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Kolumne
27.09.2025
27.09.2025 06:32 Uhr

Börse trotzt Pharma-Zoll der USA

Christopher Chandiramani zu den Aussichten: «Wir müssen uns auf eine Durststrecke einstellen bezüglich Exporten und Unternehmensgewinnen.»
Christopher Chandiramani zu den Aussichten: «Wir müssen uns auf eine Durststrecke einstellen bezüglich Exporten und Unternehmensgewinnen.» Bild: Linth24
Trotz Schocknachricht zu Pharma-Zöllen in der Nacht auf Freitag setzte eine Erholung ein. Zuvor belasteten Konjunktursorgen und Spionageflüge. SMI minus 2,2 Prozent: 11'930 Punkte.

Bis Redaktionsschluss des Börsenberichts war nur sicher, dass der neue Zollhammer ab 1. Oktober gilt, und 100 Prozent betragen sollen. Unklar ist, auf welchen Produkten, nur rezeptpflichtigen Medikamenten, auch Generika, aus welchen Ländern, auch für Firmen, welche in den USA produzieren usw. Zölle werden stets den amerikanischen Kunden belastet.

Die Konjunkturforschungsstelle KOF/ETH revidiert die Erwartungen nach unten. Grund dafür sind die Zölle und deren Auswirkungen auf das weltweite Wirtschaftswachstum. Dies drückt spürbar auf die Wachstumsdynamik. Demnach dürfte das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) 2026 nur um 0.9 Prozent zulegen. Im Sommer hatte man noch 1.5 Prozent erwartet. Für 2025 bestätigte die KOF ihre Erwartung von 1.4 Prozent Wachstum, für 2027 prognostiziert sie 1.6 Prozent.

Trotz leicht anziehender Inflation steigern die US-Bürger ihren Konsum stärker als erwartet. Ihre Ausgaben legten im August um 0.6 Prozent gegenüber dem Vormonat zu. Von Reuters befragte Volkswirte hatten nur mit einem Zuwachs von 0.5 Prozent gerechnet, nach einem Plus von ebenfalls 0.5 Prozent im Juli.

Negativzinsen vorläufig noch abgewendet: Nach zuletzt sechs Senkungen in Folge ändert die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zinsen nicht. Sie belässt den Leitzins bei 0.0 Prozent. Aber die SNB bleibt weiterhin am Devisenmarkt aktiv.

Der Bundesrat will E-Autos ab 2030 besteuern, um Einnahmeausfälle bei der Mineralölsteuer zu kompensieren für den Strassenunterhalt. Er schlägt eine Besteuerung pro gefahrenen Kilometer oder auf den geladenen Strom vor. Der Verfassungsänderung müsste das Volk zustimmen.

Gemäss einer Studie des VZ Vermögenszentrums liegt der Median des vererbten Vermögens bei Schweizer Ehepaaren bei etwa 1.4 Millionen Franken. Das bedeutet, die Hälfte vererbt weniger als diesen Betrag, die andere Hälfte mehr, wobei die Unterschiede gross sein können. Das meiste Vermögen steckt dabei in Immobilien und wird vererbt an die Kinder.

Unternehmensnachrichten

Novartis und Roche: US-Präsident Trump hat in der Nacht auf Freitag einen Zoll von 100% auf Arzneimittelimporte in die Vereinigten Staaten ab dem 1. Oktober angekündigt. Dies setzt Pharmafirmen wie Novartis und Roche unter Druck. Wie genau die beiden Basler Firmen reagieren, ist noch unklar. Die Konzerne hatten angekündigt, in den USA zu investieren.

Novartis will den Preisunterschied von Medikamenten zwischen den USA und den anderen Industrieländern ausgleichen, sagte CEO Vas Narasimhan am Samstag in einem Interview mit der NZZ. Er erklärte, Länder ausserhalb der USA stünden in der Pflicht, für Innovationen mehr zu leisten. In der Schweiz seien die Preise zu günstig.

Im Konzern der deutschen Lufthansa steht ein Stellenabbau bevor, nicht nur bei Piloten und Flugbegleitern, sondern in den Büros am Boden. In der Verwaltung sollen 20 Prozent der Stellen gekürzt werden.

Die Krise beim deutschen Automobilbau trifft auch die Zulieferer hart. Der weltweit grösste Autozulieferer Bosch aus Gerlingen (Kreis Ludwigsburg) bei Stuttgart baut an deutschen Standorten weitere rund 13'000 Stellen ab. Zusammen mit dem bereits angekündigten Stellenabbau fallen damit bis Ende 2030 etwa 22'000 Arbeitsplätze weg. Besonders betroffen sind gemäss Firmenangaben die Standorte rund um Stuttgart und Ludwigsburg, Homburg und im Saarland.

Rückruf bei BMW: Fahrzeuge können nach Wassereintritt brennen. An bestimmten Stellen in den betroffenen Autos kann Wasser eindringen und Korrosion, Kurzschlüsse verursachen. Es ist der zweite relevante BMW-Rückruf innerhalb weniger Wochen. Es sind weltweit hunderttausende von Autos betroffen, müssen in die Werkstatt, um ein Problem am Starter zu beheben. Allein in Deutschland sind über 136'000 Fahrzeuge betroffen,

Der Telecomkonzern Swisscom plant gemäss einem Zeitungsbericht von CH Media eine Verlagerung von Schweizer IT-Stellen nach Rotterdam (Niederlande) und nach Riga (Lettland). Dabei soll es sich um 1'000 bis 1'400 Stellen handeln. Grund dafür sind Kostenmassnahmen, wie Swisscom gegenüber den CH Media Zeitungen mitteilte.

Der Aufzug- und Rolltreppenhersteller Schindler hat einen Grossauftrag von der Hotelgruppe Accor erhalten. Er wird in diversen asiatischen Ländern Aufzüge und Rolltreppen liefern, ihre Wartung übernehmen sowie bestehende Anlagen modernisieren. Finanzielle Details nannte er keine.

Der Bundesrat bleibt hart, die UBS muss ihr Eigenkapital erhöhen, trotz Wegzugsdrohungen in die USA.

Aussichten

Es gibt unverändert drei grosse Problemherde: die US-Aussenpolitik (Zölle), die geopolitischen Konflikte (Israel, Ukraine), während zusätzliche Spionageflüge über Nordeuropa Angst auslösen. Alles wirkt sich negativ aus auf die Weltkonjunktur und dämpft die Wirtschaft-Dynamik. Wir müssen uns auf eine Durststrecke einstellen bezüglich Exporten und Unternehmensgewinnen. Einziger Faktor, welcher erklärt, dass die Aktien nicht stärker einbrechen, sind hauptsächlich tiefere Zinsen und der Obligationenersatz durch Dividendenperlen.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst Portal24