Oehler wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, wie er oft betonte, und besuchte die Primarschule in Balgach sowie die Sekundarschule in Widnau, bevor er an der Kantonsschule St.Gallen die Matura Typus B (Latein) ablegte. Der Balgacher war von Grund auf Unternehmer. Bereits während seines Studiums an der Universität, das er mit einem Doktorat in Staatswissenschaften abschloss, gründete der Sohn eines Malermeisters ein Gipsergeschäft in Balgach. Im Militär erreichte er als Panzerabwehr-Infanterist den Rang eines Obersts und war Kommandant eines Infanterieregiments. Von 1991 bis 2004 war er Präsident des Verbands Schweizerischer Zigarettenindustrie.
Seine unternehmerische Karriere nahm schnell Fahrt auf. Edgar Oehler war Geschäftsführer und Eigentümer mehrerer grosser Unternehmen, darunter die AFG Arbonia-Forster-Gruppe in Arbon und die Hartchrom AG in Steinach. Laut dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» wurde sein Vermögen im Jahr 2020 auf etwa 275 Millionen Franken geschätzt.
Jüngster Nationalrat mit 28
Er war auch eng mit der Tageszeitung «Die Ostschweiz» verbunden, die der katholischen Kirche nahestand und ein Art Gegenpool zum damals freisinnigen Tagblatt war, und amtete dort von 1973 bis 1985 als Chefredaktor. In dieser Rolle war er bekannt dafür, Klartext zu sprechen und sich keiner Diskussion zu entziehen. Von 1971 bis 1995 war er für die CVP (heute: Die Mitte) im Nationalrat aktiv und war mit 28 Jahren das jüngste Mitglied der Kammer. Einer seiner Unterstützer war der St.Galler Bundesrat Kurt Furgler.
Internationale Aufmerksamkeit erregte Oehler 1990, als er eine Mission («Operation Kalif») leitete, bei der Schweizer Politiker den irakischen Diktator Saddam Hussein besuchten und die Freilassung mehrerer Dutzend Schweizer Geiseln erreichten. Dieses Engagement brachte ihm in den Medien den Spitznamen «Der Kalif von Bagdad» ein. In den letzten Jahren zog sich der «König des Rheintals» schrittweise aus der Wirtschaft zurück und übergab 2022 die operative Leitung der STI Group, einem weltweit führenden Unternehmen in der Oberflächenveredelung, an Andrea Oehler, eine seiner vier Adoptivtöchter.
Viel Support für den FC St.Gallen
Im Jahr 2021 liess er eine Biografie mit dem Titel «Edgar Oehler, Ostschweizer. Unternehmer, Politiker, Journalist» vom ehemaligen Bilanz-Chefredaktor René Lüchinger verfassen. Sein Engagement für den St.Galler Fußball bleibt unvergessen; von 2006 bis 2015 trug der heutige Kybunpark den Namen AFG Arena, was jährlich eine Million Franken kostete. Oehler hat sich als Aktionär für den FCSG eingesetzt.
In der Nacht auf den 13. März verstarb Edgar Oehler, der zuletzt an Alzheimer litt, in Balgach. Die Ostschweiz, insbesondere das Rheintal, sowie die gesamte Schweiz verlieren mit ihm eine der schillerndsten und aktivsten Persönlichkeiten der letzten Jahrzehnte.