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18.06.2021

«Ich überlegte mir, ob ich springen soll»

Diese drei Bewohner vom Alters- und Pflegeheim Hof Haslach in Au haben die Pandemie überstanden.
Diese drei Bewohner vom Alters- und Pflegeheim Hof Haslach in Au haben die Pandemie überstanden. Bild: Désirée Gächter
Corona setzte besonders alten Menschen zu und so waren Alters- und Pflegeheime stark betroffen. Drei Bewohner aus dem Alters- und erzählen, wie sie diese Zeit erlebt haben.

Das Alters- und Pflegeheim Hof Haslach in Au musste zweimal in Isolation und wurde von der Aussenwelt quasi abgeschottet: Im ersten Lockdown, als die Schweiz von der Pandemie erfasst wurde und rigorose Massnahmen einleitete, musste das Pflegeheim seine Türen schliessen – obwohl es keine Fälle gab. Im November infizierten sich dann aber doch mehrere Bewohner mit Covid-19, was ein zweites Mal zur Isolation für alle führte.

Während einige Bewohner den Kampf gegen das Virus verloren haben, kamen Fini, Giuseppe und Sonja heil davon. Bei einem – mittlerweile erlaubtem – Besuch erzählen die St.Galler von der anspruchsvollen Zeit.

  • Das ist die 91-jährige Sonja. Bild: Désirée Gächter
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  • Fini ist 85 Jahre alt. Bild: Désirée Gächter
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  • Giuseppe zählt 83 Jahre. Bild: Désirée Gächter
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Eingesperrt im eigenen Zimmer

Die Bewohner mussten sich in ihren Zimmern isolieren. Diese Zeit war für die sie sehr belastend, wie aus dem Gespräch mit den drei Heimbewohnern deutlich wird. Am schwierigsten war es für Sonja: «Ich hatte ein kleines Zimmer. Mehr als um das Bett laufen, konnte ich nicht machen. An den letzten Tagen der Isolation stand ich sogar zwei bis drei Mal am Fenster und überlegte mir, ob ich jetzt springen soll. Ich durfte nicht aus dem Zimmer und einen Balkon hatte ich auch nicht.»

Fini hatte zwar einen Balkon, doch sie durfte ebenfalls nicht raus. Erst nach der zweiwöchigen Isolation konnte sie wieder an die frische Luft. Denn sie und Sonja hatten sich beide mit dem Coronavirus infiziert. Sonja hatte eine Nacht lang husten und nahm Hustensirup und schmierte eine Crème auf ihren Rücken und die Brust. Dann kam der Arzt und testete sie. Der Test sei sehr unangenehm gewesen und schlussendlich auch positiv. Anders war es bei Fini: «Ich hatte keine Symptome: Kein Husten, kein Fieber und auch sonst nichts. Trotzdem war mein Test positiv. Ich konnte dann auch nicht mehr schlafen und hatte Angst, dass ich morgens nicht mehr wach werde.»

Das gesamte Personal habe trotz der auch für sie anspruchsvollen Zeit gut auf die Bewohner geschaut. Trotzdem sind alle überglücklich, dass die Besuchseinschränkungen aufgehoben worden sind. 

Redaktorin Désirée mit drei Bewohnern, welche das Coronavirus überstanden haben. Bild: Désirée Gächter

Ein Schritt in Richtung Normalität

Seit einigen Wochen dürfen die Angehörigen auch wieder ins Zimmer zu Besuch kommen. Vorher musste man sich als Besucher anmelden und durfte nur 30 Minuten gemeinsam spazieren oder sich in der Cafeteria aufhalten. Jetzt müssen die Gäste nur noch ein Zettel am Eingang ausfüllen, welcher zum Contact-Tracing dient.

Nicht alle wollten sich impfen lassen

Von den Bewohnern liessen sich circa zwei Drittel impfen und vom Pflegepersonal etwa mehr als einen Drittel. Die Gründe weshalb sich einige gegen die Covid-Impfung entschieden haben, sind unterschiedlich. Institutionsleiterin Rahel Heinemann ist bereits geimpft: «Die Impfung ist sicher ein Schutz. Doch trotz meiner Impfung halte ich mich weiterhin an die Massnahmen. Wir machen keinen Unterschied zwischen geimpft und ungeimpft, ganz nach den Bundesvorgaben.»

Vorletzte Woche wurde das verschobene 50 Jahr Jubiläumsfest des Hof Haslach gefeiert. Es sei ein ereignisreicher Tag mit ausgelassener Stimmung gewesen. Auch in den vergangenen Pandemie-Monaten wurden interne Anlässe weitestgehend durchgeführt. Das trug wesentlich zur positiven Grundstimmung im Haus bei.

Giuseppe kramt während des Gesprächs sein Portemonnaie hervor und faltete den Impfausweis auseinander. Ihm ging es nach der Impfung blendend, wie er sagt. Bei Fini löste die Impfung einen Covid-Arm aus. Gemäss der Heimleiterin hätten aber die wenigsten Bewohner stark auf die Impfung reagiert.

Rahel Heinemann ist die Institutionsleiterin vom Alters- und Pflegeheim Hof Haslach. Bild: zVg

«Wir haben es grundsätzlich gut überstanden, aber es war schon eine nervenaufreibende Zeit – vor allem im Oktober, da wir dort Fälle im Haus hatten. Der Frühling 2020 war einfach ungewohnt, da man nicht wusste, was es genau ist. Man war immer ein wenig angespannt, doch jetzt können wir wieder durchatmen», so Rahel Heinemann.

 

Désirée Gächter/rheintal24/linth24