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Rapperswil-Jona
16.08.2023
16.08.2023 18:13 Uhr

Tunnel-Abstimmung: Ein veritables Desaster

Rapperswil-Jona stimmt über den Stadttunnel ab, aber kaum jemand sieht klar.
Rapperswil-Jona stimmt über den Stadttunnel ab, aber kaum jemand sieht klar. Bild: zVg
Grosse Fehlleistungen prägen die Tunnel-Abstimmung: Die Falschaussage des Stadtrates zum Kanton, das Abstimmungs-Management und die Abstimmungsfrage. Kommentar von Bruno Hug

Tunnel Teil 3: Ich bin davon überzeugt, dass eine kluge (!) Tunnel-Lösung – die vorgeschlagenen Varianten «Mitte» und «Direkt» gehören bei mir nicht dazu – die Lebensqualität in Rapperswil-Jona verbessern würde.
Gleichzeitig aber steht für mich fest, dass diese Abstimmung derart mangelhaft aufgegleist ist, dass sie für ungültig erklärt werden müsste.    

Kanton gegen Stadtrat

Zum Verhältnis Stadt gegen Kanton: In ihrem Interview mit der Linth-Zeitung überführt die St. Galler Regierungsrätin Susanne Hartmann den Rapperswil-Joner Stadtrat der Irreführung. 
Das aufgrund folgender Fakten: Stadtpräsident Stöckling und sein Bauchef Leutenegger verkündeten immer wieder, der Kanton habe eine Tunnel-Abstimmung gefordert. Selbst in der Abstimmungs-Broschüre steht, der Kanton habe ein klares Zeichen der Stadt im Hinblick auf das bevorstehende 18. Strassenbauprogramm erwartet, bevor er die weitere Tunnel-Projektierung angehe.

Unnötig und irreführend

Die Kantonsregierung widerlegt diese Aussage und hat dies gegenüber dem Stadtrat am 24. Mai sogar in einem Brief «richtiggestellt».
Der Kanton, so Regierungsrätin Hartmann, habe die Abstimmung nicht gefordert. Im Gegenteil, sie sei «nicht zielführend» und das Tunnel-Dossier sei «nicht abstimmungsreif». Ausserdem habe die St. Galler Regierung schon beschlossen, dem Kantonsrat die weitere Tunnel-Projektierung für Rapperswil-Jona vorzuschlagen.
Fazit: Die Tunnel-Abstimmung basiert auf Irreführung, ist falsch und unnötig. (Interview mit Regierungsrätin Hartmann in der Linth-Zeitung siehe PDF am Kommentar-Ende.)

Unterdrücken von Studien

Zum Tunnel Mitte: Der Stadtrat gab Anfang 2022 für rund 300'000 Franken drei Studien zu «Entwicklungsideen» für Rapperswil-Jona sowie einen «Schlussbericht» in Auftrag. Dabei kamen alle Studien – unabhängig voneinander – zum Schluss, Tunnel Mitte sei problematisch. Er sei für Rapperswil-Jona sogar ein «Entwicklungshemmer».
Der Stadtrat segnete diesen Bericht am 6. März 2023 ab, liess ihn aber im Dunkeln. Wohl deshalb, weil der Stadtrat seit Jahren auf Tunnel Mitte schwört.  
Schon am 28. August 2018 (!) sagte Stadtpräsident Stöckling an einer deshalb einberufenen Medienkonferenz, er wolle «Tunnel Mitte zur Abstimmung bringen». Dafür sei aber noch «Überzeugungsarbeit zu leisten».

Schlechter geht's nicht

In den fünf Jahren seither schaffte es die Stadt aber nicht, mit dem Kanton über die Abstimmung klar zu kommen. Geschweige denn, sie gut vorzubereiten: Die Abstimmungsfrage war erst einige Monate vor Verteilung des Stimmmaterials klar. Das Ja-Komitee hat sich erst vor ein paar Wochen formiert. Die Abstimmungs-Broschüre wurde knapp vor den Sommerferien fertig. Zur öffentlichen Information reichte es vor Abstimmungs-Start ein einziges Mal. Die zweite städtische Tunnel-Info findet am 23. August statt – dann sind die Stimmzettel aber schon verteilt.
Nicht zu reden davon, dass der Bürgerschaft bis jetzt in einer schwer fassbaren Broschüre praktisch nur ein «Milliarden-Loch» verkauft wird, aber kaum Visionen, was daraus für die Stadt entstehen würde. Schlechter kann man eine Generationen-Abstimmung nicht aufgleisen.

Die Abstimmungsfrage  

Zur Abstimmungsfrage: Sie lautet wörtlich: «Wollen Sie der weiteren Planung eines Stadttunnels (Variante Mitte oder Variante Direkt) im Grundsatz zustimmen?»

Das heisst, wer Ja stimmt, sagt damit zugleich Ja zu «Tunnel Mitte» oder zu «Tunnel Direkt». Allfällig andere, später bessere oder einfachere Lösungen sind ausgeschlossen.
Tunnel-Befürworter müssen somit Tunnel-Varianten zustimmen, über die sie kaum etwas wissen und die gemäss Kanton nicht abstimmungsreif sind.
Daraus wird klar: Die Abstimmungsfrage fix mit Tunnel-Varianten zu verbinden, ist eine eklatante Fehlüberlegung. Es würde deshalb nicht überraschen, wenn mache Bürgerinnen und Bürger den Abstimmungsbogen leer einlegen – oder nicht abstimmen.

Hoffen auf den Kanton

Fazit: Die Tunnel-Abstimmung ist ein Desaster. Ihr Resultat ist wegen der vielen Ungereimtheiten kaum einzuordnen.
Trotzdem werde ich Ja stimmen. Weil es aus meiner Sicht falsch ist, eine der möglichen Verkehrslösungen für Rapperswil-Jona zum vornherein auszuschliessen.
Mein Ja basiert jedoch zugleich auf der Hoffnung, dass der Kanton diese fragwürdige Abstimmung nicht ernst nimmt.

Anhänge:

  • PDF Mailverlauf Fragen von Linth24 und Antworten der Stadt zu den Stadt-Studien.
  • PDF «Schlussbericht» Testplanungen. Relevant zu Tunnel Mitte und Stadttunnel sind die Seiten 4, 33, 34 und 45. Wichtige Passagen sind gelb markiert.
  • PDF Interview Linth-Zeitung mit Regierungsrätin Hartmann vom 19.07.2023. Wichtige Passagen sind gelb markiert.  
Bruno Hug