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Kanton
17.07.2024
18.07.2024 07:34 Uhr

Islamisten-Urteil nächste Woche

Emir Tahirovic fordert – wenig überraschend – einen Freispruch.
Emir Tahirovic fordert – wenig überraschend – einen Freispruch. Bild: srf.ch
Seit elf Jahren beschäftigt Emir Tahirovic die Gerichte. Und Ruhe gibt er weiterhin nicht. Jetzt droht ihm der Landesverweis.

Update 17. Juli, 19:30 Uhr

Heute fand der Gerichtsprozess vor dem Kantonsgericht St.Gallen statt. Gemäss «TVO» wird das Urteil des Gerichtes nächste Woche bekanntgegeben. Weiter behauptet TVO, dass das Ehepaar durch die verschiedenen Verstösse fast eine halbe Million Franken Schulden hat.

Ein Zuschauer äussert sich gegenüber dem TV-Sender, dass er persönlich «eine gewisse Reue» beim Ehepaar nicht erkannt habe. «Bei der Frau habe ich gespürt, dass sie aufgrund der Kinder das Bedürfnis hat, hierzubleiben. Aber meiner Meinung nach sind beide hier nur schwach verwurzelt.» Tahirovic wiederum habe den Eindruck gemacht, dass ihm das Land weniger am Herzen liege. Denn dieser sehe seine Zukunft in seinem Heimatland.

Vor Gericht argumentiert das Ehepaar, dass man lediglich ein gutes, religiöses Vorbild für die Kinder hätte sein wollen. Sie würden ausserdem vor allem wegen den Kindern hierbleiben wollen. 

Ursprungsmeldung vom 17. Juli

Er ist längst ein bekanntes Gesicht. Schwarze Haare, auffällig langer Bart und meist weiss gekleidet: Emir Tahirovic fällt auf. Sowohl optisch, wie auch mit seinen Schlagzeilen. Zu seinen Vergehen gehört, dass er die Scharia mehrmals über die Schulordnung gestellt haben soll.

Was ist die Scharia?

Die «Neue Zürcher Zeitung» erklärt, dass die Scharia «das Rechtssystem des Islam» ist. Demnach umfasst sie die Gesamtheit aller religiösen und rechtlichen Normen des Islam. Unter den Einträgen finden sich beispielsweise Äusserungen zu der Kleiderordnung, Essensvorschriften und rituellen Geboten. Oberster Gesetzgeber ist Allah.

Die Scharia ist aber kein unveränderliches Rechtssystem. Viel mehr ist es eine Sammlung aus Vorschriften, Verboten und Empfehlungen, die einem stetigen Wandel unterliegt.

Auch dem St.Margrether Gemeindepräsidenten Reto Friedauer war der integrationsunwillige Bosnier ein Dorn im Auge. Bild: Ulrike Huber

Was wird dem Islamisten vorgeworfen?

2013 untersagte die Schule von St.Margrethen der Tochter von Tahirovic, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. Das passte dem streng gläubigen Vater so gar nicht, weshalb er den Fall bis vor das Bundesgericht weiterzog. 2015 bekam er Recht und das Verbot der Schule wurde für unzulässig erklärt. Dies schreibt das «St.Galler Tagblatt».

Ein Jahr später, 2016, musste Tahirovic eine Busse von rund viertausend Franken bezahlen, weil er seiner Tochter verboten hatte, in den obligatorischen Sport- und Schwimmunterricht zu gehen und am Skilager teilzunehmen. Seinen Sohn wiederum schloss er vom weihnachtlichen Singspiel aus. 

Doch damit noch nicht genug. Im Jahre 2021 wurde der Islamist gemeinsam mit seiner Ehefrau für schuldig befunden. Warum? Unrechtmässiger Bezug von Sozialhilfe, mehrfache Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten. Das Ehepaar liess sich das nicht bieten und legte eine Berufung ein. Dieser Fall wird nun am Mittwoch vor dem Kreisgericht in St.Gallen verhandelt.

Wie lauten die Anklagen für den heutigen Prozess?

Dieser Besuch vor dem Gericht wird von grosser Bedeutung sein. Denn die Vorinstanz verwies das Ehepaar für fünf Jahre des Landes. Ausserdem gab es für den Islamisten auch eine unbedingte Gefängnisstrafe über eine Dauer von acht Monaten.

Die Frau wiederum kam glimpflicher davon. Fünf Monat bedingt, mit einer Bewährung von fünf Jahren. Die Staatsanwaltschaft fordert jetzt einen Landesverweis von zehn Jahren und eine Gefängnisstrafe von einem Jahr. Unbedingt für ihn, bedingt für sie. 

Die Anklage lautet auf Sozialhilfebetrug, unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe, mehrfache Verletzung der Erziehungs- und Fürsorgepflichten sowie Ungehorsam gegenüber amtlichen Verfügungen. Seit 2011 hat das Ehepaar Sozialhilfe.

Aussagen gegenüber dem «Blick» seitens Tahirovic zeigen auf, dass das Ehepaar mindestens 5'000 Franken vom islamischen Zentralrat erhalten hat, damit der Gerichtsprozess in der Kopftuch-Angelegenheit bezahlt werden konnte.

Und weiter?

Weitere 14'000 Franken habe das Ehepaar von Verwandten und einer Frauengruppe der bosnischen Moschee St.Gallen erhalten. Damit sollten die Bussen und Geldstrafen bezahlt werden. Dazu kommt auch noch ein verschwiegener Mieterlass und Zweckentfremdung von mindestens 6600 Franken, welche zuvor durch das Sozialamt für die Miete überwiesen wurden.

Auch die Kinder sind Gegenstand der Anklage. Das Ehepaar wird belastet, erneut der Tochter ein Schullager vorenthalten zu haben. Auch soll sich das Ehepaar geweigert haben, die beiden Kinder in den Sport- und Schwimmunterricht zu schicken. Für das Gericht ist klar: Das ist eine Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Dazu kommt auch noch der Ungehorsam, dem sich der Vater 2017 schuldig gemacht hat. Konkret sei er 2017 eines Tages einfach nicht zur Arbeit erschienen – trotz einer eindeutigen Verpflichtung seitens der sozialen Dienste St.Margrethen.

Was sagen die Angeklagten?

Das Ehepaar fordert wenig überraschend einen Freispruch in den Fällen des Betrugs, des unrechtmässigen Bezugs von Sozialleistungen sowie der mehrfachen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Auch auf einen Landesverweis soll verzichtet werden.

Sollte der Ehemann vor Gericht verlieren, dürfte die Kompromisslosigkeit die Familie entzweien. Die Frau betonte vor Gericht, dass ein Landesverweis für sie sehr schwierig sei. Schon bald würde sie ein Vierteljahrhundert in der Schweiz wohnen. Alle fünf Kinder seien hier geboren und würden keine andere Heimat kennen.

Der morgige Gerichtstermin wird die nötige Klarheit über das Schicksal der Familie bringen. stgallen24 bleibt am Geschehen dran.

SVP tritt auf den Plan

Die Unnachgiebigkeit im Bezug auf seinen Glauben sorgt für viel Unmut im ganzen Kanton. Der Muslim bekam Hassbriefe und auch der Gemeindepräsident Reto Friedauer machte keinen Hehl daraus, dass er es für angebracht hielt, Tahirovic aufgrund seiner Integrationsverweigerung des Landes zu verweisen.

SVP-Nationalrat Lukas Reimann führte im Jahr 2015 das Komitee für die Erhaltung des sozialen Friedens». In einer Petition wurde festgehalten, dass der bosnischen Familie die Aufenthaltsbewilligung entzogen werden sollte. Das Kantonsparlament schickte ein Standesbegehren nach Bern, welches verlangte, dass Ausländern die Niederlassungsbewilligung entzogen werden darf, wenn ihre Integration nicht glückt.

Fabian Alexander Meyer, stgallen24 / Linth24