Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Region
03.11.2021

Regionale Tätowierer sehen schwarz

Viele Tattoo-Farben könnten auch bald in der Schweiz verboten werden.
Viele Tattoo-Farben könnten auch bald in der Schweiz verboten werden. Bild: pixabay
Schweizer Tätowierer horchen auf: In der EU werden künftig viele Tattoo-Farben verboten sein. Gilt das Verbot auch in der Schweiz, so könnte das für einige Tattoo-Unternehmen gar existenzbedrohend sein.

Darum geht es:

  • In der EU soll schon bald das Verbot der beiden Pigmente «Blue 15:3» und «Green 7» in Kraft treten, welche als Grundstoffe für viele Tattoofarben dienen
  • Zieht die Schweiz mit, so könnte dies grosse Auswirkungen auf die Tattoo-Szene haben
  • Sowohl regionale Tätowierer wie auch der Verein Schweizerischer Berufstätowierer erklären gegenüber Linth24, dass das Verbot Probleme mit sich bringen würde

Der Rapperswiler Tätowierer Javier Ramírez befürchtet: «Mit dem Verbot würde meine Arbeit stark eingegrenzt werden.» Damit bezieht sich der Tätowierer auf ein Farben-Verbot, welches in der EU schon bald in Kraft treten wird und welches vielleicht auch in der Schweiz eingeführt werden könnte.

Farbige Tattoos bald Geschichte

Bald schon sind in der EU nämlich eine Mehrzahl an farbigen Tattoos Geschichte, weil in Zukunft müssen Tätowiererinnen und Tätowierer mit rund zwei Drittel weniger Farben auskommen als bisher. Denn: Die EU-Chemikalienverordnung REACH wurde abgeändert, so dass einzelne in Tattoos und Permanent Make-up enthaltene Stoffe und Stoffgruppen neu verboten sind. Anfang 2023 soll dann auch das Verbot der beiden Pigmente «Blue 15:3» und «Green 7» in Kraft treten, welche als Grundstoffe für viele Tattoofarben dienen.

Die Europäische Chemikalienagentur ECHA begründet das neue Verbot damit, dass Tattoofarben und Permanent-Make-up «gefährliche Stoffe enthalten» können, «die Hautallergien und andere, schwerwiegendere Auswirkungen auf die Gesundheit haben».

Auch in der Schweiz?

In der Schweiz gilt zwar das neue Verbot (noch) nicht, doch schon seit bereits mehreren Jahren sind gesetzliche Anforderungen an Tätowier- und Permanent Make-Up (PMU)-Farben festgelegt. Sandra Stierli vom «Tattoo Collective Schweiz» erklärt gegenüber «20 Minuten», dass aber davon auszugehen sei, dass die Schweiz beim Farbenverbot mitziehen wird und dass das Verbot eine grosse Auswirkung auf die Tattoo-Szene habe.

«Wir sind nicht mehr im letzten Jahrhundert»

Die Schweizer Tätowierer sehen schwarz, wenn die Tattoofarben tatsächlich verboten werden. «Ich empfinde dieses Verbot nicht als sinnvoll», meint Cyrill Dönz, Inhaber von INKINSPIRIT Tattoos in Lachen. «Wir sind nicht mehr im letzten Jahrhundert. Die Zeiten mit Blei usw. in den Farben sind vorbei.» Und: «Krebserregend oder andere Begriffe sind nicht mehr relevant. »

«Meine Arbeit würde stark eingegrenzt werden»

Javier Ramírez vom Think In Ink Studio in Rapperswil stimmt Dönz zu: «Ich erachte das Verbot als Irrsinn und sehe keinen Grund dafür.» Fortfahrend fügt er hinzu: «Es wurden in den letzten Jahren bereits viele Farben und zum Teil komplette Farbreihen bestimmter Marken verboten, mit welchen wir jedoch – als sie noch zur Verwendung zustanden – nie schlechte Erfahrungen gemacht haben.» 

Der Tätowierer aus Rapperswil befürchtet: «In unserem Tattoostil arbeiten wir oft mit Farbe (Traditional oder Neotraditional). Mit dem Verbot würde meine Arbeit stark eingegrenzt werden.»

«Kunden betteln jetzt schon um illegale Farben»

Die Qualität der Tattoos sei schon seit den letzten zwei Jahren durch jegliche Farbverbote extrem am Leiden, meint Dönz. «Die Kunden betteln ja jetzt schon um illegale Farben.» Denn die momentan erlaubten Farben seien alles andere als qualitativ – sie verkleben und trocken schon während dem Stechen, so Cyrill Dönz. Und sie verheilen «grottenschlecht». 

Billige Kopien vom Schwarzmarkt

Auch Ramírez ist der Meinung, dass mit dem Verbot die Qualität eingeschränkt wird: «Kommt es zum Verbot, so können die Farben nicht mehr in offiziellen und vertrauenswürdigen Shops eingekauft werden.» Er warnt: «Auf dem Schwarzmarkt oder e-bay usw. kann man schnell eine billige Kopie ergattern, die dann vielleicht aber tatsächlich mit schädlichen Inhaltsstoffen belastet ist.»

«Branche wird in den Untergrund gezwungen»

Sogar der Verein Schweizerischer Berufstätowierer (VST) zeigt sich besorgt, dass eine mögliche Einführung des Gesetztes problematische Folgen mit sich ziehen wird: «Wir sehen das grösste Problem damit, dass man die Branche so in den Untergrund zwingen würde – oder eben diejenigen belohnt, welche bin anhin schon im Untergrund waren und diejenigen bestraft, welche die höheren Standards erfüllen oder erfüllen wollen», sagt Vereinspräsident José Pena.

Der Verein koordiniere eng mit dem Council of European Tattoo Associations und schliesse sich unter anderem dem ESTP, dem öffentlichen Brief von Savethepigments und dem Schreiben von Tätowierkunst an.

Linda Barberi, Linth24
Demnächst