Maya Nussbaumer schüttelt ungläubig den Kopf. Das Schreiben, das sie von der Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG erreicht hat, bedroht die Existenz ihres traditionsreichen Geschäfts am Stadthofplatz 3.
Aufgrund der drohenden Strommangellage explodieren die Energiekosten. Hatten die Nussbaumers bisher 7,4 Rappen pro Kilowattstunde bezahlt, belaufen sich die Hochrechnungen für das Jahr 2023 auf 52,7 Rappen pro Kilowattstunden – eine Steigerung um den Faktor 7. Mit anderen Worten: Anstatt 40‘000 Franken pro Jahr werden die Energiekosten für die Metzg rund 300‘000 Franken ausmachen.
Maya sieht Hardy ratlos an
«Wenn dies eintrifft, können wir den Laden zumachen», sagt Maya Nussbaumer und blickt ihren Mann Hardy ratlos an. Seit 23 Jahren führen die beiden das Unternehmen und erfreuen sich in Rapperswil-Jona grosser Beliebtheit. Man schätzt es, dass man hier das Fleisch direkt beim Produzenten einkaufen kann, man ist froh, dass man die Besitzer kennt. Doch die Rechnung des EWJR könnte die Erfolgsstory abrupt beenden.
Das EWJR drängte
Hintergrund ist ein vor einigen Jahren geänderter Vertrag. Hatte die Stadthofmetzg den Strom zuvor auf der Basis der Grundversorgung bezogen, wechselte sie auf den freien Markt. «Wir gingen davon aus, dass wir so Geld sparen können. Von einer Strommangellage oder einer Energiekrise sprach damals noch niemand», sagt Maya Nussbaumer – und fügt vielsagend: «Allerdings war es auffällig, wie sehr das EWJR daran interessiert war, den Vertrag zu ändern.»
«Wir wollen eine faire Chance»
Heute ist die Welt nicht mehr die gleiche, der Strommarkt ist aus den Fugen geraten. Deshalb stellten die Maya und Hardy Nussbaumer den Antrag, dass sie wieder in die Grundversorgung zurückwechseln können. Beim EWJR stossen sie aber auf taube Ohren. Das Werk pocht darauf, dass sich die Stadthofmetzg den neuen Konditionen des freien Marktes unterstellt – und die Mehrkosten akzeptiert. Für Hardy Nussbaumer unverständlich: «Wir wollen keine Almosen – aber eine faire Chance, dass wir existieren können. Es darf doch nicht sein, dass ein funktionierendes KMU fallengelassen wird.»
Der Metzgermeister blättert konsterniert in den Unterlagen und hofft, dass es eine Lösung gibt. Sonst wird das Weihnachtsgeschäft 2022 für die Stadthofmetzg in Rapperswil-Jona zum finalen Ausverkauf.
Thomas Renggli