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16.02.2022

Wind und Sonne statt CO₂-belasteter Importstrom

Mittels Zubau von Photovoltaik- und Windenergie lasse sich die Abhängigkeit von Stromimporten verringern und damit auch die CO₂-Emissionen der Schweiz, so Empa.
Mittels Zubau von Photovoltaik- und Windenergie lasse sich die Abhängigkeit von Stromimporten verringern und damit auch die CO₂-Emissionen der Schweiz, so Empa. Bild: Empa/Adobe Stock
Mehr Wärmepumpen und mehr Elektroautos auf den Strassen werden zu einem Anstieg Stromverbrauchs in der Schweiz führen. Forscher zeigen auf, wie die Schweiz emissionsreiche Stromimporte reduzieren kann.

Die Schweiz will bis 2050 klimaneutral werden – unter dem Strich also keine Treibhausgase mehr ausstossen. Viele Strategien auf diesem Weg zu «Netto Null» beinhalten den Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Elektrizität – in der Mobilität in Form von Elektrofahrzeugen und im Gebäudebereich in Form von Wärmepumpen zum Heizen.

In der Schweiz stammt der benötigte Strom heute grösstenteils aus Kern- und Wasserkraftwerken – Technologien mit einem geringen CO₂-Fussabdruck. Betrachtet man aber ganz Europa, sieht die Lage anders aus: Schätzungen zufolge sind fossile Kraftwerke zur Stromerzeugung für rund 25% der gesamten europäischen Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Genauer Blick auf Stromimporte nötig

Bereits heute ist die Schweiz auf Stromimporte aus Nachbarländern angewiesen. Der Anteil des Importstroms macht rund 11% aus. Während der im Inland produzierte Strom rund 40g CO₂-Äquivalente pro Kilowattstunde verursacht, liegt der Durchschnitt des gesamten Schweizer Strommix – also inklusive Importe – bei rund 108g. «In Spitzenstunden können es sogar bis zu 600g sein», sagt Martin Rüdisüli vom «Urban Energy Systems Lab» der Empa.

Will man also die CO₂-Belastung des Schweizer Strommix tief halten, sei ein genauer Blick auf diese Importe nötig. Bislang basierten Angaben zu den Treibhausgasemissionen von importiertem Strom auf Durchschnittswerten. In einer neuen Studie haben Forschende der Empa und der Universität Genf nun die Stromimporte im Stundenrhythmus analysiert und gleichzeitig sowohl die direkten als auch die indirekten CO₂-Emissionen der Stromproduktion einbezogen.

20% mehr Strom nötig

Aufgrund der steigenden Elektrifizierung rechnen die Forscher mit einem zusätzlichen Strombedarf von rund 12 Terawattstunden pro Jahr. Das sind laut Empa gut 20% mehr als wir heute schon verbrauchen. «Gleichzeitig müssen wir den Atomstrom ersetzen, da der Bundesrat den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie plant», erklärt Elliot Romano vom Institut für Umwelt- und Wasserwissenschaften der Universität Genf.

Der Ersatz erfolgt durch erneuerbare Energien, die deutlich volatiler sind – also nicht gleichmässig auftreten – und dadurch wiederum die Menge und den Zeitpunkt von Stromimporten erheblich beeinflussen. Vor diesem Hintergrund haben die Forschenden verschiedene Szenarien entwickelt und analysiert, wie sich der Schweizer Strommix künftig zusammensetzen sollte, damit die Importe (und dadurch auch die strombedingten Treibhausgasemissionen) minimiert werden können.

Die Studie zeige, dass der Anteil an Importstrom im Schweizer Strommix in jedem Fall ansteigen wird – und dadurch auch die CO2-Emissionen. Trotz dieser höheren «importierten» Emissionen werde die zunehmende Elektrifizierung von Wärme und Mobilität aber zu bis zu 45% geringeren Treibhausgasemissionen im gesamten Schweizer Energiesystem führen, so die Empa weiter.

«Windenergie kann helfen, unsere Importabhängigkeit zu verringern.»
Dr. Martin Rüdisüli, Empa

Wind gegen die Stromlücke im Winter

Im Winter wird die Schweiz aufgrund geringerer Erträge aus der Photovoltaik weiterhin am stärksten auf Stromimporte angewiesen sein, so die Empa.

Das Szenario, das hinsichtlich Emissionsreduktion in der Studie am besten abgeschnitten hat, sieht deshalb neben einem Ausbau der Solarenergie auf 25 Terawattstunden (von derzeit 2.7 TWh) auch einen grossen Anteil an Windenergie von rund 12 Terawattstunden (von derzeit 0.1 TWh) vor. «Windenergie fällt mehrheitlich im Winter und in der Nacht an», so Martin Rüdisüli. «Sie kann also helfen, unsere Importabhängigkeit in diesen Zeiten zu verringern.»

Herausforderung saisonale Speicherung

Eine zunehmend grosse Herausforderung orten die Studienautoren bei der saisonalen Speicherung von Energie. In allen durchgerechneten Szenarien sind aufgrund der ausgebauten Photovoltaik grosse Stromüberschüsse im Sommer zu erwarten.

Das grösste Potenzial, diese Überschüsse in den Winter zu überführen, sehen die Forschenden in «Power-to-X»-Technologien, die die Umwandlung von überschüssigem Strom in speicherbare chemische Energieträger wie Wasserstoff oder synthetisches Methan ermöglichen, sowie in thermischen Speichern wie etwa Erdsondenfeldern.

Zürioberland24 / Linth24