Sie sagte es, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt. Als die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der vergangenen Woche die Pläne zum Wiederaufbau der Ukraine vorstellte, meinte sie, man werde dabei «auch Vermögen russischer Oligarchen verwenden». Im selben Atemzug betonte von der Leyen, die Milliardenhilfe sei an «notwendige Reformen» zu knüpfen, «zum Beispiel gegen Korruption oder zum Beispiel für den Aufbau der Rechtsstaatlichkeit».
Privatpersonen werden zum Freiwild
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen und in ungeschminkte Begriffe übersetzen: Um die Vermögen der «Oligarchen» zu «verwenden», muss man sie ihnen zuerst wegnehmen. Das ist nichts anderes als eine Enteignung. Russische Staatsbürger und Privatpersonen, die bisher auch von der EU als Rechtssubjekte behandelt worden sind, werden plötzlich zum Freiwild. Die Grenzen zwischen Mein und Dein sind niedergerissen.
Dabei ist das Recht auf Eigentum nicht irgendein Recht, sondern es gehört zum Kern des modernen Rechtsstaats: Mit ihm steht und fällt der Schutz des Individuums und seiner Unversehrtheit. Praktisch alle anderen Rechte sind ihm nachgelagert.
Nein zur Sippenhaft
Von der Leyen treibt das gefährliche Spiel noch weiter. Ohne zu erröten, fordert sie als Bedingung für die Milliardenzahlungen den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in der Ukraine, während sie gleichzeitig mit ihren Enteignungsplänen den Rechtsstaat infrage stellt.
Was geht hier vor? Es wird Unrecht mit Unrecht vergolten – und erst noch an Personen, die dafür gar nicht verantwortlich sind. Auch hier muss man das Kind beim Namen nennen: Das ist Sippenhaft. Und die hat in einem Rechtsstaat definitiv nichts zu suchen.
Philipp Gut spricht zu diesem Thema im Talk auf ServusTV. Erstausstrahlung: 22 Mai 2022, 22 Uhr.