Im Linth24-Interview hat sich mit Ruedi Szabo unterhalten. Es wurde ein Gespräch, das unter die Haut geht.
Linth24: Ruedi Szabo, Sie waren in den 90er Jahren ein erfolgreicher Bauunternehmer, dann muss aber ein gewaltiger Bruch in Ihrem Leben stattgefunden haben. Sie wurden zum Bankräuber. Wie konnte das passieren?
Ich war damals ein Kleinunternehmer mit sechs Angestellten, spezialisiert auf baubiologische Umbauten und Renovationen. 1995 kam die Baukrise, es gab viel weniger Aufträge und finanzielle Probleme haben sich immer mehr eingeschlichen. Ich war Familienvater mit fünf Kindern und musste diese versorgen. Im Zuge der Geldprobleme gab es zu allem Elend in der Partnerschaft auch dramatische Risse und meine Ex-Frau hat sich von mir getrennt. Es folgte Konkurs, es folgte die Scheidung mit enormen Forderungen. Ich wusste weder ein noch aus.
Das muss nicht zwangsweise dazu führen, dass man eine Bank überfällt...
Das stimmt. Es war eine Kurzschlusshandlung in der Verzweiflung. Ich habe völlig falsch «getickt», denn mein ganzer Lebensinhalt ist zu Bruch gegangen. Ich sagte mir: Wenn die Bank mir das Geld nicht geben will, dann gehe ich, und hole es mir.
Insgesamt waren es dann sieben Banküberfälle. Wie sah Ihre Gefühlswelt aus, als Sie eine Bank überfielen?
Ich war einfach nervös, wie vor jedem Einsatz, den ich früher in der Armee als Grenadier ausübte. Aber ich habe jegliche Gefühle in mir abgeschaltet und es mir selber gegenüber so schöngeredet: «Hey, ich will ja nur die Kohle». Heute ist es für mich nicht mehr nachvollziehbar, dass ich damals einfach jegliches Mitgefühl gegenüber den Menschen, die ich bedrohte, komplett ausgeschaltet hatte.
Sie sagten in einem Interview: Einer der grössten menschlichen Fehler, den man begehen kann, ist eben die Gefühle auszuschalten. Das war sicher am schlimmsten, als Ihnen in der Bank eine Frau mit einem kleinen Kind gegenüberstand?
Die Situation, die Sie ansprechen, die war tatsächlich die schlimmste überhaupt. Ich hatte ja Kinder im selben Alter und dann stehe ich da, und halte dem kleinen Kind die Pistole an den Kopf. Das ist das Primitivste, das ein Mensch machen kann. Wenn ich mir diese Situation heute nochmals durch den Kopf gehen lasse, dann muss ich sagen, ich war ein Monster.
Bei der Gerichtsverhandlung, bei der Sie zu neun Jahren Haft verurteilt wurden, machte der Vater des Kindes eine Aussage. Erzählen Sie uns von diesem Ereignis.
Das war eine sehr bewegende Aussage. Er erzählte, wie schrecklich es seiner Familie danach ergangen ist. Die Familie hat unwahrscheinlich gelitten – das kleine Mädchen hat lange keine feste Nahrung mehr zu sich genommen und ist in der Pubertät magersüchtig geworden. Und das alles nur, weil ich mich nicht im Griff hatte.