Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Rapperswil-Jona
15.02.2023
01.03.2023 14:06 Uhr

Parlament: Das verweigerte Interview

Wortkarg: Stadtpräsident Martin Stöckling versteckt sich hinter einer Maske des Schweigens.
Wortkarg: Stadtpräsident Martin Stöckling versteckt sich hinter einer Maske des Schweigens. Bild: Linth24
Vor der Parlaments-Abstimmung setzt die Ja-Seite auf eine eigentümliche Kommunikationsstrategie. Das Komitee lehnt ein Gespräch ab. Und Stadtpräsident Martin Stöckling zog seine Zusage zu einem schriftlichen Interview zurück. Die Geschichte von politischer Arbeitsverweigerung.

Anfänglich erklärte sich  Stadtpräsident Martin Stöckling (FDP) immerhin bereit, die Schlüsselfragen zum Parlament und zur neuen Gemeindeordnung über die am 12. März abgestimmt wird, schriftlich zu beantworten. Als er die Fragen von Linth24 im Stadthaus auf dem Tisch hatte, zog er seine Zusage aber wieder zurück. Dabei wäre eine offene Diskussion und eine Konfrontation von Befürwortern und Gegnern ähnlich wichtig wie an der Fasnacht der Konfettiregen oder das Wurstkranzbankett.

Damit sich die Leserschaft eine Meinung bilden kann, führen wir nachfolgend die unbeantworteten Fragen an den Stadtpräsidenten auf. Schliesslich ist dies die wichtigste Abstimmung in Rapperswil-Jona seit der Fusion der beiden Gemeinden.
Was Herr Stöckling wirklich denkt und weshalb er seine Meinung seit 2019 um 180 Grad geändert hat, wird die Bevölkerung also nie erfahren. Ein Dokument der Zerstörung der Diskussionskultur.

Linth24: Vor der Abstimmung um die Einführung des Stadtparlaments gehen die Emotionen hoch. Weshalb sollen die Stimmbürger am 12. März «Ja» stimmen?

Stöckling:

Linth24: 2015 sprachen Sie sich noch eindeutig gegen die Einführung eines Stadtparlaments aus. Weshalb der Sinneswandel?

Stöckling:

Linth24: 2019 schwärmten Sie in Solothurn für das politische System von Rapperswil-Jona ohne Parlament. Sie sagten zur Zeitung, «mit der Aufgabe der Bürgerversammlung» gehe die Bürgernähe in der Politik verloren. Stört Sie dies heute nicht mehr?

Stöckling:

Linth24: Der «Solothurner Zeitung» sagten Sie auch: Normalerweise würden unsere Bürgerversammlungen 400 bis 700 Stimmberechtigte besuchen. Das lasse sich problemlos managen. Am Managen kann es also nicht liegen, dass Sie die Bürgerversammlung abschaffen wollen. Haben Sie heute etwa Angst vor der direkten Konfrontation mit dem Volk?

Stöckling:

Linth24: Vor einigen Tagen sagten sie zur Ihrer 180-Grad-Spitzkehre bezüglich Parlament gegenüber Radio SRF, auch ein Politiker dürfe schlauer werden. Das mag für Sie vielleicht stimmen. Aber 2015 redeten Sie nicht für die Stadt, sondern Sie machten die Institution Parlament auf ganzer Breite schlecht….

Stöckling:  

Linth24: Wir erinnern Sie: Sie schrieben, damals als FDP-Präsident und Parlaments-Gegner in eine Broschüre: «Das Parlament lähmt die Stadt, blockiert die Verwaltung und führt zu höheren Steuern.»  Ohne Bürgerversammlung seien die Bürger von der politischen Mitsprache ausgeschlossen. Ein Parlament bremse die Dynamik einer Stadt und 36 Parlamentarier seien nicht besser als die Bürgerversammlung» Wie gesagt, bei diesen Ihren Aussagen ging es um das Parlament an sich. Stimmt das alles nicht mehr?

Stöckling:

Linth24: Sie schrieben damals noch mehr, zum Beispiel: «Ein Parlament verursacht hohe Kosten.» Es wirke «generell ausgabenerhöhend», denn Parlamentarier wollten auffallen. Das führe zu populistischer Politik und überflüssigen Vorstössen der Parlamentarier. Stimmt auch das nicht mehr?

Stöckling:

Linth24: In einer Mail an alle Medien von Rapperswil-Jona schrieben Sie Mitte 2015, Sie würden «mit Befriedigung» zur Kenntnis nehmen, dass Glarus Nord das Parlament bereits nach vier Jahren wieder abschaffen wolle. Die Gemeinde hat das Parlament dann auch abgeschafft. Und Sie schaffen eines an. Was sagen Sie heute dazu?

Stöckling:

Linth24: Aber wäre es nicht im Sinne der direkten Demokratie, dass die Stimmberechtigten – wie bisher - an der Bürgerversammlung entscheiden können?

Stöckling:

Linth24: Christian Meier, Präsident der lokalen FDP, sagte an einer Informationsveranstaltung: «Wenn das Parlament nicht kommt, geht Rapperswil-Jona (im Dickicht der politischen Administration) unter». Ist die Lage wirklich derart prekär?

Stöckling:

Linth24: In Rapperswil-Jona stellen sich alle sieben Parteien hinter die Vorlage. Können Sie sich vorstellen, dass einigen diese Eintracht auch suspekt vorkommen kann?

Stöckling:

Linth24: Weshalb befindet sich eigentlich keine Frau im «Ja-Komitee»?

Stöckling:

Linth24: Unabhängig davon könnte man meinen, dass das Polit-Establishment seine Position stärken möchte….

Stöckling:

Linth24: Aber letztlich sind nur gut vier Prozent der Schweizer in einer Partei. Steht die Parlaments-Idee wirklich für eine breitere demokratische Basis?

Stöckling:

Linth24: Wir danken Ihnen für dieses nicht geführte Gespräch.

Thomas Renggli