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Kanton
09.03.2021

«99-Prozent-Initiative» – höhere Steuern auf Kapitalerträge

Die vor vier Jahren eingereichte «99% Initiative» wurde abgelehnt. Kantonsrat Christopher Chandiramani zieht ein Fazit.
Die vor vier Jahren eingereichte «99% Initiative» wurde abgelehnt. Kantonsrat Christopher Chandiramani zieht ein Fazit. Bild: Linth24
Die Juso wünschen eine höhere Besteuerung von Zinsen und Dividenden im Vergleich zum Arbeitseinkommen. In der Frühjahrssession 2021 der eidgenössischen Räte wurde das Volksbegehren abgelehnt.
  • Kolumne von Christopher Chandiramani

Die 99-Prozent-Initiative wurde als Form einer «Reichtum-Steuer» von den Schweizer Jungsozialisten (Präsidentin Tamara Funiciello) im Jahre 2017 lanciert und mit über 109’000 gültigen Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht. Konkret heisst dies, dass Kapitaleinkommen in Zukunft höher besteuert werden soll als Löhne, 1.5x unter Berücksichtigung einer Freigrenze von CHF 100’000.

Angriff auf die Superreichen

Wer das jährlich publizierte goldene Heft der 300 reichsten Schweizer, herausgegeben von der Zeitschrift «Bilanz» durchblättert, hat oft den Eindruck einer Schweiz von vielen Millionären und Milliardären. Auf den zweiten Blick fällt aber auf, dass viele Reiche nicht Bargeld und Liegenschaften horten, sondern Unternehmer sind, welche Arbeitsplätze schaffen. Dort, wo Aktien börsenkotiert sind, gibt es einige «Glückspilze», deren Unternehmenswert in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Das hängt zusammen mit der expansiven Geldpolitik der Notenbanken (vgl. Aktienindex SMI von 2018 bis 2021 +150%). Kehrseite der Medaille sind relativ hohe Vermögenssteuern in der Schweiz. Viele Gesellschaften müssen Dividenden ausschütten, um diese Steuern Ihrer Eigentümer zu finanzieren (Beispiele Ems-Chemie und Stadler Rail). Gewinne sind nicht generell unethisch, sondern dienen dazu, Investitionen zu tätigen und Reserven anzulegen, wie gegenwärtig zur Bewältigung der Corona-Krise.

Pensionskassen – Einnahmen zur Erfüllung von Verpflichtungen

In einer Zeit tief verzinslicher Anleihen oder sogar Negativzinsen auf Bankkonti sind Pensionskassen und andere Vorsorgewerke (AHV und Ausgleichfonds) auf Einnahmen angewiesen. Diese Erträge können aus Risikoüberlegungen nur noch durch Dividenden und Immobilien erwirtschaftet werden. Die Vorsorgeeinrichtungen sind in der Schweiz sowohl bei Bund als auch bei Kantonen von direkten Steuern befreit. Das darf nicht ändern.

Auf der Suche nach den «gerechten Steuern»

Jedes Land hat sein eigenes Steuersystem. In der Schweiz erheben die Kantone und Gemeinden progressive Einkommens- und Vermögenssteuern, beim Bund mehrheitlich indirekte Steuern (Mehrwertsteuer), auch direkte Bundessteuern, sowie verschiedene Abgaben auf Treibstoffen, Alkohol und Stempel. Auf ein Kapitalgewinnsteuer wird verzichtet. Eine Erbschaftssteuer gibt es für direkte Verwandte in den meisten Kantonen nicht mehr. Im Ausland ist es meistens umgekehrt, erheblich höhere Mehrwertsteuer, Steuer auf Erbschaften und Kapitalgewinn, aber seltener Vermögenssteuern. In den letzten Jahren sind auch bei uns Staatsquote und Grenzsteuersatz etwa 35 Prozent gestiegen, nachdem die Schweiz lange Zeit als Steuerparadies betrachtet wurde. 

Zusammenfassungen und Fazit

Vergangene Volksabstimmungen haben gezeigt, dass die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger keine neuen Steuern wollen. Der Staat hat ein Ausgabenproblem, nicht ungenügende Einnahmen. Aber Reformen, wo man Wirtschaft und Linksparteien gemeinsam ins Boot holen könnte, wären eine gerechtere Ehepaarbesteuerung, bessere Altersvorsorge und eine Abschaffung der Negativzinsen. Eine Milderung der Belastung und Mehrfachbesteuerungen von Hauseigentümern (Eigenmietwert, Liegenschaftssteuer, Handänderungskosten, Veräusserungsgewinne u.a.) ist bisher immer gescheitert.

Christopher Chandiramani, Kantonsrat SG