Die Altersbetreuung von Rapperswil-Jona wird von den Stiftungen «Alterswohnungen Jona» und «RaJoVita» getragen. Erstere erstellt «preisgünstige Alterswohnungen», zweitere betreut im Auftrag der Stadt Betagte mit der Spitex sowie in den Pflegeeinrichtungen Grünfels, Bühl, Meienberg und Porthof.
Nun wird der Porthof ausgebaut. Zu den bestehenden zwei Bauten mit 60 Alterswohnungen kommt ein Neubau mit 51 weiteren Alterswohnungen und einer Pflegeabteilung mit 19 Betten. Der Bau ist fast fertig. Eröffnung ist auf Mitte 2021 geplant.
Auf einem Drohnen-Video zeigt Linth24 die imposante Alters-Anlage Porthof.
Es soll aber wieder alles anders kommen: Am 18. Dezember 2020 überraschte der Stadtrat mit der Nachricht, die Pflegeabteilung im Porthof werde eliminiert. Stattdessen werde dort ein Kindergarten gebaut.
Wie ein schlechter Witz
Die Medienmitteilung tönte – nach jahrelanger Planung und beinahe fertig erstelltem Bau – wie ein schlechter Witz. Der Stadtrat führte aus, man habe im Juni 2020 (!) «festgestellt», dass die Pflegeabteilung «unvereinbar mit einer zeitgemässen und sinnvoll finanzierbaren Ausrichtung der Langzeitpflege» sei.
Die 172 Pflegeplätze im für 2023/2024 geplanten Pflegezentrum Schachen würden genügen. Zudem hätte der Pflegebereich im Porthof ein Jahres-Defizit von 250'000 Franken zur Folge.
Betagte werden zu Spar-Opfern
Wegen 250'000 Franken wird somit der grössten Alterssiedlung der Stadt mit total 111 Wohnungen und 150 Betagten kurz vor Fertigstellung die Pflegeabteilung entrissen. Und damit auch der 24-Stunden-Notrufservice mit hausinterner Spitex und permanenter Anlaufstelle. Welch eine Schande!
Kommt dazu, dass sich der Schaden der Rochade auf ein Vielfaches des (unbelegten) Prognose-Defizits belaufen wird.
Die Ausrede mit dem Defizit
Ohnehin: Das 250'000-Franken-Defizit kann nur eine faule Ausrede sein. Die städtische Altersorganisation RaJoVita setzt jährlich fast 23 Millionen Franken um und erzielt jedes Jahr Gewinn. Da sind 250'000 Franken ein Klacks. Dasselbe bei der Stadt mit einem Jahres-Etat von 170 Millionen.
Schaden geht in die Millionen
Erste Schätzungen des Schadens für die Umwandlung der Pflegeabteilung in einen Kindergarten inklusive Mietzinsausfällen gingen von 3 bis 4 Mio. Franken aus. Das dürfte nach unabhängigen Fachschätzungen in etwa hinkommen.
Stadträtin Tanja Zschokke hingegen versuchte diese Kosten vor Weihnachten gegenüber der Linth-Zeitung auf rund 1 Million herunterzureden.
Da liegt sie falsch: Allein schon die Kosten für Planung und Bau der rund 1’000 Quadratmeter grossen Pflegeabteilung belaufen sich auf 2,5 bis 3 Mio. Franken. Davon muss jetzt ein bedeutender Teil abgeschrieben werden.
Dazu addieren sich die Abriss-Kosten sowie die Erstellungs-Kosten für den Kindergarten.
Dass all das nicht mehr als eine 1 Millionen Franken kosten soll, ist wohl ein Traum.
Stadt drohen Entschädigungen
RaJoVita hatte mit der Stiftung Alterswohnungen für die Pflegeabteilung eine Jahresmiete von rund 300'000 Franken ausgemacht. Der Kindergarten wird die halbe Fläche belegen, also gegen 500 Quadratmeter. Demzufolge muss er für die Miete rund 150'000 Franken bezahlen.
Die noch fehlenden 150'000 Franken sollen noch unbekannte Mieter aus der Gesundheitsbranche leisten. Das wird nicht leicht. Es drohen Stadt und RaJoVita somit auch noch Ausgleichszahlungen für Mietzinsausfälle.
Immaterieller Schaden, fehlende Sicherheit
Zu alledem kommt noch der immaterielle Schaden: Dem Porthof-Komplex fehlt künftig die Pflegeabteilung mit 24-Stunden-Service. Das macht die Alterswohnungen weniger attraktiv und könnte auf die Mieteinnahmen drücken. Nicht zu reden vom Verlust für Betagte, die sich nun ohne schnell abrufbaren Pflegeservice unsicher fühlen!
Kindergarten ein Fehlprojekt
Auch der Kindergarten dürfte eine Fehlplanung sein. Der Altersbau Porthof ist rundum mit Strassen und einem Hof bewehrt. Somit müsste die einzige freie, multifunktional nutzbare Wiese westlich des Gebäudes für einen grossen Spiel- und Rummelplatz der Kinder genutzt werden. Ob das, direkt vor den Alterswohnungen, gescheit ist? Zudem: Im Zentrum der Altersbaute, zwischen Cafeteria, Fremdmietern und Empfang, kann kaum eine kindergerechte Anlage entstehen.
Wer trägt den Schaden?
Momentan diskutieren RaJoVita, die Stadt und die Stiftung Alterswohnungen Jona über die Schadens-Verteilung. Eigentlich aber ist der Fall klar: Stadt und RaJoVita sind in der Pflicht: RaJoVita hat die Pflegeabteilung bestellt, die Baueingaben mitunterzeichnet und die Pflegeabteilung in «Absprache» mit dem Stadtrat versenkt. Stadt und RaJoVita sind somit für die finanziellen Schäden verantwortlich!
Rechtsbrüche und Baustopp?
Auch aus rechtlicher Sicht ist das Vorhaben problematisch:
Erstens: Der Zweck der Stiftung Alterswohnungen lautet: «Erstellung und Verwaltung von preisgünstigen Wohnungen in Jona für Betagte und Behinderte.» Es ist also fraglich, ob sie einen Kindergarten bauen darf.
Zweitens: Die Stadt hat die Schenkungen zum Porthof-Neubau dem Volk mit dem Versprechen der Pflegeabteilung vorgelegt. Darf sie jetzt davon abrücken?
Drittens: Die Zweckänderung der Baute erfordert wohl eine neue Baueingabe mit Einsprachefristen, womit der Ausbau des EGs wohl gestoppt werden müsste.
Viertens: Für einmalige Ausgaben hat der Stadtrat eine Kompetenz bis maximal 1 Mio. Franken. Diesen Betrag wird die Kindergarten-Rochade übersteigen, was einen Bürgerversammlungsbeschluss nach sich ziehen müsste!
Der Stadtrat täte gut daran, diese Fragen zu prüfen, bevor er Wände einreissen lässt. Es könnte ihm sonst im Porthof noch ein Baustopp drohen
Morgen erfahren Sie in Folge 2, wie Stadtrat und RaJoVita die Pflegeabteilung jahrelang als innovatives Projekt lobten – und es Wochen nach der letzten Lobpreisung abschossen!