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Rapperswil-Jona
31.10.2022

Parlament: Frustration ist ein schlechter Ratgeber

Linth24-Verleger Bruno Hug: «Wenn schon, sollte Rapperswil-Jona in einer Volksabstimmung über die Parlaments-Einführung entscheiden.»
Linth24-Verleger Bruno Hug: «Wenn schon, sollte Rapperswil-Jona in einer Volksabstimmung über die Parlaments-Einführung entscheiden.» Bild: Linth24
Am nächsten Donnerstag geht es für Rapperswil-Jona um viel, nämlich um die Abschaffung der Bürgerversammlung. Ob dafür oder dagegen, nehmen Sie an der Versammlung teil. Kommentar von Bruno Hug

2015 scheiterte die Einführung eines Parlaments für Rapperswil-Jona im grossen Stil. Eine überwältigende Mehrheit der 2'000 Versammlungsteilnehmer stellte sich dagegen.
Es war damals wie heute eine eher kleine Schar, die ein Parlament aufs Tapet brachte. Mit dem Unterschied, dass die heutige Initiative vom Stadtrat ausgeht, was es für viele schwer macht, sich öffentlich dagegen zu stellen. Schon allein deshalb müsste die Parlaments-Einführung definitiv an der Urne entschieden werden. Ich komme darauf zurück.

Warum will der Stadtrat ein Parlament?

Nun muss man sich fragen, warum der heutige Stadtrat unter Präsident Martin Stöckling im Gegensatz zu den früheren Stadträten ein Parlament will? Und warum Stöckling, der an der Abstimmung von 2015 noch der Wortführer der Parlaments-Gegner war, auf einmal zum Parlaments-Fürsprecher wurde.

Das hat meines Erachtens folgende Logik: Wie kein anderer Stadtrat zuvor fällt der heutige mit verqueren Projekten auf, macht immer wieder auf Dunkelkammer und erlaubt sich sogar Falschaussagen (z.B. in der Sportstättenplanung). Zu seinen Problemzonen gehörten und gehören unter anderem die Badi Lido, die verwürgte Planerei ums Areal Lido, die Feuerwehr-, Hecken- und Eis-Trainingshallen-Debakel, die versenkte Avenida und das Visitor Center sowie die Reibereien beim BWZ, der Trinkwasserfassung im Grünfeld, bei der Alterssiedlung Porthof oder aktuell bei den unsinnigen Abbruch-Plänen des Eisstadions und der Badi Lido.

Stadtrat sucht einen Schuldigen

Wer in nur wenigen Amtsjahren derart viel vermasselt und daraus nicht klüger wurde, braucht einen Schuldigen. Diesen fand der Stadtrat im politischen System. Nach jedem Flop klagte der Stadtpräsident noch lauter, seine Regierung erreiche die Bürger nicht mehr, weshalb er auf einmal das Parlament aus dem Hut zauberte. Mit diesem Dreh wälzt er seine Verantwortung für sein vielfältiges Scheitern auf das Polit-System der Stadt ab. Und erhofft sich damit nebenbei wohl auch noch, die eigene Wiederwahl im Herbst 2024 zu sichern. 

Wenig Begeisterung im Volk

Hört man sich umgekehrt im Volk um, kommt für das Parlament wenig Begeisterung auf. Viele spüren intuitiv, was der  Rapperswil-Joner Politologe Lukas Schmucki in der «Linth-Zeitung» sagte: Drei Dutzend Parlamentarier seien weniger Demokratie als einige Hundert Bürgerversammlungs-Teilnehmer.

Sicher ist: Viele Bürger scheinen mit dem heutigen Stadtrat derart unzufrieden zu sein, dass sie der Überzeugung sind, es müsse etwas geschehen und folglich glauben, das Parlament sei die Lösung. Das aber könnte ein Trugschluss sein, denn schlechte Vorarbeit wird durch ein Parlament nicht besser. Insbesondere, da dieses kaum weitergehende Kompetenzen hat als die heutige Bürgerversammlung .
Klar ist auch: Aus Frustration etwas Bewährtes über Bord zu werfen, ist keine gute Grundlage für die Zukunft. Deshalb denke ich, dass die Einführung des Stadtparlaments unter den heutigen politischen Voraussetzungen falsch ist. 

Wenn schon, dann Urnen-Entscheid 

Und noch falscher wäre es aus meiner Sicht, wenn die Bürger am Donnerstag zur Schlussfrage, ob die Parlaments-Einführung noch vors Volk müsse, nein sagen würden. Denn es ist doch so, dass die Parlaments-Befürworter die Bürgerversammlung auch deshalb abschaffen wollen, weil diese ihrer Meinung nach demokratisch zu wenig abgestützt sei.

Meint man es also ernst mit der Demokratie, müsste der definitive Parlaments-Entscheid im kommenden Frühling vom Volk gefällt werden. Geschieht das nicht, wird das Parlament schon vom Start weg im Volk zu wenig Rückhalt haben. Was diesem Stadtrat als weiteres unglückliches Projekt anzulasten wäre.

Bruno Hug