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Schmerikon
19.06.2020
21.06.2020 00:45 Uhr

Der Begründer Schmerikons und ein Wort für «Fett»

Ein Ausschnitt der Schmerkner Uferzone am Südhang des Seerückens.
Ein Ausschnitt der Schmerkner Uferzone am Südhang des Seerückens. Bild: Linth24 / Stefan Knobel
Die Geschichte der Seegemeinde reicht bis in die Eisenzeit zurück und war über längere Zeit durch die Nähe zum Obersee geprägt.

Die Gemeinde Schmerikon befindet sich an einer Bucht des oberen Zürichsees, unweit der Einmündung des Linthkanals, dessen Verlauf die südliche Ortsgrenze bildet. Idyllisch schmiegt sich das Dorf an das Seeufer und den Südhang des Seerückens. Obwohl flächenmässig eine der kleinsten Gemeinden des Bezirks, überrascht Schmerikon mit landschaftlicher Vielfalt: Neben diversen Gewässern finden sich auch Waldflächen und sogar ein Naturschutzgebiet, das Riet. Das Dorf gilt als attraktiver Wohnort und zählt heute über 3600 EinwohnerInnen.

Keltische Gräber und alemannische Gehöfte

Die frühesten Spuren menschlicher Präsenz auf teilweise Schmerkner Gebiet lassen sich auf dem Balmenrain nachweisen: Kelten aus der vorchristlichen Eisenzeit legten hier Hügelgräber an, die sie mit Keramik und Gegenständen aus Bronze und Eisen ausstatteten. Im römischen Altertum diente Schmerikon möglicherweise als Etappenort auf der Wasser- und Landroute zwischen Zürich und den Bündner Pässen.

  • Eine der Sehenswürdigkeiten von Schmerikon: die Dorfkirche St.Jodokus, hier im winterlichen Abendlicht. Bild: Linth24 / Stefan Knobel
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  • Ansicht derselben Kirche vom Friedhof aus. Bild: Stefan Knobel, Linth24
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Als im Frühmittelalter die Alemannen einwanderten, entstanden im Gefolge zahlreiche neue Siedlungen, so auch am Südhang des Seerückens. Jene dort angelegten Höfe wurden wohl nach ihrem Begründer benannt: Althochdeutsch *Smaringhofun (o.ä., Dativ Plural) bedeutet «bei den Höfen der Angehörigen des Smaro». Der Personenname *Smaro, bislang nur aus Ortsnamen erschliessbar, gehört zu althochdeutsch smëro «Fett», das in Schmer und Schmerbauch weiterlebt und mit englisch smear «Schmiere» und schwedisch smör «Butter» verwandt ist.

Der Ort wurde erstmals in Urkunden von 741 als Smarinchova, Smarinchoua erwähnt und gelangte alsbald unter die Grundherrschaft des Klosters St.Gallen. Mitte des 11. Jahrhunderts ging Smarinchouen an das Damenstift Schänis über. Etwas später hiess das Dorf Smari(n)con (1178). Im 13. Jahrhundert wurde Smærinkon (ca. 1250) Teil der Grafschaft Uznach; kurz danach lässt sich eine Dorfgenossenschaft in Schmerikon (so ab 1375) nachweisen. Der Ort sicherte sich durch seine Lage Zoll- und Fischfangrechte. Mitte des 15. Jahrhunderts billigte ein Freiheitsbrief Smerikon (1439) eine gewisse Autonomie zu, die später von Schwyz und Glarus bestätigt wurde.

  • Das Schmerkner Hafenbecken im Spätherbst. Bild: Linth24 / Stefan Knobel
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  • Mit dem Bau der Bahnlinie Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte sich das Ortsbild. Bild: Linth24 / Stefan Knobel
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Die Nähe zum See und zum Pilgerweg von bzw. nach Einsiedeln prägte die wirtschaftliche Entwicklung Schmerikons: Fischerei, Schifffahrt, Gasthäuser, Warenumschlag und Handel (u.a. mit Holzkohle) spielten lange eine wichtige Rolle. Zudem wurden Weinbau und mehrere Steinbrüche betrieben, die sich auf Tuggner Boden befanden. Später führten die Industrialisierung und der Bahn-Anschluss (seit 1859) dazu, dass sich das Gewicht hin zu den Textil- und Maschinenfabriken verschob. Heute zeigt sich ein höherer KMU- und Gewerbeanteil (Bau, Transport), während gleichzeitig die Zahl der Arbeitspendler ansteigt.

Obersee und Zürichsee

Schmerikon stösst an den Oberen Sew (1480) bzw. an den Obersee (1497). Der Name bezieht sich auf den kleineren Ostteil und Anfang des Zürichsees, der sich gemäss Fliessrichtung «oben» befindet. Somit ist das Benennungsmotiv bis heute durchsichtig.

Blick auf den Obersee bei Schmerikon. Bild: Linth24 / Stefan Knobel

Das Zürichsee-Becken verdankt seine furchenförmige Gestalt dem eiszeitlichen Linth-Rhein-Gletscher, der einst die östliche Schweiz bedeckte. Die Uferzonen des Zürichsees sind seit der Jungsteinzeit besiedelt; sein Name erscheint indes erst seit dem Mittelalter: Zurihsee (744), lateinisch laci Tureginensis (816) und lacum Thuricinum (1259).

Der Name des Sees rührt von einer prominenten Siedlung an dessen unterem Ende her: *Turikon, latinisiert Turicum, heute Zürich, bezeichnete in der Sprache seiner mutmasslich gallischen Gründer einen «zu Turos/Tura gehörigen» Ort. Mögliche Anknüpfungspunkte wären ein Personenname *Turos «der Starke» oder ein Gewässername *Turos/*Tura «anschwellendes Wasser» – vielleicht ein wilder Seitenarm der Sihl?

Erläuterungen

Alemannen: ein deutschsprachiger Stamm der Germanen.

Althochdeutsch: die Vorstufe der heutigen deutschen Sprache.

*: eine unbezeugte, aber erschliessbare Form.

Gallisch: die Sprache der antiken Kelten in weiten Teilen der Schweiz und Frankreichs.

Ressourcen

ortsnamen.ch: www.ortsnamen.ch

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS): hls-dhs-dss.ch

Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: www.dwds.de

Greule, Albrecht: Deutsches Gewässernamenbuch. Etymologie der Gewässernamen und der dazugehörigen Gebiets-, Siedlungs- und Flurnamen. Unter Mitarbeit von Sabine Hackl-Rößler, Berlin/Boston 2014: Walter de Gruyter.

Niemeyer, Manfred (Hrsg.): Deutsches Ortsnamenbuch, Berlin/Boston 2012: Walter de Gruyter.

Stefan Knobel, Linth24