Wenn der aus Amden stammende Ansgar Gmür über Immobilien redet, dann hat das Gewicht. Schliesslich war er bis Ende 2018 volle 18 Jahre lang Direktor des Schweizer Hauseigentümerverbandes (HEV). Wenn Gmür nun aber über die Immobilien der Kirche redet – und schreibt –, hat das Explosivkraft. Seinen Erkenntnissen zum Immobilien-Vermögen der Kirchen widmet die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) fast eine Seite. Und der Blick die Titelseite.
Kirchengebäude umnutzen oder abbrechen
Der heute 68-jährige Ansgar Gmür sass nach seiner Karriere als Direktor eines der grössten Schweizer Verbände, des HEV, nochmals auf die Schulbank. Vor Jahren entschied er sich nämlich, die Manager-Karriere hinter sich zu lassen und Pfarrer zu werden und absolvierte an der Universität Zürich ein Zweitstudium in Theologie. Dieses hat er nun mit einer 200-seitigen Masterarbeit abgeschlossen. Titel der Arbeit: «Kirchliche Immobilien – ein Beitrag zur Mobilisierung der Kirche».
Das Fazit von Gmürs Arbeit: Die Kirchen müssen ihre Liegenschaften besser verwalten, teils umnutzen und manche sogar abbrechen. Das in den Kirchen-Immobilien teils brachliegende Kapital solle genutzt werden und gemäss Gmür in die soziale Arbeit fliessen.
Liegenschaften für 2.5 Milliarden
Der Denkanstoss, den die Kirchen mit Ansgar Gmürs Masterarbeit erhalten, könnte wertvoll sein. Denn jedes Jahr treten tausende Schäfchen aus der Kirche aus, was natürlich beträchtliche Mindereinnahmen zur Folge hat. Umgekehrt steigen die Kosten der Kirche, nicht zuletzt im Bereich der Immobilien. Immerhin muss sie allein in der Schweiz 7'000 denkmalgeschützte Sakralbauten wie Kirchen und Kapellen pflegen. Dazu kommen noch 70'000 allgemeine «Profanbauten», die umsorgt werden müssen. Gmür schätzt in seiner Untersuchung, dass die reformierte und katholische Kirche in der Schweiz Liegenschaften im Wert von über 2.5 Milliarden Franken besitzen.
Ein heikles Thema
Pfarrer und Ex-Manager Ansgar Gmür hat mit seiner Arbeit ein «heikles Thema» an die Hand genommen. «Die Schweiz ist emotional zwar noch nicht so weit wie Deutschland, Frankreich, die Niederlande oder die USA», sagt Gmür. Dort gehöre es schon fast zum Alltag, dass sich die Kirche von Liegenschaften trenne und daraus Läden, Eventhallen oder sogar Einkaufszentren entstünden.
Profis statt Kirchenverwalter
In der Schweiz jedoch, so Gmür zu Linth24, werde es die Mentalität noch einige Zeit nicht zulassen, dass Kirchenliegenschaften in grösserem Stil umgenutzt werden. Doch das werde sich «mit hoher Wahrscheinlichkeit langsam ändern». Eine Möglichkeit sieht Gmür darin, dass die Kirchen ihre Liegenschaften nicht mehr selbst verwalten, sondern sie durch professionelle Immobilienfirmen betreuen lassen.
Wie es zu Querdenker Ansgar Gmür passt, der schon den Schweizer Hauseigentümerverband mit grossem Erfolg führte, bringt er mit seiner Initiative einen Stein ins Rollen, der wohl noch manches Kopfzerbrechen bereiten wird, auf Dauer aber wohl (kirchliche) Früchte tragen dürfte.