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Kanton
22.09.2021

Hasskriminalität soll sichtbarer werden

Die Erhebung von den «Hate Crimes» wird einen Beitrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung beitragen.
Die Erhebung von den «Hate Crimes» wird einen Beitrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung beitragen. Bild: pexels
Im Kanton St.Gallen werden künftig Delikte, die zur Hasskriminalität gerechnet werden, statistisch gesondert erfasst. Dies hat der St.Galler Kantonsrat am Mittwoch beschlossen.

Mit dem Begriff der Hasskriminalität («Hate Crime») seien Straftaten gemeint, bei denen ein Opfer vom Täter bewusst nach dem Kriterium der vermuteten Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe ausgewählt werde, heisst es im Vorstoss von Franziska Steiner-Kaufmann (CVP). Darunter fallen beispielsweise sexistisch oder ausländerfeindlich motivierte Straftaten, aber auch Delikte gegen Mitglieder anderer gesellschaftlicher Gruppen oder Minderheiten wie Obdachlose, Behinderte oder Schwule, Lesben und Transgender (LGBTIQ+). 

Der Kanton St.Gallen erfasse in der jährlichen Kriminalstatistik alle möglichen Straftaten, offizielle Statistiken zur Hasskriminalität fehlten jedoch. Es müsse davon ausgegangen werden, dass nur wenige Fälle überhaupt angezeigt würden.

Gefahr wird verkannt

«Die aktuell fehlenden statistischen Daten führen dazu, dass die Gefahr von Angriffen auf gesellschaftliche Minderheiten verkannt bleibt», schrieb die CVP-Kantonsrätin. Dies könne die Opfer in die Isolation treiben und bei ihnen Angstzustände oder Schlimmeres auslösen.

Die St.Galler Regierung zeigte sich in ihrer Stellungnahme bereit, die gesetzlichen Grundlagen für Statistiken über Hasskriminalität zu schaffen und die Ergebnisse danach zu veröffentlichen. Die Sichtbarmachung entspreche «einem legitimen Bedürfnis und einem allgemeinen gesellschaftlichen Trend», der sich mit Bewegungen wie «Me Too» und «Black Lives Matter» noch weiter verstärken dürfte.

SVP hatte Einwände

Gegen den Vorstoss wehrte sich am Mittwochnachmittag nur die SVP-Fraktion. Es gebe Bedenken, ob eine gesonderte Auswertung von Hassdelikten Sinn mache und ohne grossen Aufwand erstellt werden könne, sagte deren Sprecher.

Fredy Fässler (SP), Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartements, räumte ein, dass die Erfassung dieser Delikte nicht einfach sei. Man bewege sich hier in einem sensiblen Bereich. Man wolle aber ein Zeichen setzen und damit auch erreichen, dass diese Delikte angezeigt werden. Der Kantonsrat stimmte der Motion mit 80 gegen 31 Stimmen bei einer Enthaltung zu.

GLP ist erfreut

Bereits 2014 hatte die GLP in einem Vorstoss eine solche Erhebung gefordert. Die Grünliberalen sind erfreut, dass nun diese langjährige Forderung umgesetzten werden kann. Die GLP ist überzeugt, dass eine statistische Erfassung wichtige Hinweise zur Häufigkeit und Entwicklung von Hate Crimes liefern wird. Die Erhebung wird einen Beitrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung beitragen.

Die Grünliberalen sind sich bewusst, dass eine Statistik alleine die bestehende Diskriminierung von LGBTI nicht beendet wird, darum haben sie gefordert einen St.Galler Aktionsplan gegen LGBTI-Feindlichkeit auszuarbeiten. Dieser hätte die Sensibilisierung der Strafvollzugsbehörden sowie Aufklärungsprogramme an Schulen beinhaltet. Die GLP bedauert, dass CVP, FDP und SVP nicht mehr machen möchten, um LGBTI-Personen zu unterstützen. Wie wichtig eine solche Unterstützung wäre, zeigen zahlreiche Studien. Die Diskriminierungserfahrung von LGBTI-Personen erhöht das Risiko ein Suchtverhalten zu entwickeln, an einem Herzleiden zu erkranken oder gar sich das Leben zu nehmen. Bei heterosexuellen Menschen erleidet ca. jede zehnte Person während ihres Lebens eine depressive Episode bei homo- oder bisexuellen Menschen ist es jeder vierte.

Verbot von Konversionstherapien gefordert

Zudem hat GLP-Kantonsrat Andreas Bisig, zusammen mit Brigitte Pool (FDP) und Bettina Surber (SP) eine Motion zum Verbot von sogenannten Konversionstherapien eingereicht. Homosexualität ist keine Krankheit und deswegen auch nicht therapiebedürftig. Konversionstherapien sind nicht nur diskriminierend, sondern erwiesenermassen schädlich. Sie sind für betroffene Personen höchst traumatisierend und verursachen schweres seelisches Leid. Ein entsprechendes Gesetz soll dabei auch das Bewerben, das Anbieten und das Vermitteln solcher Therapien unter Strafe stellen.  

sda/Linth24