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02.11.2022

Bei Flucht aus dem Iran den Sohn zurückgelassen

Martina Gradmann hat die Lebensgeschichte von Parvin Bebié-Davallou niedergeschrieben, die 1933 in Beirut als Tochter eines iranischen Diplomaten geboren wurde.
Martina Gradmann hat die Lebensgeschichte von Parvin Bebié-Davallou niedergeschrieben, die 1933 in Beirut als Tochter eines iranischen Diplomaten geboren wurde. Bild: Martina Gradmann/Zürioberland24
Die Grüninger Journalistin Martina Gradmann erzählt in ihrem ersten Buch die Lebensgeschichte von Parvin Bebié-Davallou, die vom Iran in die Schweiz flüchtete und ihren Sohn zurückliess. Dazu ein Interview.

Martina, du hast dein erstes Buch geschrieben. Wie kam's dazu?

Martina Gradmann: Die zweite Frau meines Patenonkels hat mich schon immer fasziniert. Sie war als Halb-Perserin so ganz anders als die Frauen, die ich kannte. Ich wollte mehr von ihrem Leben wissen. Bald wurde mir klar: Diese Geschichte muss man aufschreiben.

Worum geht's in dem Buch «Mein Sohn gehört mir nicht»?

Es sind die Lebenserinnerungen von Parvin Bebié Davallou. Ihr Vater war Diplomat für den Iran, sie selbst wuchs in Washington auf, heiratete einen Perser, floh schliesslich aus einer unglücklichen Ehe und liess ihren Sohn zurück. Das sind die Grundzüge. Es geht aber auch um ihre Arbeit für die Vereinten Nationen, für Oligarchen wie Aga Khan, und ihre Ehe mit meinem Patenonkel Albert Bebié.

Wie war das für dich, die Geschichte niederzuschreiben?

Anfangs war das Aufzeichnen mit Parvin zusammen sehr spannend. Mir fiel allerdings schon damals auf, dass sie selten über Gefühle sprach, ausser über die Beziehung zu ihrer Mutter. Manchmal nannte sie Jahreszahlen, die dann nicht mit dem Rest der Geschichte übereinstimmen konnten. Als ich später einiges mit ihr verifizieren wollte, konnte oder wollte sie sich nicht mehr erinnern. Leider ist Parvin heute mit fast 90 sehr gebrechlich geworden.

«Parvins Flucht aus dem Iran hat mich wohl am meisten fasziniert.»
Martina Gradmann, Journalistin und Buchautorin

Was hat dich an ihrer Geschichte am meisten berührt?

Ihre Flucht aus dem Iran, bei der sie ihren Sohn zurückliess. Das hat mich wohl am meisten fasziniert.

Du bist selbst Mutter. Kannst du ihre Entscheidung nachvollziehen?

Überhaupt nicht! Das wäre für mich keine Option gewesen. Man muss allerdings verstehen, dass Parvin keine enge Beziehung zu ihrem Sohn hatte und dieser laut persischem Recht dem Vater «gehörte».

Als freie Journalistin bist du es gewohnt, zu schreiben. Inwieweit unterscheidet sich das Schreiben für eine Zeitschrift oder einer Zeitung vom Buchschreiben?

Das ist tatsächlich etwas ganz anderes. Wenn ich einen Artikel für eine Zeitung schreibe, habe ich meist eine gewisse Zeichenzahl zur Verfügung. Bei einem Buch sind das plötzlich Seiten, die man füllen muss. Der Aufbau der Geschichte passiert anders als bei einem Artikel, obwohl eine journalistische Herangehensweise auch hilfreich sein kann. Das kommt sehr darauf an, was für ein Buch man schreiben möchte.

Wie viel Zeit verging von der Idee bis zum druckfertigen Exemplar?

Das ist jetzt ein bisschen peinlich… Es hat fast zehn Jahre gedauert, weil ich neben diesem Buchprojekt auch noch «normale» Schreibaufträge hatte und die Muse dafür lange nicht hatte.

Wie war es für dich, dein erstes eigenes Buch in Händen zu halten?

Eine Erleichterung! Vor allem, dass ich es Parvin in die Hände legen konnte. Sie hat sich sehr gefreut. Und ich war auch ein bisschen stolz.

Hast du schon Pläne für ein nächstes Buch?

Ja, ich habe noch zwei Projekte in Petto, möchte aber noch nicht zu viel darüber sagen. Ich hoffe einfach, dass diese nicht wieder zehn Jahre in Anspruch nehmen (lacht).

Am 3. November wirst du das Buch in der Mediothek in Grüningen vorstellen und daraus vorlesen. Sind noch weitere Lesungen geplant?

Nein, vorläufig nicht.

«Mein Sohn gehört mir nicht»
Martina Gradmann
ISBN 978-3-033-09221-1

Erhältlich im Buchhandel oder direkt bei Martina Gradmann: martina@gradmanntext.ch.

Martina Gradmann ist in Zollikerberg aufgewachsen. Seit 2006 wohnt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Grüningen. Gradmann war jahrelang im Hotelfach tätig, ehe sie sich zur Journalistin weiterbildete. Heute arbeitet sie als freie Journalistin für verschiedene Medien, u.a. für Zürioberland24 und die «Grüninger Post».

Buchvorstellung «Mein Sohn gehört mir nicht»


Donnerstag, 3. November 2022

19.00 Uhr, Mediothek Grüningen

Um Anmeldung wird gebeten: Telefon 043 833 93 48, www.mediogrueningen.ch

Barbara Tudor