- Kolumne von Dr. Philipp Gut
In der heissen Phase des Corona-Regimes waren 38 von 50 Bundesratssitzungen von Indiskretionen «kontaminiert». Die Informationen aus dem Bundesrat flossen in zweihundert untersuchte Medienberichte ein. Allein sechzig dieser Indiskretionen landeten beim Medienkonzern Ringier («Blick»), weitere 60 bei Tamedia («Tages-Anzeiger», «Sonntagszeitung», «20 Minuten»).
Dies hält die Geschäftsprüfungskommission (GPK) in einem am Freitag vorgestellten Bericht fest.
Kultur der Indiskretion
Das Ausmass der gezielten Lecks ist enorm. Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) spricht von einer «Kultur der Indiskretion». Das kann man wohl sagen.
Besonders aktiv war das Departement von Gesundheitsminister Alain Berset. Dessen damaliger Kommunikationschef Peter Lauener schrieb im März 2021 an Ringier-Chef Marc Walder: «Sehr unter uns: Wir bringen am Freitag ein umfangreiches Testpaket in den Bundesrat, das hoffentlich als Gamechanger hilft. Details kann ich Ihnen zirka am Mittwochabend geben. Es wird geklotzt, nicht gekleckert.»
Medien auf Regierungskurs
Für die Leser war schon längst offensichtlich, dass der Corona-Staat und die grossen Medienhäuser oft unter einer Decke steckten – spätestens seitdem ich an Silvester 2021 im «Nebelspalter» ein Video veröffentlichte, in dem Ringier-CEO Walder erzählt, dass er seine Redaktionen auf Regierungskurs getrimmt habe.
Bersets Ex-Kommunikationschef sagt gemäss GPK-Bericht, seine Aufgabe sei es gewesen, «den Boden für die Akzeptanz» des Massnahmenregimes zu legen. Das ist ihm und den willigen Vollstreckern in den Medien zweifellos gelungen.
«Wir sollten das leaken»
Ein anderer Mitarbeiter von Bersets Generalsekretariat schrieb in einer E-Mail an Lauener: «Wir sollten das leaken.»
Nie zuvor spannten Staat und Mainstream-Medien wohl so eng zusammen. Die GPK stellt fest, im Bundesrat habe «Resignation» über die permanenten Indiskretionen geherrscht.
Trotzdem beteuerten alle Bundesräte – inklusive Gesundheitsminister –, in ihren Departementen herrsche «Null-Toleranz» gegenüber Indiskretionen. «Mein Name ist Berset, ich weiss von nichts.»
Wollt ihr uns verarschen?
Eklatante Führungsschwäche
Laut GPK konnte der Bundesrat kaum mehr richtig arbeiten. Die NZZ schreibt dazu: Die Bundesratskollegen hätten Alain Berset kein Wort mehr geglaubt. Das Vertrauen innerhalb der Regierung in ihn sei «völlig zerstört» gewesen.
Dennoch griff kein einziger Bundesrat durch. Berset wusch seine Hände in Unschuld – und alle glaubten ihm.
So geht das nicht, meine Damen und Herren Bundesräte. Was Sie hier veranstalten, zeugt von eklatanter Führungsschwäche, von Doppelspiel, von Feigheit vor Freund und Feind.
Oder ist es Heuchelei? Ich tippe auf beides.
Leser für dumm verkauft
Ähnliches gilt für die betroffenen Medien. Der «Blick» bemühte sich, sofort eine Kritik Bersets an der GPK, also der parlamentarischen Oberaufsicht, zu publizieren.
In den Zeitungen von Tamedia, die so «kontaminiert» waren wie «Blick» & Co., steht über ihre eigene Rolle in diesem abgekarteten Spiel kein Wort. Vielmehr schreiben sie, dass eher «Selbstkritik» der GPK «angebracht» wäre.
Ob die Leser sich wirklich für so dumm verkaufen lassen?