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27.02.2023

Kurs zur künstlichen Intelligenz

Künstliche Intelligenz ist schon heute nicht mehr wegzudenken.
Künstliche Intelligenz ist schon heute nicht mehr wegzudenken. Bild: Pixabay: Gerd Altmann
Künstliche Intelligenz (KI) wird aktuell heiss diskutiert und gilt als eines der wichtigsten Zukunftsthemen für Unternehmen. Am 9. März 2023 gibt es einen Online-Workshop zum Thema.

Die Standortförderung Zürioberland hat Dr. Jennifer Wadsworth, Partnership Manager am AI Center der ETH Zürich, vorgängig zum Thema befragt.

Nutzen wir KI bereits unbewusst im Alltag, ohne es zu wissen?

Dr. Jennifer Wadsworth: Ja, sehr oft sogar! Zum Beispiel wenn wir in den sozialen Medien unterwegs sind. Dort wird KI eingesetzt, um personalisierte "News-Feeds" anzubieten oder Gesichter in Fotos automatisch zu erkennen. Auch KI-unterstützte Werbekampagnen, die gezielte, personalisierte Werbung anbieten, sind weit verbreitet. Daneben sind Google Maps, Spotify, "smarte Assistenten" oder Chatbots wie Siri, Alexa und neuerdings ChatGPT gute Beispiele alltäglicher KI-Anwendungen.

Wie lässt sich KI erkennen und ab wann wird es als solche definiert?

Es gibt momentan keine allgemeingültige Definition von KI. Gemeint ist damit, grob gesprochen, computerbasierte Intelligenz, die menschliches Verhalten oder Denken simuliert und trainiert werden kann, um ganz bestimmte, meist eng definierte Probleme zu lösen. Ziel ist es jedoch, zukünftige Systeme zu entwickeln, die im Idealfall eine Vielzahl von Problemen in verschiedenen Bereichen lösen können.

In welchen Bereichen wird KI derzeit am häufigsten eingesetzt?

Zu den Bereichen, in denen KI schon heute nicht mehr wegzudenken ist, gehören unter anderem der Online-Handel und die sozialen Medien, in denen personalisierte Werbung und Chatbots eine grosse Rolle spielen.

In der Forschung setzt man KI ein, um neue Wirkstoffe, Medikamente und personalisierte Therapien zu entwickeln. Auch die Materialwissenschaften und das Klimamonitoring arbeiten bereits mit KI. Dazu kommt der Bereich Finanzdienstleistungen, in denen man bei der Betrugsprävention, im algorithmischen Handel und im Risikomanagement KI einsetzt.

Autonome Fahrzeuge und auch die heute gängigen Fahrassistenzsysteme beruhen auf KI. Und schliesslich gibt es den grossen Bereich der Robotik, der bei der industriellen Produktion jeglicher Güter bei Handling, Logistik und  Qualitätskontrolle mitspielt.

«Gesichtererkennung, Google Maps, Spotify, "smarte Assistenten" oder Chatbots wie Siri, Alexa und neuerdings ChatGPT sind gute Beispiele alltäglicher KI-Anwendungen.»
Dr. Jennifer Wadsworth, Partnership Manager vom AI Center der ETH Zürich

In welchen Branchen / Jobs wird KI am meisten Einfluss haben?

Meiner Meinung nach in der Medizin. Beispielsweise schaffen es die meisten Wirkstoffkandidaten aus der pharmazeutischen Forschung nie auf den Markt und zu den Patienten. Diese Suche nach neuen Medikamenten ist ein sehr zeit- und kostenintensives Unterfangen. Hier kann KI die Prozesse erheblich beschleunigen, indem sie den Forschern hilft, grosse Datensätze zu verarbeiten. So können die Wissenschaftler mehr Zeit für die Entwicklung des Medikaments aufwenden, den Patienten stehen in kürzerer Zeit vielversprechende Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zudem ist KI ein Türöffner zur personalisierten Medizin: Schon bald könnten KI-gestützte Systeme die Daten und die Krankengeschichte des Patienten individuell analysieren, um darauf aufbauend massgeschneiderte, vorbeugende oder akute Behandlungen vorzuschlagen.

Ist es heute schon möglich, dass Computer Mitarbeitergespräche durchführen?

Möglich schon. Aber das heisst noch lange nicht, dass der Computer auch so genutzt wird. Für repetitive Aufgaben oder die Arbeit mit grossen Datenmengen können digitale Lösungen die Arbeitsaufwand erheblich verringern. Trotzdem wird es in vielen Situationen – und dazu gehören auch Mitarbeitergespräche – unabdingbar bleiben, die wichtigsten Aufgaben von Menschen erledigen zu lassen. Dem Computer kommt dabei eine unterstützende Rolle zu.

Wie kann KI dazu beitragen, grosse gesellschaftliche Probleme zu lösen?

Nehmen wir als Beispiel den Klimawandel – in diesem Bereich hilft KI nicht nur, komplexe Klimasystemmodelle und die Auswirkungen von Emissionen auf diese Systeme besser zu verstehen, sondern sie unterstützt auch den Wechsel von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien – etwa via die Materialforschung für effiziente Solarzellen und leistungsfähiger Batterien für Elektroautos.

«Jeder neue technologische Sprung in der Geschichte hat die Lebensqualität im Allgemeinen verbessert, stiess jedoch anfänglich auf Widerstand. Es liegt auch in der Verantwortung der Menschen, sich darüber zu informieren, um mitdiskutieren zu können.»
Dr. Jennifer Wadsworth, Partnership Manager am ETH AI Center

Was bereitet ihnen Unbehagen in diesem Thema und wie gehen Sie damit um?

Bei praktisch allen neuen Technologien sind Forschung und Anwendungen den rechtlichen Rahmenbedingungen weit voraus. Deshalb versuchen wir, ethisches Handeln in Forschung und Anwendung zu verankern, drängen aber auch auf die frühzeitige Einbeziehung des Gesetzgebers. Der direkte Austausch zwischen Wissenschaftlern, Industriepartnern und Regierungsbehörden erhöht die Transparenz, Vertrauenswürdigkeit und ermöglicht letztendlich die Einführung evidenzbasierter Gesetze. Anstatt unnötig restriktiv zu sein, fördern diese Gesetze sowohl die Grundlagenforschung, ihre Kommerzialisierung als auch die Akzeptanz in der Bevölkerung.

Wie emotional kann eine KI-Anwendung heute schon sein?

Kurz gesagt: So emotional, wie es programmiert wurde. Ein Programm kann auf der Grundlage von Eingabedaten ableiten, wann es auf eine bestimmte Weise reagieren soll. Aber das bedeutet nicht, dass es von Natur aus "fühlt" oder ein Verständnis von Moral hat. Es lernt nur, welche emotionale Reaktion der Mensch bevorzugen würde, abhängig von bestimmten externen Aufforderungen.

Dies ist einer der Gründe, warum Menschen niemals vollständig durch Maschinen ersetzt werden, da viele Aspekte menschlicher Interaktionen eine echte emotionale Reaktion und emotionale Intelligenz erfordern. Zum Beispiel versteht ein Arzt, der einem Patienten schlechte Nachrichten überbringt, wie schwerwiegend diese Situation für den Patienten ist. Ein Programm kann möglicherweise nur erkennen, dass der Patient traurig oder gestresst ist.

Wie erklären Sie jemandem, der Angst vor KI hat, dass es KI braucht?

Angst ist eine natürliche und verständliche Reaktion auf das Unbekannte. Jede neue technologische Sprung in der Geschichte hat die Lebensqualität im Allgemeinen verbessert, stiess jedoch anfänglich auf Widerstand. Daher möchte ich jeden, der Angst vor neuen Technologien hat, ermutigen, sich damit vertraut zu machen. Es gibt viele kostenlose Outreach-Programme und Veranstaltungen für Zielgruppen aller Altersgruppen und Hintergründe. Je wohler sich jemand in seinem allgemeinen Verständnis der Technologie fühlt, desto eher fühlt er sich befähigt, Richtlinien für deren Nutzung sowie für ihre Integration und ihren Platz in der Gesellschaft aktiv mitzugestalten.

Diese Ermächtigung ist ein grossartiges Werkzeug gegen die Verbreitung von Angst und Fehlinformationen. Es ist wichtig, dass die breite Öffentlichkeit weiss, dass sie ein Mitspracherecht bei der Förderung und Implementierung von Technologie hat. Aber es liegt auch in ihrer Verantwortung, sich darüber zu informieren, um mitdiskutieren zu können.

Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich da?

Kommt darauf an… In Forschung, Innovation und die Anwendung von KI stehen wir sehr gut da, während wir im Hinblick auf die Digitalisierung von Daten, etwa Gesundheitsdaten, unseren europäischen Nachbarn hinterherhinken. Auf der regulatorischen Seite fördert der Kanton Zürich aktiv den Dialog zwischen Forschung, Industrie und politischen Entscheidungsträgern, um gemeinsam einen Rechtsrahmen für die sichere Integration von KI-Systemen zu entwickeln.

Ein atemberaubendes KI-Beispiel aus dem Kanton Zürich in Kürze beschrieben. Wir können viele erfolgreiche Projekte aus dem Bereich Medizin und Gesundheit vorweisen – etwa jene von Prof. Julia Vogt und ihrer Forschungsgruppe. Sie entwickeln KI, die Ärzten bei der Früherkennung von Gesundheitsproblemen bei Neugeborenen helfen, etwa angeborenen Herzfehlern oder Gelbsucht.

Auf einem ganz anderen Gebiet arbeitet die ETH-Ausgründung “LatticeFlow”: Zusammen mit den SBB und Siemens verbessern sie mit Hilfe von KI die Zuverlässigkeit der Schienennetz-Wartung.

Online-Workshop zum Thema

Am 9. März 2023 findet ein einstündiger kostenloser Workshop zum Thema statt. Expert:innen des ETH AI Center vermitteln konkrete Anwendertipps und klären auf, was es mit der künstlichen Intelligenz auf sich hat. Die Veranstaltung der Standortförderung Zürioberland ist kostenlos, eine Anmeldung notwendig.

Online-Workshop «KI in KMU nutzen»

Donnerstag, 9. März 2023, 11.30–12.30 Uhr

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Zürioberland24