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Kanton
13.03.2024
13.03.2024 07:46 Uhr

Der Tänzer von St.Gallen

Pure Lebensfreude: Andrzej Marek Weber.
Pure Lebensfreude: Andrzej Marek Weber. Bild: Jonas Schönenberger
Jeder kennt ihn – den sympathischen Polen, der mit grossen Kopfhörern und noch grösserer Lebensfreude durch die Stadt St.Gallen tanzt. Im Gespräch mit stgallen24-Redaktor Fabian Alexander Meyer gibt er tiefe Einblicke in sein Leben.

Andrzej Marek Weber tanzt fröhlich durch die Stadt St.Gallen und steckt die anderen Einwohner mit seiner puren Lebensfreude an. Doch es war nicht immer so. Tatsächlich musste der Tänzer stark unter der Gesellschaft leiden und erlitt ein Burnout. Tanzen ist seine Therapie.

Andrzej Marek Weber, schön dass ich Dich endlich persönlich kennenlernen darf. Wie geht es Dir?

Mir geht es gut. Danke der Nachfrage. Das Wetter ist schön und auf dem Weg hierher konnte ich bereits viel tanzen.

Damit sind wir auch schon beim Thema. Du bist als der Tänzer von St.Gallen innert kurzer Zeit sehr bekannt geworden. Grund: Deine Tänze sind sehr auffällig. Wie kommt es dazu?

Das hat viele Gründe. Zum einen wollte ich gesund werden. Denn während der Coronakrise hatte ich ein Burnout. Doch später mehr dazu. Ich habe gefühlt, dass mein Herz und mein Körper Musik brauchen, damit ich wieder glücklich werden und zu mir selber finden konnte. Zum Tanzen kam ich, als ich die schwierigste Zeit bereits hinter mir hatte. Die Dinge begannen, sich aufzulösen und ich wurde ein anderer Mensch.

Seit zwei Jahren arbeite ich als Bewusstseinsforscher. Daher weiss ich, dass die Menschen eine Art Aura haben. Ich wollte hierbei unbedingt mehr erfahren. Von den Ergebnissen überwältigt, erkannte ich, wie wichtig das Selbstvertrauen in der Selbstfindung ist. Das ist wichtiger als alles andere. Nur wer sich selbst liebt, kann sich verbessern. Das alles geht allein von dir aus. Du bist der Mittelpunkt deines Lebens, niemand sonst!

  • Tanzen, tanzen, tanzen. Das ist der Lebensinhalt von Weber. Bild: Jonas Schönenberger
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  • Doch diese Lebensfreude hatte der Pole nicht immer. Bild: Jonas Schönenberger
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Um zu so einem Ergebnis zu kommen, bedarf es wohl eigener Erfahrungen…?

Ja. Ich bin in Polen aufgewachsen und wurde extrem katholisch erzogen. Der Glaube begleitet mich daher schon ein Leben lang. Während meiner Kindheit musste ich jedoch psychische und physische Folter sowie körperlichen Missbrauch durchleben. Die Kirche tat genau das Falsche. Sie brachte mich vom Leben weg, anstatt mich zum Leben hinzuführen. Erst jetzt mit gehobenem Alter fällt mir das auf. Meine Lebenserfahrung zeigt mir, dass dort einiges faul war. Gerade in einem derart katholischen Land wie Polen dürfte so etwas nicht passieren. Und dennoch tut es das.

Folglich ist das Tanzen also eine Art Therapie?

Genau. Ich wollte meinen Sorgen und Ängsten begegnen und mich ihnen stellen. Ich will meinen Mitmenschen den Mut geben, sich ihren eigenen Problemen zu stellen und diese anzugehen. Denn wenn ich so durch die Stadt tanze, fällt mir auf, wie viele Leute mit einem Problem zu kämpfen haben. Leider ist das in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Tabuthema. Niemals sollte man seine persönlichen Probleme runterschlucken. Stattdessen sollte man sie immer kommunizieren. Change starts with you – die Veränderung startet bei dir. Jeder ist seines Glückes Schmied.

  • Tanzen ist für ihn Therapie. Bild: Jonas Schönenberger
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  • Besser als jeder Arzt und jeder Psychiater. Bild: Jonas Schönenberger
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Das klingt aber einfacher gesagt als getan.

Ich weiss. Aber so ist es nun mal. Die Veränderung startet mit dir. Vermeide toxische Beziehungen – sowohl mit dir selber, wie auch mit deinen Mitmenschen. Zu oft gibt man alles für andere und vergisst dabei sich selbst. Wer sich selbst nicht im Griff hat, hat auch die anderen nicht im Griff.

Und die Musik hilft Dir bei der Bewältigung Deiner Probleme – gibt es eine Art Lieblingsmusik?

Meine Lieblingsmusik? Die gibt es nicht. (Lacht) Ich habe einen so vielfältigen und breiten Musikgeschmack, dass ich mich kaum auf einen einzigen Liebling fixieren kann. Mein Geschmack beginnt in den 1920er-Jahren und zieht sich bis heute durch. Sei es Soul, Jazz, Swing, Funk oder Disco.

Dann formuliere ich die Frage um – was ist Dein Lieblingslied?

Haha. Diese Frage ist bedeutend leichter zu beantworten. Mein derzeitiges Lieblingslied ist «Heaven’s Jukebox» von Jaden Hamilton.

Und welches Lied lief, als Du zu unserem Treffen kamst?

«Living Next Door To Alice» von Chris Norman.

Gibt es auch Musik, die Du gar nicht magst?

Ja. Grundsätzlich alles, was meinem Herz nicht gut tut. Beispielsweise Techno.

Die Musik treibt Dich an. Du tanzt sehr auffällig. Das braucht Ressourcen. Weisst Du in etwa, wie viele Schritte Du bisher gemacht hast?

Haha, ich weiss sogar mehr als das! Pro Tag mache ich im Minimum 25 Kilometer. Im letzten Jahr konnte ich während neun Monaten rund elf Millionen Schritte machen und verbrauchte dabei elf Paar Schuhe. Das sind pro Million Schritte also ein ganzes Paar.

Geht das nicht ins Geld?

Doch. Aber das ist es mir wert. Ich habe mich von allen Besitztümern abgekoppelt und besitze nur die wichtigsten Dinge. Bei ebendiesen ist mir die Qualität extrem wichtig. So auch bei der Kleidung und insbesondere den Schuhen.

Spannend. Kannst Du uns auch sonst noch etwas darüber erzählen? Gibt es bestimmte Rituale, die Dir wichtig sind?

Ein richtiges Ritual habe ich nicht. Mir ist es einfach wichtig, dass ich tanzen kann. Wenn ich durch die Stadt laufe und das Tanzbein schwinge, fühle ich mich glücklich. Überall habe ich meine Fans. Oft werde ich angesprochen, fotografiert oder auch einfach nur angelächelt. Besonders ein kleines Mädchen blieb mir aber in Erinnerung. Es kam auf mich zu und hat mir meinen eigenen Tanz vorgetanzt. Das war ein sehr schönes Erlebnis.

So herzig! Die Resonanzen müssen also durchweg positiv sein…

Oh ja, das sind sie. Die Begegnungen mit meinen Mitmenschen sind unersetzlich und insbesondere die Kinder sind immer wieder eine Inspiration für mich. Sie sind noch so unbedarft und gleichzeitig auch so motiviert und fasziniert. Wenn sie ausserdem auch noch mit mir reden und mittanzen, sind das wahrhaftige Glücksmomente für mich!

Die Menschen von St.Gallen sind aber bestimmt nicht die einzige Motivation…

Natürlich nicht. Ich komme immer wieder sehr gerne hoch in die Drei Weiheren. Das ist gewissermassen mein Lieblingsort in St.Gallen. Insbesondere abends und nachts ist es hier sehr schön und idyllisch. Nachts ziehe ich gerne auch mal die Kopfhörer aus, geniesse die Stille und betrachte den klaren Himmel, wie er sich über die Gallusstadt erstreckt. Das ist atemberaubend und wunderschön.

  • Während Corona litt Weber besonders. Bild: Jonas Schönenberger
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  • Unter anderem seine Familie entfremdete sich von ihm. Bild: Jonas Schönenberger
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Schöne Sonnenuntergänge, Lebensfreude, Fans… Man könnte meinen, dass Dein Leben perfekt ist…

… Nein auf keinen Fall. Im Gegenteil. Ich musste stark unten durch. Das führte auch zu einem Burnout und dazu, dass ich mich von meiner Familie zerstritten und entfremdet habe.

Könntest Du das genauer erklären?

Während der Coronazeit habe ich mir viele Gedanken gemacht. Sehr viele. In den Augen anderer Bürger waren es wohl zu viele Gedanken – und vor allem die Falschen. Ich persönlich habe absolut nichts von den Massnahmen gehalten. Ich habe nie eine Maske getragen, mich nie impfen lassen und mich über das Homeoffice-Gesetz hinweggesetzt. Statt mich daheim einsperren zu lassen, fuhr ich jeden Tag von Glarus nach Zürich zur Arbeit.

Und inwiefern führte das zu einem Burnout?

Ich wurde aufgrund meiner andersartigen Einstellung bespuckt, bedroht, beleidigt und polizeilich verfolgt. Man wollte mich aus dem Zug werfen und drohte mit polizeilichen Konsequenzen. Zeitgleich hat sich auch meine Familie von mir entfremdet, was dazu führte, dass ich den Kontakt zu dieser verlor. Derzeit lebe ich in einer Scheidung.

Weder meine Frau, noch meine Kinder wollen etwas von mir wissen. Und auch die Freunde von damals sind längst verschwunden. Das alles führte dazu, dass ich psychische Probleme bekam und nicht mehr wusste, wohin die Reise gehen soll. Denn eins ist klar. Den staatlichen Medien kann man nicht trauen. Man will uns uniformieren. Nicht informieren. Ich habe meine eigenen Quellen.

Das sind harte Anschuldigungen. Gerade für mich, der ebenfalls in den Medien arbeitet.

Aber es ist so.

Doch all das tut seiner neu gewonnenen Lebensfreude keinen Abbruch. Bild: Jonas Schönenberger

Zurück zum Burnout. Das Tanzen hat Dir bei der Bewältigung geholfen. Ist Tanzen also die beste Medizin?

Absolut. Und im Gegensatz zur Impfung wirkt diese Medizin auch. (Lacht laut.) Ich bin stolz darauf, ein Freigeist sein zu können.

Also bist Du glücklich trotz der Sache mit deiner Familie?

Auf jeden Fall. Ich könnte nicht glücklicher sein. Wie bereits gesagt, startet die Veränderung immer mit dir. Erst wenn du glücklich bist, kannst du auch die anderen Menschen um dich herum glücklich machen. Das vergessen wir alle leider viel zu häufig.

Und schaust Du ebenso optimistisch in die Zukunft?

Mit Sicherheit. Ich habe sehr viele Pläne. Tatsächlich stapeln sich daheim auf meinem Schreibtisch A4-Blätter vollgekritzelt mit Notizen und Ideen. Ob und wann diese umgesetzt werden, ist noch unklar. Doch bereits jetzt gebe ich Tanzkurse. Ausserdem durfte ich bereits letzte Woche auf einem Event einen Vortrag sowie Tanzeinlagen halten. Ich hoffe, dass das auch in Zukunft immer wieder der Fall sein wird.

Das klingt doch nach einem Plan, der sehr interessant ist. Dann werden wir noch viel von dir hören?

Natürlich.

Mit diesem Zukunftsausblick kommen wir bereits auch schon zum Ende. Möchtest du den Lesern abschliessend noch etwas mitteilen?

Denke zurück an Deine Kindheit. Damals hättest Du nicht gezögert. Du wolltest die Welt erobern, sie verbessern und Deine Träume verwirklichen. Was ist passiert mit Dir? Wo ist Deine Begeisterung, Dein Mut und Deine Abenteuerlust? Das Leben wartet auf Dich und ja, Du darfst Dein Leben auch jederzeit geniessen. Du hast es nicht nötig eine Rolle zu spielen. Sei authentisch und ein Original. Wer Dich mag, der liebt Dich gerade deswegen, weil Du bist wie Du bist. Liebe Deine Einzigartigkeit und lebe Dein Leben und Du wirst Deine Träume und Ziele erreichen.

Fabian Alexander Meyer, StGallen24