler Lukas Schmucki erklärt in einem Zeitungsinterview, warum die Rapperswil-Joner mit dem Parlament die Katze im Sack kaufen würden.
Staatswissenschaftler Lukas Schmucki erklärt in einem Zeitungsinterview, warum die Rapperswil-Joner mit dem Parlament die Katze im Sack kaufen würden. Bild: Linth24
Lukas Schmucki, Leiter der Parlamentsdienste des St. Galler Kantonsrats, warnt vor der Hoffnung, mit einem Stadtparlament werde Rapperswil-Jona besser regiert. Kommentar von Bruno Hug

Am kommenden Donnerstag, den 3. November, findet in der Sporthalle Grünfeld, Jona, eine Bürgerversammlung statt. Einziges Thema: Die allfällige Einführung eines Parlaments für Rapperswil-Jona.

Dazu gab der Rapperswil-Joner Staatswissenschafter Lukas Schmucki der «Linth-Zeitung» ein Interview.
Schmucki weiss, von was er redet, wenn er sich zum Parlament äussert. Er war jahrelang Sekretär und Geschäftsführer der CVP des Kantons St. Gallen (heute «Die Mitte»). Und seit 2014 leitet er die Parlamentsdienste des St. Galler Kantonsrats.

Trugschluss Parlament

Schmucki sagt im Zeitungsgespräch, dass sich vom Parlament wohl viele Bürger erhoffen, die Stadt werde damit besser regiert.
Das aber ist ein Trugschluss, den nicht nur Schmucki konstatiert. Faktisch hat die Stadtverwaltung dies gegenüber Linth24 selbst bestätigt, indem sie festhält, das Parlament ersetze die Bürgerversammlung. Weitergehende Kompetenzen habe es nicht. (Siehe Bericht: Was bringt das Parlament Rapperswil-Jona?)

Zweifel an Parlaments-Lösung

Schmucki sagt denn auch, er bezweifle, ob das Parlament die richtige Antwort für die politischen Probleme der Stadt sei. Es werde ausgeblendet, dass die Städte, welche im Kanton schon ein Parlament hätten, «nicht besser unterwegs» seien als Rapperswil-Jona mit seiner Bürgerversammlung.
Auch sei unbekannt, was das Parlament dereinst koste und welche Kommissionen gebildet werden. Die Bürgerschaft habe zu solchen Fragen nach einem allfälligen Ja zum Parlament am 3. November nichts mehr zu sagen. Denn alle wichtigen Festlegungen würde das Parlament selbst fixen.

Enttäuschte Hoffnungen

Weil an der Bürgerversammlung nur über die Gemeindeordnung abgestimmt werde, kaufe die Bevölkerung mit der Parlaments-Vorlage «die Katze im Sack». Würden vom dereinst gewählten Parlament die Eckwerte falsch gesetzt, würden die Hoffnungen vieler Bürger enttäuscht werden. Auch sei fraglich, ob sich für das Parlament genügend fähige Leute finden lassen würden.

Bürgerversammlung repräsentiert Volk 

Schmucki sagt weiter, dass 300 oder 500 Leute an einer Bürgerversammlung die Bevölkerung genauso repräsentieren wie 36 Personen. Ausserdem laufe die Wahl der 36 Parlamentarier über Parteilisten. Womit das Volk mehrheitlich aussen vor bleibe, da die meisten Bürger nicht Mitglieder einer Partei seien.

Im Weiteren seien die Probleme in einer Gemeinde Sachprobleme. Somit sei die Meinung eines Quartiervereins, einer Gewerbeorganisation oder eines Sportclubs oft wertvoller als die Haltung der partei-gesteuerten Parlaments-Mitglieder.

Unstimmigkeiten hören nicht auf

Schmucki sieht die Gefahr, dass die Parlaments-Befürwortung bei vielen auf den gescheiterten Projekten dieser Stadt begründet sei. Dabei sei abzusehen, dass sich die Unstimmigkeiten mit der Einführung eines Parlaments nicht auflösen werden. Das würde verschiedene Beispiele zeigen: In der Stadt Wil SG sei bis auf ein einziges Mitglied das ganze Parlament abgewählt worden. Und in Rorschach habe das Volk das Parlament 2004 nach 95-jährigem Bestehen kurzum aufgelöst!

Bruno Hug