Vor fast 6 Jahren, am 9. August 2016, klagten der Stadtrat von Rapperswil-Jona und der Ex-Präsident der Kesb Linth den Verlag der Obersee Nachrichten (ON) ein. Sie beschuldigten die Zeitung, mit ihren Artikeln die Persönlichkeit der Stadt, der Kesb und des Kesb-Leiters verletzt zu haben.
Schon allein die Klage zuhanden der 1. Gerichtsinstanz liess sich der Stadtrat 370'000 Franken kosten. Sie umfasste 330 Seiten und über 1'000 Seiten Beilagen. Darin bezichtigten der Stadtrat und der Kesb-Leiter die damals von mir geführte ON-Redaktion, mit einer Medienkampagne ihre Persönlichkeit verletzt zu haben. (Details dazu siehe Box weiter unten.)
10-teilige Kesb-Serie
Zu den Hintergründen dieser Klage publiziert Linth24 in den nächsten drei Wochen jeden zweiten Tag eine der zehn Folgen. Sie lesen darin, wie der Stadtrat auf Basis einer faktischen Nicht-Prüfung der Kesb Linth seine Klage gegen die Obersee Nachrichten einleitete. Und Sie erfahren, wie die Gerichte die Kesb schützten und welche Rolle der Stadtrat und der Stadtpräsident darin spielten.
Stadtrat riskierte 900'000 Franken
Vor 14 Tagen, am 23. Mai, hat nun das Kantonsgericht St. Gallen die Klage- und Gerichtskosten im Kesb-Prozess verteilt. Jetzt kann ich über die Geschehnisse rund um diese Klage informieren. Zuvor stellte jeder Bericht für uns Redaktoren ein neues Klage-Risiko des Stadtrates und seines Zürcher Anwalts dar. Ob das heute besser geworden ist, wird sich zeigen.
Wie der Stadtrat nach dem Kosten-Urteil letzte Woche mitteilte, gab er für die Kesb-Klage für Anwalts- und Gerichtskosten in den letzten 6 Jahren 765'000 Franken aus. Dazu addieren sich die aus der Entlassung des Kesb-Leiters entstandenen Personalkosten in der Höhe von 90'000 Franken sowie die Kosten aus dessen Klage gegen den Stadtrat. Geschätzt 30'000 Franken. (Die Stadt verweigert dazu die Auskunft.) Gesamthaft kostete die Kesb-Klage inklusive der Wirren um die Entlassung des Kesb-Leiters die Öffentlichkeit somit gegen 900'000 Franken.
Über 1 Million Franken für nichts
Daran sind die dem ON-Verlag und uns Ex-ON-Redaktoren auferlegten Beiträge in Höhe von 237'000 Franken abzuziehen. Unter dem Strich bleibt den Steuerzahlern von Rapperswil-Jona und den neun weiteren Linthgebiet-Gemeinden ein Schaden von rund 650'000 Franken.
Auf Seiten des ON-Verlags und uns Redaktoren entstanden Kosten von weit über einer halben Million Franken. Die Kesb-Klage und die Wirren um den Kesb-Leiter kostete somit gesamthaft weit über 1 Million Franken. Letztlich ohne damit der Allgemeinheit zu dienen. Denn die Schreibverbote, die das Gericht uns Redaktoren und den Obersee Nachrichten auferlegt hat, nützen der Bürgerschaft null und nichts.
Notwendige Berichterstattung
Die in den Obersee Nachrichten publizierten Berichte zur Kesb Linth gaben den Betroffenen von Kesb-Massnahmen eine Stimme. Das schien uns Redaktoren aus journalistischer, aber auch aus menschlicher Sicht notwendig. Dies, weil wir die Eingriffe in das Leben der von Kesb-Beschlüssen betroffenen Personen vielfach überrissen, erniedrigend und teils auch willkürlich empfanden.
Indirekt hat der Stadtrat die Notwendigkeit unserer ON-Berichte zwei Jahre später mit der Entlassung seines Kesb-Leiters und dessen Stellvertreterin bestätigt. Trotzdem wollte der Stadtrat selbst nach diesem Eklat weiterstreiten. Es gehe ihm mit der Klage um den Schutz seiner Mitarbeitenden, verkündete er immer wieder. Viele misstrauen dieser Information Aussage – zu Recht.
Kommentierende Berichte
Über die Kesb zu schreiben ist vonnöten, aber auch gefährlich. Wie ich in vielen Kesb-Fällen und mit der Kesb-Klage selbst erfahren habe, steht diese Behörde unter dem Schutz der Politik und der Schweizer Gerichtsbarkeit. Auch die Kesb Solothurn beklagte einen Journalisten der Basler Zeitung, der wenig Rühmliches zur Kesb aufdeckte und – übrigens wie wir bei den ON – deshalb seine Stelle als BAZ-Redaktor verlor.
Um der bedenklichen Tendenz von Klagen aus Verwaltung und Politik entgegenzutreten, sind alle Artikel in dieser Kesb-Serie mit «kommentierender Bericht» überschrieben. Sie enthalten ausdrücklich persönliche Wertungen, die durch die Meinungsäusserungsfreiheit geschützt sind.